# taz.de -- Tod von Qosay Khalaf in Polizeigewahrsam: Ermittlungseifer? Fehlanzeige
       
       > Im Fall des zu Tode gekommenen Qosay Khalaf wird nun auch das Verhalten
       > der Sanitäter nicht weiter untersucht. Aktivist*innen kündigen Demos
       > an.
       
 (IMG) Bild: Gedenken im Delmenhorster Wollepark: Blumen und Kerzen erinnern an den 19-Jährigen Qosay Khalaf
       
       Hannover taz | Im Fall des 19-jährigen Qosay Khalaf, der am 5. März im
       Delmenhorster Polizeigewahrsam kollabierte und später verstarb, sind nun
       auch die Ermittlungen gegen die beteiligten Rettungssanitäter*innen
       eingestellt worden. Vor zwei Wochen hatte die Staatsanwaltschaft die
       Verfahren gegen die eingesetzten Polizist*innen [1][für beendet
       erklärt]. Die Anwält*innen der Familie haben gegen beide Entscheidungen
       Rechtsmittel einlegt.
       
       Der junge Yezide war im Delmenhorster Wollepark, nachdem er mit einem
       Freund einen Joint geraucht hatte, vor einer Kontrolle durch
       Zivilpolizisten geflohen. Bei der Flucht kam es zu einer
       Auseinandersetzung. Die Polizei setzte Pfefferspray ein und fixierte
       Khalaf.
       
       Was dann passierte, darüber gehen die Darstellungen auseinander. Zunächst
       hatte es von den Behörden geheißen, Khalaf habe eine Behandlung abgelehnt.
       Dann, dass Atmung und Herzfrequenz gemessen worden seien. Nun schreibt die
       Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Einstellung der Ermittlungen:
       „Eine weitere Untersuchung und Behandlung lehnte der später Verstorbene
       durch stetiges Wegdrehen seines Körpers ab.“
       
       Augenzeuge Hamudi (Name geändert) widerspricht den Schilderungen von
       Polizei, Rettungsdienst und Staatsanwaltschaft. Seinen Angaben nach haben
       die herbeigerufenen Sanitäter*innen Khalaf nicht behandelt. „Er hat
       gesagt, dass ihm schlecht ist und dass er sehr schlecht Luft bekommt“, sagt
       Hamudi. Ein Sanitäter habe gesagt, Khalaf schauspielere. Der wiederum habe
       mehrfach um Wasser gebeten, aber keines bekommen. „Dass Qosay die Hilfe der
       Sanitäter verweigert hat, stimmt nicht“, so der Zeuge.
       
       Ermittlungen gab es erst, nachdem Khalafs Familie Anzeige wegen
       unterlassener Hilfeleistung erstattet hatte. Rettungsdienst und Polizei
       wiesen die Schuld von sich und sprachen von einem „tragischen
       Unglücksfall“. Wasser hätten Polizei und Rettungsdienst nicht mit sich
       geführt und Khalaf deshalb keines geben können. Der Tatbestand der
       unterlassenen Hilfeleistung setze zudem voraus, dass die Beschuldigten den
       Unglücksfall erkennen könnten.
       
       Die Anwältin der Hinterbliebenen, Lea Voigt, kritisiert die Einstellung. In
       dem Verfahren gegen die Sanitäter*innen habe sie noch immer keine
       Akteneinsicht erhalten. „Dass die Staatsanwaltschaft trotzdem schon ihre
       Abschlussentscheidung trifft, legt nahe, dass eine rasche
       Verfahrenserledigung über alles gestellt wird“, so Voigt. “Es stünde der
       Staatsanwaltschaft gut zu Gesicht, wenn sie die Dinge gründlich aufklären
       würde“, so die Anwältin.
       
       Die Hinterbliebenen geben sich mit der Einstellung nicht zufrieden. „Wir
       möchten Polizeigewalt stoppen, Solidarität verteidigen und an Qosay
       erinnern“, sagt der Cousin Barsan Mehdi. Am Samstag wollen sie im
       Delmenhorster Wollepark demonstrieren. In Hannover haben solidarische
       Aktivist*innen angekündigt, am Donnerstag auf die Straße zu gehen.
       
       2 Jun 2021
       
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