# taz.de -- Regierungsbildung in Israel: Zum vierten Mal gescheitert
       
       > Für Regierungschef Benjamin Netanjahu ist die Frist zur Bildung einer
       > Regierung verstrichen. Eine fünfte Neuwahl ist nicht ausgeschlossen.
       
 (IMG) Bild: Gescheitert: Premierminister Netanjahu gelang kein Bündnis rechter und religiöser Parteien
       
       Tel Aviv dpa | Israels rechtskonservativer Ministerpräsident Benjamin
       Netanjahu ist [1][nach der vierten Parlamentswahl] binnen zwei Jahren mit
       der Bildung einer Regierung gescheitert. Eine entsprechende Frist lief um
       Mitternacht in der Nacht auf Mittwoch ab.
       
       Damit steht das Lager der Gegner Netanjahus vor einer Chance, die Ära des
       71-Jährigen zu beenden. Ob ihnen dies gelingt, ist aber noch völlig offen.
       Israel verharrt zugleich in seiner politischen Krise. Netanjahu verbleibt
       zunächst an der Spitze einer Übergangsregierung.
       
       Netanjahu ist seit zwölf Jahren durchgängig im Amt und der am längsten
       amtierende Ministerpräsident in der Geschichte des Landes. Gegen ihn läuft
       [2][ein Korruptionsprozess]. Er weist die darin erhobenen Vorwürfe zurück.
       
       Es wurde erwartet, dass Staatspräsident Reuven Rivlin am Mittwoch
       Oppositionsführer Jair Lapid mit der Regierungsbildung beauftragen könnte.
       Seine Zukunftspartei gehört zur politischen Mitte. Beobachtern zufolge
       dürfte jedoch auch für ihn die Bildung einer Koalition nicht einfach sein.
       Eine fünfte Neuwahl ist nicht ausgeschlossen. Sollte es dazu kommen, hätte
       auch Netanjahu möglicherweise wieder die Chance, Ministerpräsident zu
       werden.
       
       Ein vom Präsidenten bestimmter Kandidat hat vier Wochen Zeit für die
       Bildung einer Koalition, er kann eine zweiwöchige Verlängerung beantragen.
       Rivlin könnte das Mandat aber auch der Knesset erteilen. Liegt das Mandat
       beim Parlament, kann jeder Abgeordnete versuchen, binnen 21 Tagen die
       Unterstützung von 61 der insgesamt 120 Parlamentarier zu finden. Danach hat
       er noch einmal zwei Wochen Zeit, eine Koalition zu schmieden. Scheitert
       dies, löst das Parlament sich automatisch auf und es gibt eine fünfte
       Neuwahl.
       
       ## Vertrackte Lage in Israel
       
       Rivlin hatte nach der Abstimmung vom 23. März zunächst Netanjahu mit der
       Regierungsbildung beauftragt. Dessen Likud ging aus der Wahl als stärkste
       Kraft hervor. Dem 71-Jährigen gelang es allerdings nicht, das von ihm
       angestrebte Bündnis rechter und religiöser Parteien zu bilden. Netanjahu
       hätte dafür die Religiös-Zionistische Partei um Bezalel Smotrich und die
       arabische Partei Raam hinter sich versammeln müssen. Die ultrarechte
       jüdische Partei lehnte aber eine Kooperation mit den arabischen
       Abgeordneten ab. Auch die ultrarechte Jamina-Partei von Naftali Bennett
       vermied ein klares Bekenntnis für Netanjahu.
       
       Netanjahu hatte nach der Wahl bei Beratungen der Parteichefs mit Präsident
       Rivlin die meisten Empfehlungen für die Regierungsbildung erhalten. 52
       Abgeordnete sprachen ihm ihre Unterstützung aus. Lapid von der in der
       politischen Mitte angesiedelten Zukunftspartei erhielt mit 45 Stimmen die
       zweitmeisten Empfehlungen. Beobachter gehen daher davon aus, dass Rivlin
       nun ihm das Mandat zur Regierungsbildung erteilt.
       
       Lapids Problem ist, dass sein vor allem aus Netanjahu-Gegnern bestehendes
       Lager ebenfalls auf keine Mehrheit im Parlament kommt. Für eine Mehrheit
       müsste der 57-Jährige ebenfalls eine Reihe von Parteien einbinden, die im
       politischen Spektrum weit auseinander liegen. Das Lapid-Lager braucht die
       Unterstützung der Jamina-Partei sowie einer arabischen Partei oder der
       Religiös-Zionistischen Partei.
       
       Die Lage in Israel ist so vertrackt, weil die Parteienlandschaft stark
       zersplittert ist. Sowohl das rechte als auch das linke Lager setzen sich
       aus mehreren Parteien zusammen. An den Rändern gibt es weitere Abspaltungen
       wie etwa die Ultrarechten. Bei der Wahl Ende März ging es nicht wie sonst
       häufig in Israel um eine Entscheidung zwischen rechtem oder linkem Lager,
       sondern um die Frage, ob man [3][für oder gegen Netanjahu] ist.
       
       Auch wenn sie einem Lager angehören, sind manche Parteien nicht
       bündniskompatibel. Neben programmatischen Differenzen geht dies auch auf
       persönliche Animositäten zurück. So gilt Netanjahus Beziehung zu anderen
       Hauptfiguren des rechten Lagers wie Bennett, Gideon Saar oder Avigdor
       Lieberman als sehr schwierig.
       
       5 May 2021
       
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