# taz.de -- Nord Stream 2: Fertig, aber noch nicht erlaubt
       
       > Die Gas-Pipeline Nord Stream 2 ist zwar verlegt, aber bisher fehlt
       > Gazprom die Zertifizierung. Gibt es noch einen Weg, um die Pipeline zu
       > stoppen?
       
 (IMG) Bild: Alles bereit: Startpunkt von Nord-Stream 2 in Russland
       
       Berlin taz | Die Rohre liegen seit vergangener Woche zwar [1][alle fertig
       auf dem Boden der Ostsee.] Doch es fehlen noch einige juristische Schritte,
       bis Gas durch Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland strömen kann. Die
       Gegner:innen des Projekts geben deshalb nicht auf. „Bei der Erteilung
       der Genehmigungen kann nur von einem schnellen Durchwinken gewarnt werden“,
       sagt etwa Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag. „Das
       muss mehr als korrekt erfolgen und dafür braucht man auch Zeit, damit die
       Entscheidungen nicht anschließend von Gerichten oder der EU-Kommission
       kassiert werden.“
       
       Geopolitisch und aus Klimaschutzgründen ist das fast 10 Milliarden Euro
       teure Projekt hochumstritten. Die russische und die deutsche Regierung
       haben die Pipeline dennoch gegen die EU, USA, Polen und die Ukraine
       durchgedrückt. Der russische Staatskonzern Gazprom hat angekündigt, noch in
       diesem Jahr Erdgas durch die neue Röhre gen Westen schicken.
       
       Krischer befürchtet, „dass die Bundesnetzagentur und das
       Bundeswirtschaftsministerium zeitnah Genehmigungen erteilen wollen, damit
       eine neue Bundesregierung keinen Einfluss mehr nehmen kann“. Dann lasse
       sich die Pipeline nicht mehr verhindern – „oder nur noch mit großen
       Schadensersatzforderungen“, so Krischer. Die Grünen versuchen deshalb, die
       Inbetriebnahme des Projekts hinauszuschieben, bis sie nach der
       Bundestagswahl am 26. September möglicherweise selbst in der Regierung
       sitzen.
       
       In der aktuellen Auseinandersetzung geht es unter anderem um den Antrag,
       den die Nord Stream 2 AG bei der Bundesnetzagentur eingereicht hat. Die von
       Gazprom gesteuerte Gesellschaft will sich als „unabhängiger
       Transportnetzbetreiber“ zertifizieren lassen. Das kann man als Versuch
       interpretieren, die EU-Gasrichtlinie zu umgehen. Laut der Richtlinie dürfen
       der Betrieb der Röhren und der Verkauf des Gases nicht in einer Hand
       liegen. Bei Gazprom ist das faktisch jedoch der Fall. Eine erfolgreiche
       Zertifizierung als „unabhängiger Netzbetreiber“ könnte einen juristischen
       Ausweg darstellen.
       
       ## Vielleicht nutzt auch Rosneft Nord Stream 2
       
       Um Betrieb und Lieferung zu trennen, versucht die russische Regierung
       eventuell einen zusätzlichen Schachzug. Neben Gazprom wolle vielleicht auch
       das Energieunternehmen Rosneft Gas durch die Röhre nach Deutschland
       schicken, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax.
       
       Im Zertifizierungsverfahren müssen die Netzagentur und das ihr vorgesetzte
       Bundeswirtschaftsministerium auch prüfen, ob die Pipeline die
       Energiesicherheit von Vertragspartnern der EU wie der Ukraine gefährdet.
       Der Staat erhält möglicherweise weniger Gas und auch weniger Geld als
       Durchleitungsgebühr von Russland, wenn die Energie direkt nach Deutschland
       fließt.
       
       Als gewissen Ausgleich sagte die Bundesregierung der Ukraine in Absprache
       mit den USA finanzielle Hilfen für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu.
       „Die Bundesnetzagentur muss nun die Frage beantworten, ob diese eher
       längerfristige Transformation die kurzfristige Energiesicherheit der
       Ukraine wirklich gewährleistet“, sagte Cornelia Ziehm, die als
       Rechtsanwältin in Kooperation mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die
       Baugenehmigung für die Pipeline beklagt. Dieser Punkt bietet grundsätzlich
       einen Hebel, um die Zulassung im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens zu
       versagen.
       
       [2][Die Bundesnetzagentur kann sich jetzt, wenn sie will, vier Monate Zeit
       lassen, um den Entwurf ihrer Entscheidung zu erarbeiten.] „Der
       Beschlussentwurf ist anschließend der Europäischen Kommission zur
       Stellungnahme vorzulegen“, schreibt die Agentur. Sie müsse „der
       Stellungnahme der EU-Kommission so weit wie möglich Rechnung tragen“. Bis
       zur endgültigen Entscheidung im Zertifizierungsverfahren könne es Mai 2022
       werden, vermutet der Schweizer Informationsdienst Energate. Die
       Expert:innen spekulieren allerdings, ob Gazprom die Leitung nicht vorher
       in Betrieb nimmt, um Fakten zu schaffen – und die dann fällige Geldbuße
       einfach zahlt.
       
       ## Schädliche Emissionen nicht berücksichtigt
       
       Von diesem Verfahren abgesehen, betreibt die DUH zwei Klagen. Einerseits
       greift die Umwelthilfe die Bau- und Betriebsgenehmigung des Bergamtes
       Stralsund für Nord Stream 2 an, weil [3][klimaschädliche Methanemissionen]
       bei der Förderung des Erdgases in Russland nicht berücksichtigt worden
       seien. „Die Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald ist für
       den 16. November angesetzt“, teilte DUH-Geschäftsführer Sascha
       Müller-Kraenner mit.
       
       Ein ähnliches Verfahren läuft beim Bundesamt für Seeschifffahrt und
       Hydrografie. Hier will die DUH noch in dieser Woche Widerspruch gegen die
       Ablehnung ihres Antrages gegen Nod Stream 2 einreichen.
       
       16 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Hannes Koch
       
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