# taz.de -- Coronavakzine in Österreich: Beim Impfen vorgedrängelt
       
       > In Österreich haben sich Bürgermeister gegen Covid-19 impfen lassen,
       > obwohl andere an der Reihe gewesen wären. Kanzler Kurz ruft zu
       > Rücktritten auf.
       
 (IMG) Bild: Der Bürgermeister von Feldkirch hat sich die letzte Dosis Impfstoff in einem Altersheim gesichert
       
       Wien taz | Wolfgang Matt, ÖVP-Bürgermeister der Stadt Feldkirch in
       Österreichs westlichstem Bundesland Vorarlberg, ist über Nacht zu
       unbeabsichtigter Prominenz gelangt. Er hat bei einem Besuch in einem
       Altersheim die letzte [1][Dosis der Covid-19-Impfung] für sich beansprucht.
       Und das, obwohl noch Anspruchsberechtigte anwesend gewesen wären. Er musste
       sein Fehlverhalten am Montag im Live-Interview in den ORF-Spätnachrichten
       zugeben.
       
       Anfangs versuchte sich Matt zu rechtfertigen, die Dosis sei überzählig
       gewesen und hätte sonst entsorgt werden müssen. Eine anwesende Ärztin hatte
       dieser Darstellung heftig widersprochen. Der vorhandene Impfstoff habe
       nicht einmal für die vorgemerkten Personen gereicht.
       
       Der konservative Lokalpolitiker ist kein Einzelfall. Die Vorarlberger
       Nachrichten deckten auf, dass auch die 44-jährige Katharina Wöß-Krall,
       SPÖ-Bürgermeisterin der Gemeinde Rankweil, wohl nicht ganz zufällig das
       Sozialzentrum Haus Klosterreben besucht hatte, als dort die Ältesten
       geimpft wurden.
       
       Zu einem regelrechten Politikeraufmarsch kam es im oberösterreichischen
       Eberschwang, wo sich Bürgermeister Josef Bleckenwegner (SPÖ) von beiden
       zwei Vizebürgermeistern (SPÖ und FPÖ) ins Heim begleiten ließ. „Bereits bei
       der Listenerstellung […] wurde nicht auf die Vorgaben der Priorisierung
       durch die Impfkoordination des Landes geachtet,“ so die Heimleitung zu dem
       Vorfall.
       
       ## „Unrühmliche Praxis“
       
       Immer wieder kommt es vor, dass in den Alten- und Pflegeheimen, wo
       prioritär geimpft wird, einzelne Dosen übrigbleiben, weil zum Beispiel zu
       viele bestellt wurden, Patienten nicht erscheinen oder in letzter Minute
       einen Rückzieher machen. In solchen Fällen wurden auch schon zufällig
       anwesende Personen oder selbst Nachbarn geimpft, damit die kostbaren
       Vakzine wegen der begrenzten Haltbarkeit nicht verfallen.
       
       So kam auch der Kardinal Christoph Schönborn, 75, vorzeitig zu einer
       Erstimmunisierung. Der kann zumindest ins Treffen führen, dass er nach
       einer heiklen Krebsoperation zur vulnerablen Gruppe zählt.
       
       Das plötzliche Auftauchen von Bürgermeistern während der Impfaktionen hat
       aber inzwischen auch schon die Regierungsspitze alarmiert. Bundeskanzler
       Sebastian Kurz (ÖVP) weiß von über zehn Fällen, findet das „inakzeptabel“
       und ließ am Dienstag einen unverhüllten Rücktrittsaufruf an die
       Betreffenden ergehen: „Sie wissen, wie sie handeln müssen.“ Noch deutlicher
       wurde Vizekanzler Werner Kogler (Grüne): „Diese unrühmliche Praxis sollte
       abgestellt werden.“ Und er appellierte an die Landeshauptleute, Einfluss zu
       nehmen, „was die Rücktritte betrifft“.
       
       Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt geht währenddessen Gerüchten nach, dass
       die Reichen und Schönen, die bevorzugt Villen am Wörthersee bewohnen, sich
       mit Gefälligkeitsdiagnosen williger Ärzte in die [2][besonders gefährdete
       Gruppe] befördern lassen oder durch Zuwendungen an bestimmte Heime
       erwirken, dass diese zu viele Impfdosen bestellen und dann die edlen
       Spender zum Zug kommen lassen.
       
       20 Jan 2021
       
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