# taz.de -- Die fiktive Zukunft der Grünen: „Danke, Robert“
       
       > Warum sind die Grünen so erfolgreich? Der Mitschnitt einer geheimen
       > Zoom-Konferenz der Parteispitze gibt Antworten. (Ist alles erfunden,
       > keine Sorge).
       
 (IMG) Bild: Wohnzimmeratmosphäre: Robert Habeck und Annalena Baerbock beim digitalen Parteitag der Grünen
       
       Es ist ein offenes Geheimnis: Die Grünen bereiten sich aufs Regieren vor.
       Aber mit welcher Strategie? Wer wird Kanzlerkandidat*in? Der taz wurde der
       Mitschnitt einer geheimen Zoom-Konferenz zugespielt, in der [1][Annalena
       Baerbock], Robert Habeck und die FraktionschefInnen Katrin Göring-Eckardt
       und Anton Hofreiter ihren Kurs abstimmen. 
       
       Baerbock: GuMo in die Runde. Ich habe nicht viel Zeit, muss gleich ins
       ARD-„Morgenmagazin“. Fangen wir mit Corona an. Vorschläge? Ja, Toni?
       
       Hofreiter: Also ich finde ja, wir müssen den Jens Spahn härter angehen...
       
       Alle grummeln zustimmend. Baerbock schweigt. 
       
       Hofreiter: ... Das klappt doch überhaupt nicht mit seiner Impfstrategie.
       Viel zu langsam. Und die europäische Bestellung war ein Desaster.
       Überhaupt, wir haben es doch der CDU zu verdanken, dass das ganze
       Gesundheitssystem neoliberalen Kapitalinteressen unterworfen wurde...
       
       Baerbock (leise): Toni...
       
       Hofreiter: [2][Miese Löhne fürs Pflegepersonal], Profit geht über alles,
       für all den Scheiß ist doch der Spahn verantwortlich, der konservative
       Saupreiß, der damische...
       
       Habeck: Yeah! Reißt die Faust hoch.
       
       Göring-Eckardt: Genau. Und wo bleibt das Klima?
       
       Grummeln wird lauter. Hofreiter klopft begeistert auf seinen Schreibtisch,
       Habeck schaut versonnen in die Ferne, Göring-Eckardt verschüttet ein
       bisschen Fencheltee. Baerbock schweigt. 
       
       Habeck: Wenn man es groß denkt, leben wir doch jetzt in der Zeit, für die
       die Grünen vor vierzig Jahren gegründet wurden. Ja, wir sind die Form, die
       so zeitgemäß ist wie keine andere, die eine quasi osmotische Verbindung zur
       Wirklichkeit herstellt, wo die progressiven Kräfte reindiffundieren wie
       durch eine Membran...
       
       Baerbock (genervt): Danke, Robert. Leute, ganz ehrlich: Ich habe die Nase
       voll. Darüber haben wir doch tau-sen-d-mal gesprochen. Toni, was wollen
       wir?
       
       Hofreiter (leise): Regieren.
       
       Baerbock: Und wen brauchen wir dafür?
       
       Hofreiter (noch leiser): Die CDU.
       
       Baerbock: Was ist daran so schwer zu kapieren?
       
       Schweigen. Hofreiter schaut betreten auf seine Tastatur, Habeck versonnen
       in die Ferne. 
       
       Baerbock: Außerdem geht's hier doch um Europa. Eu-ro-pa.
       
       Alle begeistert: Yay, Europa!
       
       Hofreiter reckt den Daumen hoch, auf Habecks Bildschirm erscheint ein Emoji
       mit Sternchen-Augen. Göring-Eckardt formt beide Hände zu einer Herz-Geste. 
       
       Baerbock: Also, die Sprachregelung ist: Kein Wort über Jens, äh, über
       Spahn. Stattdessen legen wir unsere Kritik [3][zu den Coronaregeln
       staatstragend], aber auch radikal an, wir sind nicht so blöd wie die SPD.
       Irgendwas mit Kindern und Eltern, das geht immer. Noch Fragen?
       
       Göring-Eckardt: Ja. Wer wird jetzt eigentlich Kanzlerkandidat*in?
       
       Habeck: Wenn ich dazu etwas sagen darf...
       
       Baerbock rollt mit den Augen. 
       
       Habeck: ... dann ist jetzt nicht die Zeit für Machtspielchen. Annalena und
       ich versuchen es ja gerade anders zu machen, Teamplay statt Konkurrenz,
       Kooperation statt Misstrauen. Führung auf Ballhöhe mit der Wirklichkeit
       bedeutet, wenn man sie ernchrzzst nimmt chhhrhhhrhhzzzzzz...
       
       Baerbock drückt einen Knopf unter ihrem Tisch. Habeck verschwindet
       plötzlich von allen Bildschirmen. 
       
       Baerbock: Danke, Robert. Einen guten Start in den Tag euch allen! Ach ja:
       Wer Kanzlerkandidatin wird, erzähle ich euch nächste Woche.
       
       Ulrich Schulte berichtet seit 2011 für die taz über die Partei Bündnis
       90/Die Grünen. Am 26. Januar erscheint im Rowohlt Verlag sein Buch „Die
       grüne Macht. Wie die Ökopartei das Land verändern will“.
       
       8 Jan 2021
       
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