# taz.de -- Gianni Jovanovic über Rassismus: „Ich bin der Mann, der ich bin“
       
       > Er ist Rom, er ist schwul, er ist laut. Und er macht rassistische
       > Strukturen sichtbar. Gianni Jovanovic über sich und eine gerechtere
       > Gesellschaft.
       
 (IMG) Bild: Gianni Jovanovic ist froh, an dem Punkt seines Lebensweges zu sein, an dem er jetzt ist
       
       taz am wochenende: Gianni, du bist bekannt geworden durch deinen Auftritt
       bei Bettina Böttingers „Kölner Treff“, als du die ebenfalls im WDR
       ausgestrahlte Sendung „Die letzte Instanz“ vehement kritisiert hast. Was
       war da los? 
       
       Gianni Jovanovic: Was da passiert war? In der Sendung, die mich so
       mitgenommen hat, gab es, auf gut Deutsch gesagt, jede Menge rassistische
       Geistesfürze.
       
       Promis wie Thomas Gottschalk machten sich über sogenannte Political
       Correctness und ihre Sprache lustig. 
       
       Wir sind alle mit Gottschalk groß geworden, er ist eine Ikone des deutschen
       Fernsehens, egal ob man ihn gut oder schlecht findet. Ich fand ihn dufte
       und habe mich sogar über seine komischen Filme köstlich amüsiert. Man hat
       mit Menschen, die man im TV jahrzehntelang gesehen hat, irgendwie eine
       imaginäre Beziehung. Und gerade da denk ich mir: Wie kannst du nur aus
       dieser Position heraus so über Blackfacing reden? Wie kannst du dir nur das
       Recht rausnehmen, die Deutungshoheit über die Gefühle anderer Menschen zu
       haben? Alle dort redeten über mein Volk …
       
       Sinti*zze und Rom*nja … 
       
       … ohne dass sich jemand von uns hätte wehren können. Was war das anderes
       als Fremdbestimmung, die Negierung von Schmerz, Leid und Traumata von
       Holocaustüberlebenden und ihren Nachkommen? Und das mussten wir uns
       anhören, ja ertragen in diesem Land, wo wir groß geworden sind, leben und
       unseren Beitrag leisten.
       
       Es wurden schwere Fehler gemacht. 
       
       Das zu sagen reicht mir nicht, das wäre zu einfach. Warum werden überhaupt
       noch Fragen gestellt, ob man Worte sagen darf, die Millionen verletzen und
       rassistisch beleidigen? Meine Message ist: Wir sind alle fehlbar. Ich bin
       der Erste, der bei einer Entschuldigung sagt: „Hey, alles gut, ich habe
       auch viele Fehler gemacht.“ Ich habe denen von der „letzten Instanz“
       verziehen – aber jetzt tut bitte auch was und ändert etwas am System und
       daran, wie ihr Menschen seht!
       
       Wie ist die Lage im System? 
       
       Ich bin hier geboren und habe mich von meinen Erfahrungen nicht brechen
       lassen. Aber ich habe Deutschland als Land erlebt, in dem Institutionen
       oder Menschen mein Leben kaputt machen wollten, weil ich Rom bin.
       Andererseits glaube ich, dass wir mittlerweile sehr diverse Stimmen haben
       im öffentlichen Raum und dass viele Minderheiten seriös gesehen und ernst
       genommen werden.
       
       Es ist aber leider zu bemängeln, [1][dass Sinti*zze und Rom*nja noch
       nicht in entscheidenden Positionen stehen]. Wir haben mit Jens Spahn einen
       schwulen Bundesgesundheitsminister, mit Wolfgang Schäuble einen
       Bundestagspräsidenten, der im Rollstuhl sitzt, Transpersonen als
       Abgeordnete etwa im Bayerischen Landtag, und mit Aminata Touré eine
       Schwarze Vizepräsidentin des Landtags in Schleswig-Holstein. Dass wir
       trotzdem immer noch im ganzen Land ein Problem mit Diversität haben, zeigt
       sich an vielen Stellen im Alltag. Wenn wir um 20 Uhr in der „Tagesschau“
       eine Schwarze Sprecherin hätten, dann wäre in Sachen Sichtbarkeit viel
       erreicht.
       
