# taz.de -- Regierungskrise in Nordirland: Unfreiwilliger Abgang
       
       > Nordirlands Regierungschefin Arlene Foster hat ihren Rücktritt
       > angekündigt. Die Mehrheit der Abgeordneten ihrer Partei entzog ihr das
       > Vertrauen.
       
 (IMG) Bild: Das wars dann wohl: Nordirlands Regierungschefin Arlene Foster kündigt ihren Rücktritt an
       
       Dublin taz | Nordirlands Regierungschefin hat ihren Rücktritt angekündigt.
       Arlene Foster wird ihr Amt als Parteichefin der Democratic Unionist Party
       (DUP) am 28. Mai niederlegen, aber sie wird die Regierung noch bis Ende
       Juni führen, um „den Parteifunktionären in den nächsten Wochen genügend
       Zeit für die Vorbereitung der Wahl eines neuen Parteiführers zu geben“.
       
       Sie geht nicht freiwillig. 22 der 28 DUP-Abgeordneten des Belfaster
       Regionalparlaments sowie die Hälfte der acht Unterhausabgeordneten hatten
       ihr am Dienstag in einem Brief das Misstrauen ausgesprochen. Am Abend
       spielte sie die Sache noch herunter. „Von Zeit zu Zeit tauchen Geschichten
       über die Parteiführung auf“, sagte sie, „Das ist eben eine solche Zeit. Wir
       machen weiter, denn ich habe wichtigere Dinge zu tun.“
       
       Ihre Partei, von der Spitze bis zur Basis, fand jedoch, dass sie bei den
       wichtigen Dingen versagt habe. Die Hardliner, und davon gibt es jede Mange,
       nehmen ihr übel, dass sie sich vorige Woche bei der Abstimmung über das
       Verbot der Konversionstherapie für Homosexuelle der Stimme enthalten habe,
       statt dagegen zu stimmen.
       
       Man wirft ihr aber vor allem vor, dass sie [1][das Nordirlandprotokoll] des
       Brexit-Vertrags nicht verhindert habe. Es regelt, dass Nordirland weiterhin
       Teil des EU-Binnenmarkts bleibt und sich deshalb an die Zollregeln der EU
       halten muss. Dadurch soll eine harte Grenze in Irland vermieden werden,
       aber dafür wurde eine Grenze zwischen Nordirland und Großbritannien
       errichtet. Der Warenverkehr zwischen beiden Teilen des Vereinigten
       Königreichs muss kontrolliert werden – für die pro-britischen Unionisten
       eine grässliche Vorstellung.
       
       ## Wegbereiterin für Johnson
       
       Freilich hat Foster das nicht alleine zu verantworten. Die DUP trat als
       einzige nordirische Partei lautstark für den [2][Brexit] ein, vereitelte
       die Bemühungen der damaligen britischen Premierministerin Theresa May, die
       Folgen für Nordirland abzumildern und ebnete dadurch den Weg für Boris
       Johnson, der das Amt vor knapp zwei Jahren von May übernahm.
       
       Die anfängliche Freude über den vermeintlichen Verbündeten in der Downing
       Street wich jedoch bald blankem Entsetzen, weil Johnson der Handelsvertrag
       mit der Europäischen Union wichtiger war als die ärgerliche Provinz auf der
       Nachbarinsel, derentwegen die Brexit-Verhandlungen mit der EU immer wieder
       torpediert wurden.
       
       Wie gering das Interesse in Großbritannien an Nordirland ist, zeigt die
       Berichterstattung in den Medien. Während die irischen Zeitungen und das
       Fernsehen bereits seit Montag über das Zerwürfnis in der DUP berichten,
       suchte man auf den Online-Startseiten der britischen Zeitungen vergeblich
       einen Hinweis. Erst als der Rücktritt am Mittwochabend offiziell verkündet
       wurde, nahm man es auch auf der Nachbarinsel wahr.
       
       Viele DUP-Abgeordnete fürchten, dass sie mit Foster an der Spitze bei den
       Wahlen zum Regionalparlament im nächsten Jahr Stimmen an noch extremere
       unionistische Parteien verlieren würden. Es schien ihnen sicherer, Foster
       als Sündenbock zu opfern.
       
       Favorit für die Nachfolge ist Landwirtschaftsminister Edwin Poots, der sich
       durch regelmäßige Wutanfälle wegen des Nordirlandprotokolls profiliert hat.
       Vielleicht kandidiert auch Ian Paisley, der Sohn des gleichnamigen
       Parteigründers. Den Intellekt seines Vaters hat er allerdings nicht geerbt.
       
       28 Apr 2021
       
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 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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