# taz.de -- EM-Auftakt der DFB-Elf: Zwei Eigentore
       
       > Nach dem 0:1 gegen Frankreich glauben die Deutschen weiter an sich. Thema
       > des Abends war jedoch die Gleitschirm-Aktion von Greenpeace.
       
 (IMG) Bild: Schnell wie der Wind? Schneller als die Deutschen allemal: Kylian Mbappé
       
       Das erste Eigentor dieses Abends, an dem sich die Teams aus Frankreich und
       Deutschland zu ihrem ersten EM-Auftritt trafen, war schon gefallen, da war
       das Spiel noch gar nicht angepfiffen. Ein Umweltaktivist von Greenpeace
       segelte mit einem Gleitschirm ins Stadion. Er transportierte die Botschaft
       „Kick out Oil!“, die gegen den EM- und Nationalmannschaftssponsor
       Volkswagen gerichtet war, auf seinem Schirm.
       
       Er geriet ins Trudeln, wäre um ein Haar in die Tribüne gestürzt, hat bei
       seinem Rettungsmanöver zwei Menschen verletzt und ist dann im deutschen
       Strafraum neben Verteidiger Antonio Rüdiger gelandet. Eine irre Aktion, die
       unter den 14.000 Zuschauen in der Münchner EM-Arena vor allem Ratlosigkeit
       ausgelöst hat.
       
       Das zweite Eigentor des Abends fiel nur 20 Minuten später. Mats Hummels hat
       es geschossen und damit das Spiel entschieden. Es sollte das einzige Tor
       bleiben. Nach dem Spiel in der Mixed Zone, die heutzutage auch nichts
       anderes ist als einer dieser für Büromenschen üblich gewordenen Videocalls,
       meinten İlkay Gündoğan und Robin Gosens, die Deutschen hätten bewiesen,
       dass sie mit dem Weltmeister auf Augenhöhe agiert hätten. Darauf ließe sich
       doch aufbauen.
       
       Dass ihnen nicht so recht gelungen ist, in Schussweite des gegnerischen
       Tors zu gelangen, haben auch sie bemerkt, und so bleiben die beiden Treffer
       der Deutschen im WM-Gruppenspiel gegen Schweden die einzigen beiden Tore,
       die eine deutsche Männernationalmannschaft seit 2018 bei einem großen
       Turnier erzielt hat.
       
       ## Wohin mit dem Ball?
       
       Ein Zielspieler im Sturm fehlt der Mannschaft schon länger. [1][Vielleicht
       auch klarere Ansagen] der Trainer. Denn es war ein merkwürdiges Spiel, das
       sich da entwickelt hat. Viele Fehler wurden gemacht, oft gab es
       Ungenauigkeiten im Zuspiel, und manchmal wollte Toni Kroos im Mittelfeld
       genau des Gleiche machen, was sich auch İlkay Gündoğan ausgedacht hatte.
       Das Spiel, auch das der Franzosen übrigens, wirkte bisweilen merkwürdig
       amorph.
       
       Während andere Teams durch taktische Disziplin auffallen, war diesmal so
       eine Art Starfußball zu sehen. Es sind ja in beiden Mannschaften zahlreiche
       Spieler, die so viel können, dass ein Trainer sie auch ohne allzu feste
       Vorgaben auf den Platz schicken kann. Wer viel kann, darf sich auch seine
       Freiheiten nehmen. Derjenige, der sich am meisten zugetraut hat an diesem
       Abend, war Frankreichs Mittelfeldkraftprotz Paul Pogba.
       
       Der leitete nicht nur mit einem sehenswerten Außenristpass den Spielzug
       ein, der zu Mats Hummels Eigentor führte, er war so etwas wie der oberste
       Ballabfänger vor der Abwehr, der ballsichere Spieleinleiter, der auch schon
       mal drei Gegenspieler auf einmal auszuspielen wusste, und er war beinahe
       omnipräsent auf dem Spielfeld, vorne, hinten, links, rechts. Er war so
       etwas wie der totale Fußball in einer Person.
       
       ## Bissiger Verteidiger
       
       Das muss Antonio Rüdiger so genervt haben, dass er Pogba irgendwann in den
       Rücken gebissen hat. Eine unfassbare Szene, aus der wieder Pogba als
       eindeutiger Sieger hervorging. Statt sich auf den Platz zu werfen und zu
       schreien, machte er den Schiedsrichter höflich und zurückhaltend auf den
       Vorfall aufmerksam und meckerte nicht groß, als dieser nichts gegen Rüdiger
       unternahm. Nach dem Spiel sagte er: „Es ist doch nichts passiert. Ich habe
       den Biss gespürt, habe das dem Schiedsrichter gesagt und dann dessen
       Entscheidung respektiert.“
       
       Großen Respekt hatten die Deutschen vor allem vor Frankreichs [2][Kylian
       Mbappé]. Der Mann, der mit Ball so schnell laufen kann, dass man es kaum
       glauben mag, raste den Deutschen ein ums andere Mal auf und davon. Gündoğan
       mag recht haben, wenn er sagt, die Franzosen hätten in der zweiten Hälfte
       viele Bälle einfach nur weit und hoch nach vorne geschlagen. Genau da aber
       lauerte Hochgeschwindigkeitsfußballer Mbappé.
       
       Dass die Deutschen sich nicht durchringen konnten, ihr Angriffsspiel im
       Drängen auf den Ausgleich weiter nach vorne zu verlegen, hat gewiss mit
       diesem zu tun. Mbappé war in einer Szene so viel schneller als Hummels,
       dass dieser alles auf ein spätes und riskantes Tackling setzen musste. Sein
       Rutscher von hinten an Mbappé heran, bei dem es ihm irgendwie gelang, einen
       Fuß zwischen die Beine des Franzosen zu bringen, war vielleicht der
       Höhepunkt des Spiels – was ja auch etwas sagt.
       
       Die Nachbetrachtung stand dann auch eher im Zeichen der Flugeinlage von
       Greenpeace. Der Gleitschirmflieger wurde in Gewahrsam genommen, der DFB und
       VW verurteilten die Aktion, [3][Greenpeace entschuldigte sich auf Twitter]
       und Frankreichs Trainer Didier Deschamps nahm eine Beule mit aus dem
       Stadion. Auf der Flucht vor dem taumelnden Flieger auf die Trainerbank
       hatte er sich den Kopf angehauen.
       
       16 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Die-deutsche-Elf-vor-dem-EM-Start/!5774428
 (DIR) [2] /Frankreich-vor-Spiel-gegen-DFB-Elf/!5774964
 (DIR) [3] https://twitter.com/greenpeace_de/status/1404880452545097730
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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