       Oder wenn statt Maischberger du die Talkshow übernimmst? 
       
       Sandra ist eine tolle Moderatorin. Nein, ich muss nicht unbedingt etwas
       moderieren. Es geht nicht um Gianni, es geht darum, dass wir im
       öffentlichen Medium überall Vielfalt haben. Ich wünsche mir Transmenschen,
       egal welcher Couleur, Menschen mit Behinderungen, Sinti*zze und Roma*nja,
       jüdische und muslimische Menschen und weiße, heterosexuelle Männer an den
       Stellen der Macht. Sie alle sollen zusammenarbeiten, dann wird etwas Geiles
       entstehen. Das ist sehr pathetisch gedacht, aber ich hänge die Messlatte
       hoch, damit ich nicht so früh aufgebe.
       
       1967 gab es in Deutschland einen Nummer-1-Hit, gesungen von Alexandra. Ich
       weiß nicht, ob ich den Titel jetzt aussprechen darf … 
       
       … die Frage ist nicht, ob du darfst, sondern: Willst du das?
       
       Nein. Du weißt aber auf Anhieb, um welches Lied es geht? 
       
       Klar.
       
       Das Lied greift doch sehr melancholisch auch die erotische Faszination des
       Besungenen auf. 
       
       Ich habe das Lied umgeschrieben, bei mir heißt es: „Ein brauner Junge“
       (singt einige Zeilen, lacht). Der Originaltitel ist ein Dokument der Zeit
       nach dem Holocaust. Er tut fasziniert, ist aber am Ende grauslich.
       
       Inwiefern? 
       
       Der Zweite Weltkrieg der Nazis von 1939 bis 1945 war ein sehr okkulter
       Krieg, ein Glaubenskrieg. Es gab Menschen in Deutschland, die geglaubt
       haben, da sei eine Rasse, die überleben soll, und alle anderen waren unrein
       und nicht lebenswert. Das hat was mit Glauben zu tun, es gab ja keine
       wissenschaftlichen Thesen, und wenn, dann nur von denen, die sie
       geschrieben haben, um ihre Taten zu rechtfertigen. Das Romantisierende und
       Exotisierende des Liedes – das auch in dem Namen für diese gewisse Soße
       liegt – ist auch eine Art, zu sagen: [2][Wir wollen euch so haben, weil wir
       das von euch brauchen, exotisch, anders, fremd.] Und das ist eigentlich die
       massivste Form von psychischer Gewalt an Millionen Menschen – auch an
       Rom*nja und Sinti*zze.
       
       Du bist in Rüsselsheim geboren. 
       
       Ja, ich hatte Tanten, Onkels und Cousinen, aber bin als Einzelkind
       aufgewachsen. Man hat mir Steine in den Weg gelegt, indem man mich von
       vornherein in eine Sonderschule eingeschult hat. Das war das erste
       institutionelle, rassistische Trauma, das meiner Kinderseele angetan worden
       ist.
       
       Wie hast du das damals empfunden? 
       
       Ich kannte den Unterschied zwischen Grund- und Sonderschule nicht. Damals
       hieß es nur zu meinen Eltern: Wenn euer Kind in diese Schule geht, habt ihr
       eine bessere Chance, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Klar, dann
       kommt das Kind in die Schule, wo es am besten aufgehoben ist und wo es
       keine Probleme hat. Denn meine Eltern hatten auch Angst, dass mir was
       passiert, wenn ich sage, dass ich Rom bin. Sie haben mir immer verboten,
       das zu sagen.
       
       Wie ging es weiter? 
       
