# taz.de -- Handelsabkommen von EU und GB: Nur eine Atempause
       
       > Das erreichte Brexit-Abkommen ist eine gute Nachricht für die
       > diplomatischen Beziehungen. Doch viele Streitpunkte bleiben ungelöst.
       
 (IMG) Bild: Der EU-Chef-Unterhändler Michel Barnier am 25. Dezember in Brüssel
       
       Boris Johnson hat es geschafft. Großbritannien verlässt den EU-Binnenmarkt,
       behält aber zollfreien Zugang für Warenexporte in die EU, ohne sich
       EU-Institutionen beugen zu müssen. Das Brexit-Versprechen von „Vote Leave“
       beim Referendum 2016 ist eingelöst. Der EU-Austritt ist geglückt,
       Großbritanniens „leuchtende Zukunft“ kann beginnen.
       
       So weit die Rhetorik, und es ist tatsächlich anerkennswert, dass es den
       Unterhändlern der EU und des [1][Vereinigten Königreichs] gelungen ist,
       sich noch vor Fristablauf auf einen [2][Vertrag] zu einigen. Unabhängig vom
       Inhalt nimmt diese Leistung viel Gift aus den zukünftigen Beziehungen
       zwischen der EU und Europas zweitgrößter Volkswirtschaft. Und das Ergebnis
       vermeidet viel Stress im Alltag der Menschen.
       
       Zur Realität gehört aber auch, dass viele Streitpunkte ungelöst bleiben.
       Sie werden einfach vertagt. Beispiel [3][Fischerei]: Über die nächsten
       fünfeinhalb Jahre [4][sinken die EU-Fangquoten in britischen Gewässern]
       leicht, aber ein neues Fischereiregime, das ab Mitte 2026 gelten soll, muss
       erst noch ausgehandelt werden. Beispiel gemeinsame Standards: Beide Seiten
       bekommen jetzt das Recht auf Strafzölle, wenn die jeweils andere geltende
       Standards untergräbt.
       
       Worin aber diese genau bestehen und wie eine Entscheidung getroffen und
       umgesetzt wird, das wird man dann halt sehen. Wo sie sich nicht einigen
       konnten, haben beide Seiten einfach Strukturen geschaffen, um in Zukunft
       mit Uneinigkeit umzugehen – das ist pragmatisch, mehr aber auch nicht. So
       stellt dieser Deal nur eine Atempause dar – immerhin.
       
       In vier Jahren schon sollen die Regeln zum fairen Wettbewerb überprüft
       werden, in fünf Jahren das gesamte Abkommen – dies wird die Europawahl im
       Mai 2024 und die nächste britische Parlamentswahl spätestens Ende 2024
       überschatten. In fünfeinhalb Jahren soll ein neues Fischereiregime stehen –
       das muss dann mitten in Frankreichs Präsidentenwahlkampf im Frühjahr 2026
       ausgehandelt werden. Der Brexit ist mit diesem Deal längst nicht vorbei. Er
       hat gerade erst begonnen.
       
       27 Dec 2020
       
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