# taz.de -- Umgang mit Kremlgegner Alexei Nawalny: Amnesty sorgt für Irritationen
       
       > Die Menschenrechtsorganisation kündigt im Fall Nawalny eine interne
       > Prüfung an. Der Kremlgegner wurde derweil in ein Straflager verlegt.
       
 (IMG) Bild: Mit Guantanamo-Häftlingen solidarisch, mit Nawalny nicht? Protest vor US-Botschaft in Berlin 2013
       
       Berlin/Moskau taz | Der Beschluss von Amnesty International, dem
       inhaftierten russischen Oppositionspolitiker Alexei Nawalny den Status des
       „gewaltfreien politischen Gefangenen“ (Prisoner of Conscience) zu
       entziehen, sorgt weiter für Wirbel. Die Sache sei „schiefgelaufen“, gab
       Amnesty-Generalsekretärin Julie Verhaar am Samstag zu und kündigte eine
       interne Untersuchung an.
       
       „Während die Propaganda des Kreml keine Rolle bei unserer
       Entscheidungsfindung spielte, ist es völlig klar, dass wir Ziel einer
       Verleumdungskampagne der russischen Regierung geworden sind“, [1][erklärte
       Verhaar]. Amnestys Verfahrensabläufe hätten „versagt“, und „wir werden eine
       interne Untersuchung darüber durchführen, was schiefgelaufen ist und wie
       wir in diese Lage geraten sind“.
       
       Zuvor war Amnesty auch aus den eigenen Reihen scharf dafür kritisiert
       worden, Nawalny fallenzulassen, nachdem eine von kremltreuer Seite
       beförderte Lobbykampagne dessen frühere rassistische Äußerungen
       thematisiert hatte.
       
       Unter anderem sorgte für Unverständnis, dass Verhaar und weitere leitende
       Amnesty-Mitarbeiter in London [2][auf einen russischen Komödianten
       hereingefallen] waren, der sich via Zoom als Nawalnys Stabschef Leonid
       Wolkow ausgab und dem gegenüber sie bedauerten, Nawalnys Sache zu
       „untergraben“. Der richtige Wolkow sagte, allein das müsse für die
       Amnesty-Führung ein Rücktrittsgrund sein.
       
       Aus Moskau verlegt 
       
       „Amnesty hat Putin einen PR-Erfolg geschenkt“, [3][schrieb der britische
       Labour-Abgeordnete Chris Bryant] und legte seine Amnesty-Mitgliedschaft
       nach 35 Jahren nieder.
       
       Die Menschenrechtsorganisation [4][„Index on Censorship“ erklärte], sie
       stehe weiter zu Nawalny. „Seine Äußerungen als junger Mann mögen wir
       abscheulich finden, aber seine Handlungen als Dissidentenführer stehen
       außer Frage“, erklärte Index-Chefin Ruth Smeeth. „Nawalny ist ein
       politischer Gefangener, er ist ein Dissident, er verdient unsere
       Solidarität.“
       
       Derweil sickerte am Sonntag durch, dass Nawalny aus dem Moskauer
       Untersuchungsgefängnis „Matrosenstille“ in das Verwaltungsgebiet Wladimir
       überstellt worden ist. Sein genauer Aufenthaltsort seit Bekanntwerden
       seiner Entfernung aus der Moskauer Haft am Freitag ist bislang nicht
       genannt worden.
       
       Anwälte und Aktivisten vermuten, Nawalny könnte zunächst in der
       Strafkolonie IK-2 in Pokrowa, 80 Kilometer von der Gebietshauptstadt
       Wladimir entfernt, in Quarantäne gehen.
       
       Gedenken an Nemzow-Mord 
       
       Unabhängige Beobachter einer gesellschaftlichen Überwachungskommission
       halten die Kolonien in der Region Wladimir für „besonders repressiv“ im
       Umgang mit Häftlingen. Offiziell zählt die Strafkolonie IK-2 zu den
       Einrichtungen eines „allgemeinen Regimes“, das keine verschärften
       Haftbedingungen stellt.
       
       Anwältin Maria Eismont bezeichnete die Kolonie jedoch als Ort, wo „alles
       darauf ausgerichtet ist, den Inhaftierten die völlige Abhängigkeit von der
       Verwaltung (der Kolonie) spüren zu lassen“. In keiner anderen Kolonie habe
       sie bis zu sechs Stunden warten müssen, um zu Insassen vorgelassen zu
       werden. „Zur Isolation politischer Gefangener wird dort alles unternommen.“
       
       Am Samstag gedachte Moskau des Oppositionspolitikers Boris Nemzow, der vor
       sechs Jahren in unmittelbarer Nähe des Kreml ermordet worden war. Bis zum
       Abend sollen 11.000 Menschen den Anschlagsort besucht und Blumen
       niedergelegt haben.
       
       Wie in den vergangenen Jahren fand kein Gedenkmarsch statt – er war
       offiziell wegen der Coronapandemie verboten worden. Auch Vertreter der USA,
       Großbritanniens und der EU fanden sich ein.
       
       1 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/julieverhaar/status/1365370494938193921
 (DIR) [2] https://www.dailymail.co.uk/news/article-9300163/Amnesty-chiefs-admit-undermining-Navalny-stripping-prisoner-conscience-status.html
 (DIR) [3] https://www.telegraph.co.uk/news/2021/02/25/35-years-have-resigned-amnesty-international/
 (DIR) [4] https://www.indexoncensorship.org/2021/02/index-statement-on-alexei-navalny/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
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       Solidarität mit Nawalny.