# taz.de -- Musikfestivals der Woche in Berlin: Dicht an dicht
       
       > Monika Werkstatt und Katharina Ernst spielen beim experimentierfreudigen
       > XJazz-Festival. In der Akademie der Künste endet „Memories in Music“.
       
 (IMG) Bild: Tritt am 15. 5. beim XJazz-Festival auf: Schlagzeugerin und Bildende Künstlerin Katharina Ernst
       
       Ein gutes Jahr ohne Livemusik. Langsam schwindet die Erinnerung daran, wie
       es war, dicht an dicht im Club zu stehen. Komisch wird es sich anfühlen,
       wenn es wieder geht, für uns zwischenzeitlich anders konditionierte Wesen.
       In Jazz-Gefilden fehlt das Livemoment ganz besonders, schließlich lebt das
       Genre von Improvisation. Ganz abgesehen davon, dass es in den letzten
       Jahren verstärkt ein junges, tanzwilliges Publikum in die Clubs zog. Bitter
       für Musiker*innen wie Fans.
       
       Schon zum zweiten Mal muss nun das experimentierfreudige XJazz-Festival
       [1][digital] stattfinden, das genau diese neue Jazz-Nische bedient, die
       sich in jüngerer Vergangenheit aufgetan hat. Am Freitag (7.5.) geht es los,
       live aus der atmosphärischen Emmaus-Kirche am Lausitzer Patz, mit einem auf
       Berliner Künstler*innen fokussierten und doch vielseitigen Programm.
       Über die nächsten zehn Abende wartet es mit jeweils zwei oder auch drei
       Performances auf (ab 21 Uhr, Tagesticket 8 Euro, [2][Festivalpass] 35
       Euro).
       
       Das wird die Live-Erfahrung selbstredend nicht ersetzen, aber wenigstens
       bestimmte Aspekte: etwa, dass man andere Menschen außerhalb der eigenen
       Blase zu sehen bekommt – nicht nur die Musiker*innen, sondern auch die
       anderen Publikum, mit denen man sich austauschen oder an der virtuellen Bar
       ein Getränk nehmen kann.
       
       Zum Auftakt am Freitag (7.5.) tritt unter anderem die Saxofonistin und
       Vokalistin Fabia Mantwill mit Quintett auf – ein insofern stimmiger
       Ausblick auf das anstehende Programm, als dass sie in manchen Momenten
       traditionell jazzig klingt, in anderen dann aber wiederum in ganz andere
       Klanggefilde schweift. Letzteres ist nicht zuletzt inspiriert durch
       Mantwills stets großes Fernweh. Wie sie dieses Gefühl, das sich aktuell nur
       durch Kopfreisen stillen lässt, diesmal in Musik übersetzt, bleibt
       abzuwarten.
       
       ## Technoid präzis + Solo am Schlagzeug
       
       Samstag (9.5.) wartet dann die Simulation einer Cluberfahrung als Late
       Night Special für zuhause: mit dem Trio Komfortrauschen, dass technoide
       Präzision mit Live-Energie zusammenbringt. Also schon mal überlegen, wie
       man das im heimischen Wohnzimmer lichttechnisch umsetzt! Und reintanzen in
       den bisher wohl wärmsten Tag des Jahres, den Sonntag.
       
       Ebenfalls elektronisch und eher experimentell dürfte es am Dienstag (11.5.)
       bei der Monika Werkstatt zugehen, einem sich immer wieder neu aufstellenden
       Künstlerinnenkollektiv aus dem Umfeld von Monika Enterprise, dem des Label
       von Elektronik-Ikone und Underground-Vernetzerin Gudrun Gut. Beim XJazz
       wird sie auf Beate Bartel, Lucrecia Dalt, Midori Hirano and Pilocka Krach
       treffen.
       
       Musik ist ja einerseits Trost, andererseits aber auch ein Trigger für das
       Vermissen gemeinschaftlicher Erlebnisse. Schließlich kann Klang der Kitt
       sein, der aus einer Gruppe mehr als die Summe der eigenen Teile werden
       lässt. Mit Katharina Ernst, einem großen Highlight auf der Zielgerade des
       Festivals, lässt sich jedoch die genau umgekehrte Erfahrung machen. Was die
       Musikerin und Bildendende Künstlerin ihrem Schlagzeug entlockt, so ganz
       alleine, ist schlichtweg atemberaubend. Unbedingt ansehen, am zweiten
       Festival-Samstag (15.5.).
       
       ## Nicht einfach Natur: Memories in Music
       
       Der Abschlussabend der ersten Runde des „Memories in Music“-Festivals
       (6.-9.5.) an der [3][Akademie der Künste] – eine zweite wird Anfang August
       stattfinden, dann hoffentlich mit „echten“ Konzerten, und dem
       pandemiebedingt verschobenen Outdoor–Parcours – stehen unter dem Motto
       ‚Naturvölker‘.
       
       Dabei geht es unter anderem um den bolivianischen Komponisten Carlos
       Gutierrez, der in seiner Arbeit manche Vorstellung davon auf den Kopf
       stellt, was Natur, von der es ja angeblich nur eine gibt, und Kulturen, die
       bekanntlich facettenreich daherkommen, voneinander unterscheidet. Oder auch
       nicht. Zu [4][erleben] ist das am Sonntag (9.5.) ab 18 Uhr.
       
       7 May 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.xjazz.net
 (DIR) [2] https://www.universe.com/users/xjb-ug-BMTW3G
 (DIR) [3] https://www.adk.de/
 (DIR) [4] https://www.youtube.com/watch?v=xehT6QXSc9g
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stephanie Grimm
       
       ## TAGS
       
 (DIR) taz Plan
 (DIR) Sound der Stadt
 (DIR) Musikfestival
 (DIR) Jazz
 (DIR) Porträt
 (DIR) taz Plan
 (DIR) taz Plan
 (DIR) Indie
 (DIR) taz Plan
 (DIR) Amerikas Musikszene
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Drummerin Katharina Ernst: „Ein Schlagzeug ist nicht sittsam“
       
       Die Musik von Katharina Ernst ist avantgardistisch, aber erstaunlich
       zugänglich. Ihr Schlagzeug nutzt sie perkussiv, aber auch als
       Melodieinstrument.
       
 (DIR) Musiktipps der Woche: Mit Herzblut und draußen
       
       Viel Jazziges gibt es zum Auftakt des Sommers, der zu ersten kleinen
       Live-Konzerten auf Freilichtbühnen heraus lockt.
       
 (DIR) Konzerttipps für Berlin: Interessante Instrumente
       
       Erste Konzerte finden im Freien statt. Zum Beispiel vom Konservatorium für
       türkische Musik. Und als Stream gibt es eine Performance von Attila Csihar.
       
 (DIR) Neues Album von Tune-Yards: Der Klimawandel ist real
       
       Das kalifornische Indieduo Tune-Yards hat sein neues Album „sketchy.“
       veröffentlicht. Es ist ein polyrhythmisches Experiment in die
       Selbstreflexion.
       
 (DIR) Musiktipps der Woche: Mission Schwarmästhetik
       
       Erstmals Gäste bei der vierten Ausgabe der „Kosmostage“, gespentische
       Sounds beim Trio Dictaphone und eine Livestream-Expedition mit Mdou Moctar.
       
 (DIR) Neues Album von Danielle de Picciotto: Nachdenken mit Einstein
       
       Die Berlinerin Danielle de Picciotto hat ihr neues Album „The Element Of
       Love“ veröffentlicht. Es enthält magischen Realismus und
       Gesellschaftskritik.