# taz.de -- Ambitioniertes Klimaprogramm der EU: Brüssel denkt groß, Berlin zaudert
       
       > Die EU-Kommission legt endlich einen Fahrplan gegen den Klimawandel vor.
       > Die Bundesregierung denkt sich hingegen nur bunte Ziele aus.
       
 (IMG) Bild: Mal wieder Stau in der deutschen Hauptstadt
       
       Der Kontrast könnte kaum größer sein: Am Mittwoch legt die EU-Kommission in
       Brüssel einen detaillierten Fahrplan vor, wie bis 2030 die klimaschädlichen
       Emissionen drastisch zu mindern sind. Und einen Tag vorher gestand der
       deutsche Wirtschaftminister Altmaier, dass er jahrelang die Zahlen zum
       Stromverbrauch und Bedarf an Ökostrom kleingerechnet hat. Wenn es ernst
       wird mit Klima und Umbau der Industriegesellschaft, dann gilt: Brüssel
       denkt groß. Berlin duckt sich weg.
       
       Das bedeutet nicht, dass das Brüsseler [1][„Fit for 55“-Paket] der heilige
       Gral der Klimaneutralität ist. Auch die drastischen Vorschläge zu
       Emissionshandel, CO2-Preis und dem Verbrennungsmotor reichen nicht aus, um
       das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Das Paket ist voller ungedeckter Schecks
       und fragwürdiger Annahmen: Wer soll das bezahlen? Woher kommen Ökostrom und
       grüner Wasserstoff? Welche EU-Länder stellen sich quer? Wie sollen
       „Gelbwesten“-Proteste vermieden werden?
       
       Es gibt im EU-Plan mehr Fragen als Antworten. Aber immerhin werden die
       Fragen laut gestellt. Die EU-Kommission knallt jetzt ein Paket auf den
       Tisch, über dessen Details sich in den nächsten Jahren ganz Europa in die
       Haare geraten wird. Doch dieser Streit ist nötig und überfällig. Viel zu
       lange sind die harten Entscheidungen aufgeschoben worden. Und ganz groß im
       Aussitzen waren die Berliner Regierungskoalitionen unter Angela Merkel. Das
       Thema wurde kleingekocht und vor allem von der Union blockiert.
       
       Schließlich ließen sich alle begeistert vom Bundesverfassungsgericht
       vorwerfen, sie handelten zu wenig und zu langsam. Und dann? Dann wurden die
       Ziele verschärft. Doch die nötigen Maßnahmen wurden wieder nicht
       beschlossen. Die sind ein verbindlicher Ausbau des Ökostroms, ein höherer,
       sozial abgefederter CO2-Preis, eine Steuerreform und neue Verkehrsplanung.
       In den Wahlprogrammen von Union, SPD und FDP steht dazu oft nur billige
       Prosa.
       
       Mit all diesen Problemen wird die nächste Bundesregierung zu kämpfen haben.
       Die wird auch den Druck aus Brüssel spüren – denn viele der EU-Maßnahmen
       haben [2][direkte Auswirkungen auf Deutschland.] Dann wird sich zeigen, ob
       Berlin mitzieht oder wie in der Vergangenheit auf der Bremse steht, wenn
       eigene Interessen (sprich: Autos) betroffen sind.
       
       Eine kluge Regierung könnte diesen Rückenwind aus Brüssel nutzen. Aber wie
       klimaklug eine Regierung Laschet wäre, wird immer zweifelhafter. Die
       EU-Kommission hat jedenfalls nun beschlossen, Europa für das
       55-Prozent-Ziel ins Fitnessstudio zu schicken. Deutschland sitzt derzeit
       noch auf dem Sofa und schaut zu.
       
       14 Jul 2021
       
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 (DIR) [1] https://www.dw.com/de/eu-kommission-legt-klima-gesetzentw%C3%BCrfe-vor-und-will-sich-fit-f%C3%BCr-55-machen/a-58243847
 (DIR) [2] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-klima-117.html
       
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 (DIR) Bernhard Pötter
       
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