# taz.de -- Die Wahrheit: Brexit ungewürzt
       
       > In Irland sind alle Läden geschlossen. Online lässt es sich aber immer
       > noch shoppen – mit allen Unannehmlichkeiten der Brexit-Folgen.
       
 (IMG) Bild: Stress im Hafen: Polizeistreife im nordirischen Larne, nachdem es Drohungen von Unionisten gab
       
       Online-Shopping ist doof. Aber was soll man machen? Die Läden sind in
       Irland wegen der Pandemie noch bis mindestens März geschlossen. Und dann
       ist da auch noch der Brexit. Früher konnte man problemlos auf den Webseiten
       der Nachbarinsel bestellen. Jetzt verlangen die Händler nicht unerhebliche
       Importsteuern im Auftrag der Europäischen Union.
       
       Zwar fallen die Steuern nicht an, wenn die Ware aus dem Vereinigten
       Königreich stammt, aber die Briten produzieren ja kaum noch etwas. Kommt
       der Artikel ursprünglich aus China und wird von einer britischen Firma
       lediglich vertrieben, gilt das Handelsabkommen nicht.
       
       Kauft man zum Beispiel einen Pullover aus Cornwall-Schafswolle, der aber in
       Pakistan gestrickt worden ist, zahlt man wegen Mehrwertsteuer, Importsteuer
       und Gebühren am Ende fünfzig Prozent mehr. Es gibt allerdings keinen Grund,
       einen solchen Pullover zu kaufen. In Irland leben genügend Schafe, und die
       berühmten Aran Jumper halten warm genug. Es gibt auch eine gute Nachricht:
       Man kann wieder zollfrei einkaufen, wenn man nach Großbritannien reist –
       sobald Reisen erlaubt sind.
       
       Kauft man auf deutschen Webseiten ein, zahlt man zwar keine Importsteuer,
       aber dafür gibt es andere Tücken. Ich hatte einen Tischgrill erworben. Nach
       einem halben Jahr ging das Kabel mit integriertem Thermostat kaputt. „Das
       von Ihnen gewünschte Ersatzteil ist nicht lieferbar“, schrieb mir die
       Firma. „Aufgrund der Preisklasse des Gerätes ist eine Ersatzteilbevorratung
       wirtschaftlich nicht sinnvoll.“ Für mich ist es aber wirtschaftlich nicht
       sinnvoll, das Gerät wegzuwerfen.
       
       Manche deutschen Händler haben den Brexit nicht richtig kapiert. Ein
       Gewürzladen in Bremen antwortete auf meinen Bestellversuch: „Aufgrund der
       Brexit-Problematik haben wir den Versand auf die Englischen Inseln
       kurzfristig im Dezember gestoppt.“ Englische Inseln! Obendrein kam die
       Absage „mit genussvollen Grüßen“.
       
       Völlig missverstanden hat ein Händler aus England den Brexit. Ich wollte
       einen Generator kaufen, da wegen der Stürme an der irischen Westküste
       mitunter der Strom ausfällt. Ich fand ein Gerät, das in diesem Fall für
       Licht und Fernsehen sorgen würde. Vorsichtshalber fragte ich nach den
       Transportkosten. Die Antwort war verblüffend: „Der Versand in die Republik
       Irland ist kostenlos, es fallen jedoch Gebühren für Nordirland an.“
       
       Wenn das die Unionisten im britisch besetzten Teil Irlands wüssten. Sie
       toben ohnehin schon, weil sie glauben, dass die irische Vereinigung durch
       die Hintertür betrieben wird, nachdem ihr Londoner Premierminister Boris
       Johnson im Brexit-Vertrag mit Brüssel Nordirland einfach ausgeklammert hat.
       Die Provinz bleibt vorerst im Binnenmarkt und in der Zollunion, die Grenze
       verläuft jetzt in der Irischen See.
       
       Ich habe von der Bestellung des Generators abgesehen. Wer weiß, wohin der
       verwirrte Händler das Gerät schicken würde. Stattdessen habe ich eine
       Großpackung Kerzen angeschafft.
       
       1 Feb 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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