# taz.de -- Sozialprogramm der EU-Kommission: In Wirklichkeit neoliberal
       
       > Die EU will sozialer werden – langfristig und mit „Richtwerten“. Wer aber
       > den Krisenopfern der Pandemie helfen will, muss jetzt handeln.
       
 (IMG) Bild: StudentInnen in Paris, die ihren Job verloren haben, stehen für eine Essenspende Schlange
       
       In Paris stehen Studenten Schlange vor den Suppenküchen, weil sie wegen der
       Coronamaßnahmen ihren Job verloren haben und am Hungertuch nagen. In Berlin
       warnt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten vor einem Verlust von
       Zehntausenden Arbeitsplätzen. Und was macht die EU-Kommission in Brüssel?
       Sie legt ein Aktionspapier zur „[1][Sozialen Säule]“ vor, das Richtwerte
       für 2030 festlegt.
       
       2030, das ist in neun Jahren. Bis dahin sollen mindestens 78 Prozent der
       EU-Bürger zwischen 20 und 64 in einem festen Beschäftigungsverhältnis sein.
       Doch was hilft das den Studenten in Paris oder den Kneipenwirten in Berlin,
       die heute mit Existenzängsten kämpfen? Herzlich wenig. Auch die beiden
       anderen neuen „Headline Goals“ der EU-Kommission sind zwar ehrenwert, aber
       viel zu weit weg.
       
       Was dem Aktionsplan fehlt, ist Action. Dafür seien die Mitgliedsstaaten
       zuständig, heißt es in Brüssel. Doch längst nicht alle EU-Länder können
       sich so großzügige Hilfen gegen die Krise leisten wie Deutschland. Vom
       EU-Kurzarbeiterprogramm [2][SURE], über das 100 Milliarden Euro
       bereitgestellt wurden, sind nur 5 Milliarden übrig. Und der neue
       Corona-Aufbaufonds startet erst im Sommer.
       
       Wer die „Soziale Säule“ mit Leben füllen will, muss jetzt handeln – und
       nicht irgendwann in ferner Zukunft. Sonst drohen Millionen Europäer den
       Glauben an den Sozialstaat und an die EU zu verlieren. Noch setzen sie ihre
       Hoffnung in ein „soziales Europa“, wie eine Eurobarometer-Umfrage ergeben
       hat. 91 Prozent der Deutschen befürworten eine aktivere Sozialpolitik auf
       EU-Ebene.
       
       Bislang werden sie enttäuscht. Denn die „Soziale Säule“ ist auf Sand
       gebaut. Wer sich die Politik dieser Kommission näher anschaut, entdeckt
       immer wieder die alten neoliberalen Paradigmen. Auch jetzt stellt Brüssel
       wieder Weiterbildung, Mobilität und Unternehmensgründung in den Vordergrund
       – genau so, wie es die Arbeitgeber seit Jahren fordern. Dafür gibt es sogar
       ein neues Programm. Unter dem Namen EASE werden Millionen lockergemacht –
       für die Studenten gibt es nichts.
       
       5 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://ec.europa.eu/info/european-pillar-social-rights/european-pillar-social-rights-20-principles_de
 (DIR) [2] ttps://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/economic-and-fiscal-policy-coordination/financial-assistance-eu/funding-mechanisms-and-facilities/sure_de
       
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 (DIR) Eric Bonse
       
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