       Ich war immer der Klassenbeste, sieben Klassen lang. Meine Lehrerin hat
       sieben Jahre gekämpft, dass ich aus dieser Schule rauskomme. Christiane
       Bernecker – Gott habe sie selig – war damals wie eine Mutter für mich und
       ich wie ein Sohn für sie. Sie war nicht nur eine Pädagogin, sondern eine
       Künstlerin, die lehren konnte und ihre Schüler unterstützt hat. Sie hat mir
       die Unterstützung gegeben, die zu Hause fehlte. Sie mochte mich, so, wie
       ich bin. Ich durfte sie immer zum Lehrerzimmer begleiten. Ich lief damals
       etwas geduckt. Ich war als Kind dick, und mir fehlte Selbstbewusstsein,
       deshalb sagte sie zu mir: „Gianni, wenn du läufst, tu das wie auf einem
       Catwalk. Du läufst nicht gesenkt, du hebst deinen Kopf an, streckst den
       Rücken durch und läufst gerade und atmest. Wenn dir irgendjemand begegnet,
       den du kennst, dann hältst du an und sagst: „Hallo, guten Tag, wie geht’s?“
       
       Hast du zu ihr noch heute Kontakt? 
       
       Nein, sie ist leider viel zu früh verstorben, aber ich hatte noch die
       Möglichkeit, ihr zu danken und zu sagen, dass ich schwul bin, und sie
       meinte: „Gianni, das wusste ich doch schon immer!“ (lacht) Das war so der
       Engel in meiner Schulzeit, aber ansonsten war diese Zeit geprägt von Gewalt
       und Hass. Leute haben mich zusammengeschlagen, auf mich draufgepinkelt, mir
       Zigaretten auf den Händen ausgedrückt – ich habe heute noch die Narben
       davon.
       
       Wie hast du dich dann nach der siebten Klasse retten können? 
       
       Immer weiter mit Schulen, bis zu einem qualifizierenden Abschluss, mit
       vielen Kämpfen. Dann habe ich, erfolgreich, eine Ausbildung zum
       Zahnarzthelfer gemacht. Ein Umzug nach Köln verhinderte, dass ich am
       Hessenkolleg den Abschluss machen konnte, aber das wäre es am Ende gewesen.
       
       Du warst damals sogar verheiratet. Hat dich denn jemand gefragt, ob du
       verheiratet sein möchtest? 
       
       Mit 14 wurde ich verheiratet. Und, nein, alle in meiner Bubble mussten das
       tun und sind diesen Weg gegangen, es war kein Drama. Das ist trotzdem nicht
       typisch für Rom*nja, aber in meiner Familie war es so. Untypisch wurde es
       erst, als ich das in der Schule erzählt hatte. Meine
       Klassenkamerad*innen waren total schockiert. Eine hat angefangen zu
       heulen, die andere hat sich komplett von mir abgewandt, andere standen mir
       auch bei und sagten: „Hey, Buddy, ist doch alles cool, kannst du früher ran
       als wir.“
       
       Als verheirateter Mann, schließlich als zweifacher Vater bist du deinem
       Coming-out als schwuler Mann entgegengesegelt. Es ist anzunehmen, dass das
       ein aufregender Weg war. 
       
       Das war ein furchtbarer Prozess. Erstens diese innere Bestätigung, dass ich
       schwul bin und dass das nie anders sein wird. Das war nicht nur eine Phase.
       Es war schlimm, einzusehen, dass die sexuelle Identität, die ich
       präferiere, in meinem Umfeld überhaupt nicht akzeptiert oder toleriert
       wurde. Das schafft eine unglaublich große Belastung auf der Seele, als
       würdest du einen Hinkelstein auf das Herz drauflegen und darum kämpfen, den
       Herzschlag noch zu behalten. Ich habe mich gefangen gefühlt wie in einem
       goldenen Käfig. Zwar sind darin meine Bedürfnisse als Cis-Mann erfüllt
       worden, aber nicht die eines schwulen Cis-Mannes, und das bin ich ja
       gewesen und bin ich heute.
       
       Was war dein Ziel, wie hast du dir deine Zukunft vorgestellt? 
       
       Aus dieser Beziehung auszubrechen, einen Mann kennenzulernen, zu lieben und
       eine schöne Beziehung zu haben, wo ich vor allem auch körperlich lieben
       kann, denn das war ein großes Problem. Ich konnte nicht mehr mit meiner
       Frau schlafen, weil mein Körper einfach nicht mehr funktioniert hat.
       
       Und die queere Szene? 
       
