# taz.de -- Deutsche Wohnen enteignen: Das ist nichts für die SPD
       
       > Die Initiative Deutsche Wohnen enteignen sucht keinen Konsens mehr mit
       > Rot-Rot-Grün, sondern sammelt lieber Unterschriften. Richtig so!
       
 (IMG) Bild: Demo gegen steigende Mieten im Juni 2020
       
       Angesichts dieser düsteren Pandemiezeiten tut es gut, mal grundsätzlich
       positiv zu denken. Also: Es ist ein Erfolg, dass zwei Drittel der
       rot-rot-grünen Koalition sich mit der Initiative Deutsche Wohnen und Co
       wohl hätten einigen können, bevor deren Volksbegehren in die entscheidende
       Phase geht. Zu Beginn der Legislatur vor vier Jahren – das E-Wort war
       damals auch in vielen linken Kreisen noch als utopisch verpönt – wäre ein
       so breiter Konsens mehr als fraglich gewesen.
       
       Und um weiter positiv zu bleiben: Natürlich hat die Initiative alles
       richtig gemacht, als sie sich Anfang der Woche dennoch entschieden hat, den
       Volksentscheid anzustreben. Ab 25. Februar sollen Unterschriften gesammelt
       werden; innerhalb von vier Monaten müssen es mindestens 175.000 sein, damit
       es parallel zur Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl Ende September zur
       Abstimmung über das durchaus revolutionär zu nennende Projekt kommen kann.
       
       Dass eine wie auch immer geartete Einigung mit der Koalition nicht zustande
       kam, hat vor allem mit der SPD zu tun. Nach einem ersten Gespräch vor
       einigen Wochen schien es zwar noch so, als gäbe es auch bei Partei- und
       Fraktionschef Raed Saleh und Co eine konstruktive Unterstützung für die
       Ziele des Begehrens, große Immobilienfirmen mit mehr als 3.000 Wohnungen zu
       verstaatlichen.
       
       Aber schon damals war eigentlich klar, dass auf die Sozialdemokraten in
       dieser Frage kein Verlass sein kann: SPD-Innensenator Andreas Geisel hatte
       die Prüfung des Gesetzentwurfs unerträglich in die Länge gezogen; ein
       Parteitagsbeschluss aus dem Herbst 2019 steht dem entgegen; die Zahl der
       Kritiker ist groß.
       
       In dieser Situation die zweite Stufe nicht zu zünden hätte für die
       Initiative bedeutet, sich auf Biegen und Brechen dem Versprechen zu
       unterwerfen, das Parlament werde bis zum Herbst einen Gesetzentwurf
       erarbeiten und verabschieden. Schon zu Nicht-Wahlkampf-Zeiten wäre das ein
       unrealistisches Szenario gewesen.
       
       ## Konsequent oder verpasste Chance?
       
       Die Linkspartei hält den Schritt der Initiative daher für konsequent; die
       Grünen sprechen eher von einer verpassten Chance. Doch auch für sie wird
       der politische Druck, der von einer erneuten Unterschriftensammlung
       ausgeht, immens hilfreich sein, um sich im Wahlkampf (auch für den
       Bundestag) für Interessen von MieterInnen starkzumachen. Grüne
       PolitikerInnen betonen ja immer, wie wie wichtig für sie der Druck von der
       Straße für die Durchsetzung von Interessen ist.
       
       Es wird in diesen Pandemiezeiten mit all ihren Einschränkungen zur
       Kontaktaufnahme schon nicht leicht werden, die 175.000 Unterschriften
       zusammenzubekommen. Und selbst wenn: Würde es am 26. September eine
       Mehrheit für die Initiative geben? Das ist angesichts der dramatischen Lage
       auf dem Wohnungsmarkt nicht ausgeschlossen, aber auch nicht wahrscheinlich.
       Positiv gedacht: Auch eine Niederlage kann – falls sie nicht zu deutlich
       ausfällt – noch ein Erfolg sein.
       
       15 Jan 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Schulz
       
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