# taz.de -- Opposition in der Ukraine: Vorwurf Staatsverrat
       
       > In der Ukraine drohen zwei russlandnahen Abgeordneten lange Haftstrafen.
       > Einer gilt als enger Vertrauter von Präsident Putin.
       
 (IMG) Bild: Geht gegen die zwei Abgeordneten vor: Generalstaatsanwältin Wenediktowa am Dienstag in Kiew
       
       Mönchengladbach taz | Für Viktor Medwetschuk und Taras Kosak, Abgeordnete
       der ukrainischen „Oppositionsplattform für das Leben“, könnte es
       ungemütlich werden. Am Dienstag erklärten der Chef des ukrainischen
       Inlandsgeheimdienstes SBU Iwan Bakanow und Generalstaatsanwältin Irina
       Wenediktowa bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Kiew, man verdächtige
       beide des Staatsverrates. Außerdem hätten sie staatliches Eigentum [1][auf
       der Krim] entwendet. Bei einer Verurteilung drohen den Abgeordneten
       langjährige Haftstrafen.
       
       Ebenfalls am Dienstag hatte der SBU zwei Häuser von Medwetschuk, dessen
       Abgeordnetenbüro und das Büro der „Oppositionsplattform“ durchsucht. Beide
       hätten, so Generalstaatsanwältin Wenediktowa auf ihrer Facebook-Seite, die
       russische Annexion der Krim anerkannt, Dokumente über Bodenschätze im Wert
       von einer Milliarde Euro weitergegeben, Besitz ukrainischer Eigentümer
       widerrechtlich erworben, Staatsgeheimnisse verraten und eine „Armee von
       Informationsclowns“ zur Durchsetzung anti-ukrainischer Interessen
       geschaffen.
       
       Auf ihrer Pressekonferenz erklärte Wenediktowa, Medwetschuk habe der
       russischen Firma „Neue Projekte“ die Rechte für einen Abschnitt des
       Festlandsockels an der Krim übertragen. Zudem soll er im August 2020 an
       Taras Kosak, der sich zu diesem Zeitpunkt in Russland aufgehalten habe,
       geheime Daten über die Stationierung ukrainischer Truppen übermittelt
       haben.
       
       Noch sind beide auf freiem Fuß. Taras Kosak, so der ukrainische
       Nachrichtenserver Obosrewatel, soll sich über Russland in ein anderes Land
       abgesetzt haben, Medwetschuk halte sich an einem unbekannten Ort in der
       Ukraine auf. Noch am Sonntag hatte er an einer Veranstaltung zum Gedenken
       an die Toten des Zweiten Weltkrieges im Zentrum von Kiew teilgenommen.
       
       ## Putin ist Patenonkel der Tochter
       
       Vielen in der Ukraine gilt Medwetschuk als Inbegriff eines
       russlandfreundlichen Politikers. Wladimir Putin ist der Patenonkel von
       Medwetschuks Tochter Darina. Medwetschuk hatte nach Ausbruch des Krieges
       immer wieder in Absprache mit dem damaligen ukrainischen Präsidenten Petro
       Poroschenko mit den ostukrainischen Separatisten und Wladimir Putin
       verhandelt.
       
       2014 wurde er in die ukrainische Delegation bei den Vermittlungsgesprächen
       der Trilateralen Kontaktgruppe in Minsk berufen, wo er für die Frage von
       Kriegsgefangenen zuständig war. Doch damit war es mit dem Machtantritt von
       Präsident Wolodimir Selenski vorbei.
       
       In einer ersten Stellungnahme verurteilte Medwetschuk das Vorgehen des
       „Polizeistaates“ als eine „offene und zynische Abrechnung mit einem
       Oppositionspolitiker“. Die „Oppositionsplattform für das Leben“ werde sich
       auch weiter gegen erhöhte kommunale Gebühren, für einen echten Kampf gegen
       den Coronavirus, für Frieden im Donbass und die Einhaltung der
       Minsk-Vereinbarungen einsetzen, so der Politiker auf dem Internetportal der
       Plattform.
       
       Der Politologe Wolodimir Fesenko hält das Vorgehen gegen die beiden
       Oppositionspolitiker für „rechtmäßig und logisch“. Im Februar habe man
       [2][mit der Schließung der Fernsehkanäle von Medwetschuk] „A“ gesagt, nun
       sage man „B“. „Und dann kommen ´C´ und ´D´“, so Fesenko auf seiner
       Facebook-Seite. „Also Ermittlungen, Anklageerhebung und das
       Gerichtsverfahren“. Dessen sei er sich sicher, weil Präsident Selenski den
       politischen Willen dazu habe und es für eine strafrechtliche Verfolgung und
       Bestrafung von Medwetschuk eine gesellschaftliche Akzeptanz gebe.
       
       Im Gegensatz dazu fürchtet das Online-Portal Strana.ua eine „Verschärfung
       der Atmosphäre rechtlicher Willkür in der Ukraine, wenn die Machthaber
       jeden beliebigen Politiker noch vor einem Gerichtsurteil und mit
       stillschweigender Zustimmung der ´westlichen Partner´ hinter Gittern
       bringen können.“
       
       12 May 2021
       
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