       Ich habe mir einen queeren Space aufgebaut, in dem mein Rom-Sein manchmal
       Probleme geschaffen hat, genauso wie mein Queer-Sein in meinem Rom-Space.
       Ich habe nie eine Gruppe finden können, wo ich Mensch sein konnte, mit all
       dem, was ich bin. Heute weiß ich aber, was Freundschaft ist. Wenn ich
       damals keine Menschen gehabt hätte, die mir gesagt haben: „Gianni, du bist
       richtig im Kopf, egal wie viel Scheiße du gefressen hat“, wäre ich heute
       nicht, wo ich bin.
       
       Sind deine Kinder, ist deine Frau deinen Weg mitgegangen? 
       
       Nein. Du musst dir vorstellen, wenn du als junge Romni ein entsprechendes
       Bild sowohl von Gender als auch vom sozialen Leben hast, dann hast du
       natürlich auch eine gewisse Vorstellung von Ehe, Männlichkeit und
       Weiblichkeit. Als ich ihr gesagt habe, dass ich schwul bin, habe ich ihr
       den Boden unter den Füßen weggezogen. Homosexualität bedeutete für sie
       Angst und HIV, Stereotypisierung, Femininität und alles, was die
       Heteronormativität in die Homosexualität hineininterpretiert. All diese
       Bilder sind in ihr hochgekommen, und sie dachte sich: „O mein Gott, ich
       habe einen Freak geheiratet.“
       
       Wie sind deine Eltern mit deinem Schwulsein umgegangen? 
       
       Meine Mutter ist heute an meiner Seite, mein Vater eher nicht so. Ich habe
       ihm verziehen, um mich selbst zu retten. Ich will ihn auch nicht als
       Monster hinstellen, aber da, wo er Monster war, erwähne ich das auch. Die
       Dinge, die er tat, tat er zum Selbstzweck und auf Kosten von mir und später
       auf die meines Sohnes. Das werde ich ihm verzeihen, habe ich auch, aber ich
       vergesse es nicht. Es triggert mich heute noch, wenn ich zu meinen Eltern
       fahre, dann bin ich maximal anderthalb Stunden dort. Danach ruft mein Mann
       an und fragt: „Lebst du noch, ist alles okay?“ Und ich sage: „Ja, alles
       super, ich komme jetzt nach Hause, mach dir keine Sorgen.“
       
       Eltern soll man ja lieben, oder? 
       
       Ich habe viele Jahre mit mir gehadert und gesagt: „Gianni, vielleicht hast
       du doch nicht die richtigen Entscheidungen getroffen. Das wird dir
       vielleicht noch Depressionen verschaffen.“ Aber ein schlechtes Gewissen zu
       haben, weil man die Eltern eigentlich lieben und achten muss? Nein, fuck,
       musst du nicht, das will ich hier aufbrechen. Es ist wichtig, wie sie mit
       uns in der Beziehung sind.
       
       Mein Vater war kein guter Vater und wird niemals ein guter Vater sein. Was
       er mich aber gelehrt hat, auch das Negative, ist am Ende unser gemeinsames
       Vermächtnis, daraus bin ich entstanden, auch meine Kinder und Kindeskinder.
       Die Dinge, die ich erlebt habe durch meinen Vater, aber auch durch die
       Gesellschaft, sie haben mich zu dem gemacht, der ich bin. Ich will nicht
       sagen, dass ich dafür dankbar bin, ich hätte ruhig auf ein paar Dinge
       verzichten können: Sonderschule, Abschiebungsandrohung, Anschläge …
       
       Was, Gianni, treibt dich an? 
       
       Ich kämpfe für mich und für andere, die glauben, nichts gut zu können. Für
       jene, die keinen Selbstwert empfinden, unterm Impostor-Syndrom leiden. Das
       heißt, sie trauen ihren Leistungen selbst nicht über den Weg und denken,
       alles, was sie können, sei irgendwie Hochstapelei. Ich spreche nicht für
       alle, aber denen, die ich erreichen kann, sage ich: „Ihr seid nicht
       allein.“ Ich bin nicht eines Morgens aufgestanden und dachte mir: „Geil,
       ich bin jetzt Aktivist.“ Nein – mein Leben machte es für mich und meine
       Kinder überlebenswichtig, das zu tun, was ich tue.
       
       Was trägt dich? 
       
