# taz.de -- Israel schlägt massiv zurück: Viele Tote im Gazastreifen
       
       > Israels Vergeltungsschläge für Raketen der Hamas fordern zahlreiche Tote,
       > darunter Kinder. Netanjahu schwört Israel auf einen langen Konflikt ein.
       
 (IMG) Bild: Suche nach Überlebenden in einem von Israel bombardierten Wohnhaus in Gaza am Dienstagmorgen
       
       Tel Aviv/Gaza afp/dpa/ap | Israels Luftwaffe hat am Montagabend massive
       Vergeltungsangriffe auf den palästinensischen Gazastreifen geflogen. Nach
       Angaben der Behörden der radikalislamistischen Hamas-Regierung wurden dabei
       bis zu 24 Menschen getötet, unter ihnen neun Kinder. Der Hamas zufolge war
       auch einer ihrer Kommandeure unter den Opfern. Es waren die schwersten
       israelischen Angriffe seit 2019.
       
       Nach israelischen Angaben vom Dienstagmorgen flog das Militär bislang rund
       130 Angriffe. 15 Mitglieder der Hamas und des Islamischen Dschihads seien
       nach derzeitigem Stand getötet worden. Ausgeführt worden seien die Angriffe
       mit Kampfflugzeugen und Drohnen. Beschossen worden seien Einrichtungen zur
       Produktion von Raketen, Lager- und Trainingseinrichtungen sowie
       militärische Stellungen. Zudem seien zwei Tunnel attackiert worden, die
       unterschiedlich weit fertiggestellt gewesen seien. Palästinensischen
       Berichten zufolge wurde aber auch mindestens ein Wohnhaus im Stadtteil
       Shati von Gaza getroffen.
       
       Man befinde sich in einer frühen Phase des Gegenangriffs, sagte der
       israelische Sprecher. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte,
       die Hamas habe mit ihren Raketenangriffen bis nach Jerusalem eine „rote
       Linie“ überschritten. „Wir werden mit Gewalt antworten“, sagte Netanjahu am
       Abend.
       
       „Die Terrororganisationen in Gaza haben am Abend des Jerusalem-Tags eine
       rote Linie überschritten und uns in den Vororten Jerusalems mit Raketen
       angegriffen“, sagte Netanjahu bei einer Ansprache in der Stadt. „Wir werden
       keine Angriffe auf unser Gebiet, unsere Hauptstadt, unsere Bürger und
       Soldaten dulden. Wer uns angreift, wird einen hohen Preis bezahlen.“ Israel
       werde solche Angriffe nicht dulden, der Konflikt könne eine Zeit dauern.
       Netanjahu beriet noch am späten Abend mit Vertretern von Militär und
       Geheimdienst.
       
       ## Raketen als „Botschaft“
       
       Am Montag waren nach Angaben der israelischen Armee mehr als 150 Raketen
       vom Gazastreifen aus auf Israel abgefeuert worden – einige auch auf
       Jerusalem, was äußerst selten vorkommt. Die Hamas hatte Israel ein
       Ultimatum bis Montagabend gestellt, ihre Truppen vom Komplex um die
       Al-Aksa-Moschee und aus dem Jerusalemer Stadtviertel Scheich Dscharrah
       abzuziehen, wo palästinensischen Familien die Zwangsräumung droht.
       
       Ein Hamas-Sprecher sagte, die Raketen seien eine „Botschaft“ an den Feind
       Israel und eine „Reaktion auf seine Verbrechen und Aggression gegen die
       heilige Stadt“. Zu den Angriffen bekannte sich auch die Gruppe Islamischer
       Dschihad.
       
       Insgesamt seien dutzende Raketen vom israelischen Abwehrsystem abgefangen
       worden, so ein israelischer Militärsprecher am Dienstagmorgen. Die
       Erfolgsquote des Abfangsystems Eisenkuppel liege bei über 90 Prozent.
       
       Wie das Militär weiter mitteilte, wurde ein Wohngebäude in der nördlich des
       Gazastreifens gelegenen israelischen Stadt Aschkelon von einer Rakete
       getroffen. Rettungskräften zufolge wurden sechs Menschen verletzt.
       
       ## Klagemauer musste geräumt werden
       
       Die Al-Kassam-Brigaden, der militärische Flügel der Hamas, teilte mit, der
       Beschuss von Aschkelon sei die Reaktion darauf, dass das israelische
       Militär ein Wohnhaus im Westen des Gazastreifens angegriffen habe. Wenn die
       Armee damit fortfahre, werde Aschkelon in eine Hölle verwandelt.
       
       In Jerusalem musste die Polizei die Klagemauer am Montagabend vorübergehend
       räumen und hunderte jüdische Gläubige in Sicherheit bringen, Bewohner der
       Stadt suchten in Luftschutzbunkern Zuflucht. Auch in weiter entfernt
       gelegenen Städten wie Tel Aviv wurden öffentliche Schutzräume
       bereitgestellt. Auf israelischer Seite gab es landesweit aber keine Toten
       und nur wenige Verletzte.
       
       Am Tempelberg in Ostjerusalem setzte die Polizei nach Angaben eines
       AFP-Reporters am Abend nach Angriffen aus den Reihen der Palästinenser
       erneut Blendgranaten und Gummigeschosse ein. Auch im von Israel besetzten
       Westjordanland kam es zu neuen Zusammenstößen. AFP-Journalisten berichteten
       über gewaltsame Auseinandersetzungen unter anderem in Ramallah, Nablus und
       Hebron. Nach Angaben des Roten Halbmondes gab es 200 Verletzte.
       
       ## Steine gegen Blendgranaten
       
       Bereits am Montagmorgen hatten hunderte Palästinenser die israelischen
       Polizisten in der Nähe der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem mit Steinen
       attackiert. Die Beamten reagierten mit Blendgranaten, Gummigeschossen und
       Tränengas. Während des Abendgebets tausender Muslime brach auf dem Gelände
       vor der Moschee dann ein großer Brand aus. Mehrere Bäume hatten aus
       ungeklärten Gründen Feuer gefangen.
       
       Bis zum Abend wurden nach Schätzungen des Roten Halbmondes mehr als 520
       Palästinenser bei den Unruhen in Ostjerusalem verletzt, den schwersten seit
       2017.
       
       Ein arabischer Israeli wurde zudem in der Stadt Lod im Zentrum Israels
       durch Schüsse getötet, wie die Polizei vor Ort mitteilte. Dort war es zu
       Zusammenstößen mit Israelis gekommen.
       
       Am Dienstagmorgen gab es Anzeichen einer möglichen Deeskalation. Beim
       Morgengebet in der Al-Aksa-Moschee gab es keine Zusammenstöße. Israel hatte
       seine Polizeipräsenz offenbar eingeschränkt. Ein Amateurvideo zeigte
       Gläubige, die zum Tempelberg zogen und in Sprechchören ankündigten, Blut
       und Seele für die Al-Aksa-Moschee zu opfern.
       
       11 May 2021
       
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