# taz.de -- Proteste auf Kuba: Seltene Revolte geht weiter
       
       > Tausende Menschen sind in Kuba am zweiten Tag auf die Straße gegangen,
       > mehr als Hundert wurden festgenommen. Das Internet ist zum Teil
       > blockiert.
       
 (IMG) Bild: Erstmals sind im ganzen Land Tausende Menschen auf die Straße gegangen
       
       Hamburg taz | Der Protestaufruf kursierte auf Whatsapp unter dem Hashtag
       SOS Cuba – und ihm wurde inselweit Folge geleistet: Mehrere [1][Tausend
       Kubaner:innen sind am Sonntag] und Montag zwischen Havanna und Santiago
       de Cuba auf die Straße gegangen. Parolen wie „Wir haben keine Angst“,
       „Vaterland und Leben“ und „Freiheit“ sind auf Dutzenden von Videos zu
       hören, die nun in den sozialen Medien kursieren. Über hundert Menschen
       wurden am Montag festgenommen, es herrscht eine hohe Präsenz von
       Sicherheitskräften.
       
       Eines der Gesichter des seltenen Protests ist der Künstler Luis Manuel
       Otero Alcántara von der Künstlerbewegung Movimiento San Isidro. Doch anders
       als in 2020 ist es nicht die [2][junge, kritische Künstlerbewegung], die
       jetzt demonstriert; es sind Tausende, die gegen Stromabschaltungen, gegen
       die zusammenbrechende Gesundheitsversorgung angesichts von stetig
       steigenden Corona-Infektionszahlen und gegen die [3][latente
       Lebensmittelknappheit] auf die Straße gehen.
       
       Das ist etwas vollkommen Neues in Kuba, wo soziale Proteste selbst zu
       Beginn der 1990er Jahre die Ausnahme blieben, als die Insel eine schwere
       Wirtschaftskrise durchmachte. Nie ist es in den letzten Jahrzehnten zu
       inselweiten Protesten gekommen wie am Sonntag, als in Cárdenas Hunderte, in
       Havanna und Santiago de Cuba Tausende auf die Straße gingen. Berichten
       zufolge kam es in fünfzehn Städten und in zahlreichen Ortschaften zu
       Protesten.
       
       Handyvideos zeigen, wie Polizei und schwarz gekleidete Spezialeinheiten des
       Innenministeriums Demonstrierende festnehmen. Es gibt auch Videos aus
       Camagüey im Zentrum der Insel, die den Einsatz von Schusswaffen durch die
       Polizei zeigen sollen. Von zwei Verletzten berichtet die
       regierungskritische Zeitung 14ymedio der international bekannten Bloggerin
       Yoani Sánchez.
       
       Auffällig ist, dass schwarz lackierte Jeeps und moderne Mannschaftsbusse
       der schwer bewaffneten Spezialeinheiten nicht nur bei der Visite von
       [4][Präsident Miguel Díaz Canel] am Sonntag in San Antonio de los Baños,
       einem Ausgangspunkt der Proteste rund dreißig Kilometer von Havanna
       entfernt, zugegen waren, sondern auch in Havanna. Dort konzentrierten sich
       die Proteste an der Uferpromenade, dem Malecón, sowie rund um das
       Capitolio, dem Sitz des Parlaments.
       
       ## Warnung vor Bürgerkrieg
       
       Auf die Proteste reagierte Canel schnell: In einer Rede an die Bevölkerung
       machte er einmal mehr die USA für die Proteste verantwortlich und
       appellierte an die Bevölkerung: „Wir werden nicht erleben, dass auch nur
       ein Konterrevolutionär, der sich an die USA verkauft hat, der Geld von
       ihnen erhält, unser Land destabilisiert. Wir rufen alle Revolutionäre, alle
       Kommunisten dazu auf – geht auf die Straße, geht dorthin, wo sich diese
       Provokationen abspielen. Heute und in den nächsten Tagen.“
       
       Der Aufruf birge das Risiko, dass Protestierende und revolutionstreue
       Einsatzbrigaden aufeinandertreffen und es zu handfesten
       Auseinandersetzungen kommt, sagt Joani Sánchez. Sie warnte vor einem
       Bürgerkrieg.
       
       Zudem scheint die Regierung die Internetverbindungen teilweise gekappt zu
       haben, so Tania Bruguera von der Künstlergruppe 27N, deren Telefonnummer in
       den letzten Monaten immer mal wieder blockiert war. Das sei auch derzeit
       der Fall, war auf ihrem Facebook-Account zu lesen. Die zumindest partiell
       verhängte Kommunikationssperre führt dazu, dass auch unabhängige Medien es
       schwer haben, ihre Berichte ins Internet zu stellen.
       
       In der nahegelegenen US-Stadt Miami kursieren bereits Aufrufe an die
       US-Regierung einzuschreiten. Die hat die kubanische Regierung aufgefordert,
       das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten einzustellen und festgenommene
       Aktivist:innen freizulassen.
       
       13 Jul 2021
       
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