       Schon als kleines Kind hatte ich das Gefühl, dass ich richtig bin. Ich bin
       der Mann, der ich bin, weil ich mich sehr stark mit mir selbst
       auseinandergesetzt habe. Selbstliebe war immer das Ziel und deshalb auch
       das ganze Verzeihen, Machen, Müssen, Tun. Ich hätte das nicht geschafft,
       wenn ich nicht gelernt hätte, was Selbstliebe aus einem machen kann. Ich
       bin kein Narzisst, aber ich liebe diesen Gianni. Ich bin jetzt dieser Mann,
       der ich immer sein wollte. Ich habe einen wunderbaren Ehemann, der mich
       seit 16 Jahren bedingungslos liebt. Wenn du so was in deinem Leben hast –
       so viele kraftvolle Menschen, die so viel lieben können, dann kann aus dir
       nur ein Guter werden. Ich bin ein Guter und will das auch sein.
       
       Schlecht und ungerecht zu sein kostet viel mehr Kraft als man eigentlich
       glaubt, und ich glaube nicht, dass die Menschen, die bösartig, schlecht und
       rassistisch veranlagt sind, ein qualitativ gutes Leben haben. Die meisten
       dieser Menschen sehen auch nicht gut aus. (lacht) Es ist gut, eine andere
       Form von Männlichkeit zu haben. Ich möchte, dass die Menschen sehen, dass
       ich schwul bin. Zu mir wurde einmal bei einer Fernsehsendung, bevor es
       losging, gesagt: „Oh, das Oberteil ist aber sehr feminin!“, und ich meinte:
       „Oh, ja? Na, dann habe ich ja alles richtig gemacht. (lacht) Und: „Hau mir
       noch mehr Make-up ins Gesicht.“ Als offensichtlich schwul gelesen zu werden
       ist Teil meiner Männlichkeit – das ist für mich eine Kraftquelle und eine
       meiner stärksten Identitäten.
       
       Was ist deine Haltung zur sogenannten Identitätspolitik? 
       
       Es ist wichtig, dass Menschen das Recht haben, sich selbst zu bezeichnen,
       und mittlerweile auch ihr eigenes Geschlecht wählen können, weil sie es
       wollen, müssen, weil sie einfach anders als die heteronormative
       Gesellschaft sind. In einer freien, demokratischen Gesellschaft ist dieses
       Recht unverzichtbar. Ich finde es ganz wichtig, dass Identitäten benannt
       werden, ob es im optischen Medium ist, im Hörfunk oder im Lesebereich. Ich
       liebe Gendersternchen so dermaßen, ich kann gar nicht mehr ohne, ich finde,
       es sieht schon komisch aus, wenn keins da ist. Ja, manch einer sagt, es
       sehe irgendwie daneben aus, aber wir brauchen das. Sprache ist Macht, und
       je mehr wir die Menschen in unsere Sprache einbeziehen, desto mehr geben
       wir ihnen Raum für ihre Befindlichkeiten im Realen.
       
       Du siehst nicht das Problem, dass äußere Merkmale essenzialisiert werden? 
       
       Es geht mir nicht um äußere Merkmale. Es geht um Lebensrealitäten. Die
       Frage ist: Wer regt sich denn über die Forderung nach Diversität und
       verschiedene Identitäten auf? Die Mächtigen. Wenn Menschen auf ihre
       Identität pochen müssen, sind das nicht die, die mit der Macht auf
       Augenhöhe stehen.
       
       Augenhöhe – und das heißt? 
       
       Egal ob LGBTIQ, BPoC, Rom*nja oder Sinti*zze – wir sind immer ein Teil
       der Gesellschaft. Deshalb ist es mir wichtig, zu sagen: Mehrheit, wir
       brauchen euch! Ihr braucht uns! Wir sind eine Symbiose. Nicht auf Augenhöhe
       leider, weil wir ganz viel Scheiße aus der Geschichte noch nicht
       aufgearbeitet haben. Kaum jemand weiß darüber Bescheid, und an Unis,
       Schulen und im Fernsehen wird nicht gelehrt, was mit den Sinti*zze und
       Rom*nja passiert ist. Das ändern wir jetzt.
       
       14 Mar 2021
       
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