# taz.de -- Neue Tierart durch Klimawandel: Sich mal wie eine Blüte fühlen
       
       > Blau-schwarzes Etwas von bis zu drei Zentimetern: Die Holzbiene hat
       > Berlin erobert und breitet sich von da in den Osten und Norden
       > Deutschlands aus.
       
 (IMG) Bild: Eine Holzbiene tut sich an den Blüten eines Muskatellersalbei gütlich
       
       Berlin taz | Huch, was ist das denn für ein riesiges Ding? Ein
       blau-schwarzes Etwas fliegt auf einmal vor meiner Nase, das nach einer
       Mischung von Hummel und Biene aussieht, nur eben irritierend groß, die
       Flügel schillern violett. War das so etwas wie eine Fata Morgana?
       Schließlich ist es ein heißer Tag im Garten. Eine Minute später ist das
       eindrucksvolle Insekt wieder da und sogleich wieder weg, diesmal auf
       Brusthöhe. Man kommt sich wie eine große Blüte vor, die mal eben, wohl
       wegen des bunten T-Shirts, auf Pollen abgecheckt wird. Aber bei mir ist
       nichts zu holen, das Tier fliegt weiter. Keine Chance, es genauer zu
       betrachten.
       
       Doch die Nachbarin im Garten nebenan in der Kleingartensiedlung in
       Niederschönhausen (also Pankow) weiß Bescheid. Denn bei ihr lebt das
       seltsame, mir unbekannte Tier, sozusagen zur Untermiete. „Es ist total
       friedlich“, sagt sie, und „wohnt bei uns im Apfelbaum.“ Der ist längst
       abgestorben und steht ohne Rinde da. Auf solch totes Gehölz fliegen die
       [1][Holzbienen], erzählt die Nachbarin. Schon seit letztem Jahr sei die
       Holzbiene da.
       
       Mit ihren Mundwerkzeugen bauen sie Nestgänge ins Totholz für den Nachwuchs.
       Die wärmeliebenden Bienen sind in den Tropen und Subtropen verbreitet,
       kommen aber (außer im hohen Norden) weltweit vor. Nun also in der
       Hauptstadt.
       
       [2][Wieder eine neue Art entdeckt], denke ich. Und höre von einem
       taz-Kollegen, dass sich die Holzbiene hier und da in Berlin schon seit
       Längerem blicken lässt.
       
       Vor neun Jahren das erste Mal gesichtet 
       
       „Das stimmt“, sagt Derk Ehlert, der Wildtierbeauftragte des Berlins Senats,
       der am Telefon als Erstes fragt, in welchem Stadtteil die Sichtung
       erfolgte. „Das ist kein neues Phänomen und doch noch etwas Neues.“ Die
       blau-schwarze Biene wurde vor etwa neun Jahren das erste Mal in Berlin
       offiziell beobachtet. „Die großen Brummer fallen halt auf.“
       
       Dass die Meldungen über das auffallende Insekt seit Kurzem zugenommen
       haben, hätte mit Corona zu tun, sagt Ehlert. Die Menschen sind eben öfter
       draußen als in früheren Jahren und zudem aufmerksamer in der Natur
       unterwegs.
       
       Wie sind die Tiere nach Berlin gekommen? Aus wärmeren Gegenden, etwa dem
       Tessin in der Schweiz, eingeflogen? „Das könnte durchaus sein“, sagt
       Ehlert, „aber wahrscheinlicher wäre es, dass die Holzbiene unbewusst mit
       einem Gütertransport zu uns kam.“ Und sie fühlt sich wohl, ist ein nun
       ständiger Gast und überwintert hier, die Winter werden ja tendenziell immer
       milder – auch das ein Aspekt des Klimawandels.
       
       Und von Berlin aus „breitet sich die Holzbiene weiter nach Osten und Norden
       aus“, wie Ehlert sagt. „Holzbienen sind harmlos“, betont er, „und streng
       geschützt.“ Und nützlich, weil die Holzbienen Pflanzen bestäuben. Auch bei
       uns im Garten.
       
       8 Jul 2021
       
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