# taz.de -- Tragödie in Frankreich: Brandstifter soll gemordet haben
       
       > In Westfrankreich ist ein Geistlicher tot aufgefunden worden. Der
       > mutmaßliche Täter soll 2020 das Feuer in der Kathedrale von Nantes gelegt
       > haben.
       
 (IMG) Bild: Saint-Laurent-sur-Sèvre am 09.08.2021: Fahrzeuge der Gendarmerie parken am Tatort
       
       Paris taz | Ein Jahr nach dem Großfeuer in der Kathedrale von Nantes soll
       der mutmaßliche Täter einen katholischen Priester ermordet haben. Der
       40-Jährige, ein seit Jahren in Frankreich lebender Ruander, stellte sich
       selbst der Polizei, wie der Fernsehsender BFMTV unter Berufung auf
       Polizeikreise berichtete. Die Beamten fanden daraufhin den Leichnam des
       Geistlichen Olivier Maire in Saint-Laurent-sur-Sèvre, 70 Kilometer
       südwestlich von Nantes. Maire war Vorsteher der Montfort-Gemeinschaft, die
       den Ruander nach dessen Haftentlassung Ende Mai aufgenommen hatte. Emmanuel
       A. wartete dort unter richterlicher Aufsicht auf seinen Prozess, bei dem
       ihm zehn Jahre Haft drohten.
       
       Acht Monate vor den nächsten Präsidentschaftswahlen nahm die
       Rechtspopulistin Marine Le Pen die Tat zum Anlass, um Innenminister Gérald
       Darmanin im Kurznachrichtendienst Twitter scharf anzugreifen. „In
       Frankreich kann man sich also illegal aufhalten, die Kathedrale von Nantes
       anzünden, nie ausgewiesen werden und rückfällig werden, indem man einen
       Priester ermordet“, schrieb Le Pen. Es handele sich um ein „Staatsversagen“
       und ein Versagen Darmanins. Der Innenminister, der den Tatort am Abend
       aufsuchen wollte, verwies darauf, dass eine Abschiebung des Ruanders wegen
       des ausstehenden Prozesses nicht möglich gewesen sei. „Alle meine
       Unterstützung für die Katholiken unseres Landes nach dem dramatischen Mord
       an einem Priester“, twitterte Darmanin. Le Pen warf er vor, zu
       polemisieren, ohne die Tatsachen zu kennen.
       
       Der Täter Emmanuel A., der in psychiatrischer Behandlung war, lebte mehrere
       Jahre in Nantes. Als gläubiger Katholik war er in der Kathedrale der
       westfranzösischen Stadt freiwilliger Mitarbeiter und am Vorabend des Brands
       vom 18. Juli 2020 dafür zuständig, die Tore des gotischen Kirchenbaus zu
       verschließen. Bilder von Überwachungskameras brachten die Polizei damals
       auf die Spur des Mannes, der nach mehreren Stunden in Polizeigewahrsam
       zugab, an drei Stellen in dem Kirchenbau Feuer gelegt zu haben. Das Feuer
       zerstörte damals die große Orgel, einen Teil der Buntglasfenster und
       Bilder. In einer Mail beklagte sich der Ruander, dass sein Visum nicht
       verlängert wurde. Emmanuel A. hätte deshalb eigentlich das Land verlassen
       müssen, doch der Prozess verzögerte eine Ausweisung.
       
       ## Terroristischer Tathintergrund ausgeschlossen
       
       Der Priester Olivier Maire, der noch am Vorabend seines Todes ein
       Orgelkonzert gegeben hatte, starb laut BFMTV durch Schläge auf den Kopf.
       Die Präsidentin der Region Pays de la Loire, Christelle Morançais, sprach
       von einem Geistlichen mit „großem Herzen“. Die Montfort-Gemeinschaft ist in
       rund 30 Ländern vertreten und betreibt in Saint-Laurent eine Schule. Ein
       terroristischer Hintergrund der Tat wurde zunächst ausgeschlossen.
       
       Im Oktober war eine katholische Kirche in Nizza Ziel eines terroristischen
       Angriffs. Ein 22-jähriger Tunesier tötete zwei betende Frauen und den
       Küster.
       
       9 Aug 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christine Longin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Nantes
 (DIR) Katholische Priester
 (DIR) Mordverdacht
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Kolonialismus
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Terror in Frankreich: Der Schatten des Bataclan
       
       Vor fünf Jahren ermordeten islamistische Attentäter 130 Menschen in Paris.
       Der Schock sitzt immer noch tief. Die Gesellschaft ist unfreier geworden.
       
 (DIR) Frankreichs koloniales Erbe: Etwas, das erzählt werden muss
       
       Frankreich versteht sich als Nation der Menschenrechte. Doch es gibt Lücken
       in dieser sinnstiftenden Erzählung, die von Grausamkeit handeln.
       
 (DIR) Rassismus in der französischen Polizei: Verteidiger der Republik
       
       Yasser Sriti hat Angst – vor der Polizei. So wie ihm geht es vielen
       migrantischen Franzosen. Sie beginnen, sich zusammen mit Weißen zu wehren.