# taz.de -- Plattform gegen Steuersünder: Der Staat sind wir
       
       > Die Plattform gegen Steuersünder als „Steuer-Stasi“ zu bezeichnen ist
       > absurd. Demokratiefeindlich ist vielmehr die Kritik der Konservativen
       > daran.
       
 (IMG) Bild: Vermögensverhältnisse unter der Lupe: Wir alle müssen für den Staat zahlen
       
       Für FDP und Union müsste ein ganz neues Sabbatical eingeführt werden:
       Zwangsurlaub in Schweden. Die SpitzenpolitikerInnen dürften es dort
       durchaus gemütlich haben, mit Sauna und Segelboot, aber täglich müssten sie
       eine Stunde Fortbildung zum Thema Steuern besuchen. Dann würden die
       geifernden Konservativen aus Deutschland vielleicht endlich verstehen,
       [1][wie absurd es ist, von „Steuer-Stasi“ oder „Denunziantentum“ zu
       sprechen], nur weil Baden-Württemberg jetzt eine Plattform freigeschaltet
       hat, wo Whistleblower anonym Steuersünder melden können.
       
       In Schweden würden FDP und Union nämlich erleben, wie ein effektiver
       Steuerstaat funktioniert. Dort sind Steuerzahlungen kein Geheimnis, sondern
       öffentlich bekannt. Alle SchwedInnen können mühelos ermitteln, wie viel
       Geld die NachbarInnen an den Fiskus abführen – indem sie einfach beim
       Finanzamt nachfragen. Der Grund ist schlicht: Es ist Diebstahl, wenn
       BürgerInnen ihre Steuern hinterziehen. Sie greifen in die Taschen der
       anderen EinwohnerInnen, denn irgendwer muss den Staat ja finanzieren.
       Schulen oder Polizei sind nicht umsonst zu haben.
       
       Wir alle sind der Staat, wir alle profitieren von ihm – und wir alle müssen
       für ihn zahlen. Das ist eigentlich offensichtlich. Genau deswegen ist es
       kein Zufall, dass sich FDP und Union derzeit einer Sprache bedienen, als
       sei Deutschland in Wahrheit eine Diktatur, die sich mit der DDR
       (Steuer-Stasi) oder dem NS-Regime (Blockwart-Mentalität) vergleichen ließe.
       Es soll der Eindruck erweckt werden, als wäre der Staat nicht das Kollektiv
       aller BürgerInnen – sondern das feindliche Gegenüber. Und plötzlich
       erscheint es wie ein Akt der Notwehr und des Widerstands, seine Steuern
       nicht zu zahlen.
       
       Es ist perfide, mitten in einem demokratischen Wahlkampf so zu tun, als
       gäbe es diese Demokratie eigentlich gar nicht und als sei man Opfer einer
       Diktatur. Es ist nicht allein die AfD, die Demokratiefeindlichkeit züchtet;
       FDP und Union tragen ebenfalls dazu bei.
       
       [2][Zum Glück dürfte sich diese neueste Steuerdebatte bald totlaufen] –
       weil nämlich auch Bayern seine BürgerInnen auffordert, Steuersünder anonym
       zu melden. Diese Tatsache hatte die CSU kurz übersehen, als sie gegen den
       grünen Finanzminister in Baden-Württemberg geiferte. Aber ein Trost ist es
       nicht, wenn an der Steuerfront demnächst wieder Ruhe einkehrt: Die Posse
       hat einmal mehr gezeigt, dass die bürgerlichen Parteien jederzeit bereit
       sind, den demokratischen Staat zu diskreditieren.
       
       3 Sep 2021
       
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