# taz.de -- „Querdenker“-Bewegung radikalisiert sich: Eskalation als Zeichen der Schwäche
       
       > Die „Querdenker“-Bewegung ist nicht so stark, wie es im Chaos am 1.
       > August für viele den Anschein hatte. Die nächste Großdemonstration ist
       > abgesagt.
       
 (IMG) Bild: Polizei und Demonstrant:innen der Querdenker-Bewegung am 1. August in Berlin
       
       Der „Sommer der Freiheit“ endete am vergangenen Sonntag (1. August) für
       etwa [1][1.000 „Querdenker*innen“ in Gewahrsam]. Wegen der Teilnahme an
       verbotenen Versammlungen und aufgrund von Verstößen gegen den
       Infektionsschutz, aber auch wegen des Verdachts des Widerstands und des
       tätlichen Angriffs wird nun gegen sie ermittelt. An den zahlreichen
       Versammlungen hatten sich über den ganzen Tag etwa 5.000
       Demonstrant*innen beteiligt.
       
       Vor genau einem Jahr waren es noch sechsmal so viele – geblieben ist der
       Bewegung damit nur noch der Kern ihrer Anhänger*innen. Ein Kern allerdings,
       der trotz der überwiegend bürgerlichen Herkunft zu vielem bereit ist.
       
       Die vielen vor allem süddeutschen Ausflügler*innen mit Tagesrucksack –
       60 Prozent der festgenommenen stammten nicht aus Berlin – interessiert
       weder, ob Demonstrationen verboten sind oder sich ihnen die Polizei in den
       Weg stellt. Sie stören sich nicht an den internen Querelen und Machtkämpfen
       bei „Querdenken“, nicht an Reichsbürgervorwürfen gegen deren Gründer
       Michael Ballweg oder vermeintlicher Veruntreuung von Spenden.
       
       Verblendet nach mehr als einem Jahr Dauerbeschallung durch Szenemedien und
       Telegramkanäle ist die Überzeugung herangewachsen, Freiheitskämpfer*in
       zu sein. Coronamaßnahmen spielen dabei inhaltlich kaum mehr eine Rolle, es
       geht gegen („Zwangs-“)Impfungen, gegen die „neue SA“ oder „Gestapo“
       (Polizei) und die „Diktatur“ (Regierung). Vergeltungsfantasien gegen
       Gegner*innen finden über die Kanäle massenhafte Verbreitung.
       
       ## Voller Hass, voller Verachtung
       
       Radikal ist die Bewegung längst auch ohne organisierte Rechtsextreme, die
       zuletzt kein bedeutender Teil mehr waren. Die Rufe nach „Liebe“ und
       „Frieden“ stecken voller Hass, voller Verachtung für das demokratische
       System.
       
       Die [2][Eskalation vom Sonntag] war von „Querdenken“ genauso geplant.
       Versammlungsverbote wurden durch die Ankündigung, sich an Auflagen nicht zu
       halten, regelrecht gesucht. Mit möglichst viel spontanen und auch
       gewaltsamen Aktionen sollte maximale Aufmerksamkeit für eine Bewegung
       geschaffen werden, deren Bedeutung schwindet und der es nicht mehr gelingt,
       neue Mitstreiter zu gewinnen.
       
       Dass es soweit kommen konnte, ist auch der Polizei anzulasten. Zumindest
       als sich am Morgen die erste Menge in Charlottenburg sammelte, war sie
       nicht mit ausreichend Kräften vor Ort, um ein Überrennen zu verhindern.
       Gegen die zersplitterten Gruppen, die später ständig mobil waren, war
       dagegen kaum etwas zu machen.
       
       Dass dem Sonntag, entgegen der Ankündigung von Ballweg auch in der Woche
       weiterzudemonstrieren, nichts folgte, zeigt auch, dass die Bewegung nicht
       mehr so stark ist, wie es im Chaos für viele schien. Dafür spricht auch die
       Absage der nächsten Großdemonstration am 29. August. Womöglich bleibt der
       Rest des Sommer frei – von „Querdenken“.
       
       7 Aug 2021
       
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