# taz.de -- Corona-Bekämpfung in Berlin: Politik in der Zwickmühle
       
       > Sinkende Inzidenz, steigende Impfrate, dazu der Betrug bei Tests in NRW:
       > Der Senat muss grundsätzlich über die weitere Corona-Strategie reden.
       
 (IMG) Bild: Schild raus, Stäbchen rein: so einfach macht man ne Teststelle auf. Kritiker sagen: zu einfach
       
       Wer eine Pandemie bekämpfen will, tut gut daran, sich die aktuelle
       Situation in Berlin anzuschauen. Auch wenn da nicht alles perfekt läuft: Es
       ist ein Wahnsinn, was die Mitarbeiter*innen in den sechs [1][großen
       Impfzentren] jeden Tag mit einer unglaublichen Freundlichkeit leisten.
       Viele große Unternehmen und Verwaltungen haben inzwischen nachgezogen und
       bieten ihren Angestellten Impfungen im Haus an; die Haus- und Fachärzte
       spritzen, was die Vorräte hergeben.
       
       Wen all das nicht erreicht, kann auf eine umfassende Testinfrastruktur
       zurückgreifen: Die Lieblingskneipe, der T-Shirt-Shop, der Club sind
       Testzentren. Das Leben in Coronazeiten wird so Tag für Tag erträglicher und
       ein Stück weit „normaler“. Und die alte Forderung „Testen, Testen, Testen“
       aus den Anfangstagen der Pandemie ist endlich umgesetzt.
       
       Das funktioniert so gut, weil Wirtschaft und Politik zusammenarbeiten. Die
       schnelle Zulassung der vielen Testzentren ist zugleich eine direkte
       Finanzspritze für viele oben genannte Einrichtungen und notwendig, denn der
       Staat alleine wäre kaum in der Lage gewesen, die Infrastruktur so umfassend
       aufzubauen.
       
       Doch dieser Idealzustand, dieses ausgependelte Gleichgewicht zwischen
       Politik und Wirtschaft kann nicht lange bestehen; schließlich ist es Sinn
       und Zweck von Testen und Impfen, die Pandemie zu besiegen. Je mehr Menschen
       geimpft sind, je stärker die Inzidenz sinkt, desto mehr wird die
       Testpflicht für viele Bereiche infrage gestellt. Und mit ihr der Betrieb
       der über 1.000 Berliner Testzentren, die nach Angaben von Senat und
       Betreiber*innen längst nicht ausgelastet sind.
       
       Den Anfang haben Vertreter der Wirtschaft und Opposition längst gemacht:
       die FDP etwa fordert, die Testpflicht für Außengastronomie zu streichen.
       Auch andere Branchen klagen über massive Umsatzeinbrüche durch diese
       Vorgabe, etwa die Friseure. Der Goldrausch in der Testbranche dürfte seinen
       Höhepunkt überschritten haben.
       
       ## Auswirkungen des Betrugsskandals in NRW
       
       Dazu kommt der [2][aktuelle Betrugsskandal] in Nordrhein-Westfalen, wo von
       einem Betreiber deutlich mehr Tests abgerechnet als durchgeführt wurden;
       zudem bestehen Zweifel an der Sorgfalt der wirklich gemachten Tests. Hier
       fallen der Politik die notwendigen niedrigen Anforderungen für die
       Einrichtung eine Testzentrums auf die Füße: Selbst wenn es in Berlin keine
       ähnlichen Betrugsfälle geben würde (was überraschen würde), sind Tests,
       denen man nicht vollständig vertrauen kann, eben keine Tests. Sprich:
       Darauf lässt sich auch keine Strategie für die Öffnung von
       Innengastronomie, Theatern, Popkonzerten etc. bauen.
       
       Wenn sich der Senat am Dienstag wieder trifft, um das weitere Vorgehen zu
       beraten, muss es daher um mehr gehen, als nur weitere Lockerungen zu
       verkünden: Wie soll der Kampf gegen die Pandemie weitergehen, wenn die sich
       a) in rapiden Tempo abschwächt und b) Testen nur noch für die Innenräume
       notwendig sein wird?
       
       30 May 2021
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Schulz
       
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