# taz.de -- Neuer Handelsvertrag mit Großbritannien: Eine Zitterpartie
       
       > Die Verhandlungen standen unter einem schlechten Stern, immer wieder kam
       > etwas dazwischen. Das war auch in den letzten Stunden nicht anders.
       
 (IMG) Bild: Der Herr der Heringe ruderte letztlich doch ein wenig zurück für den Deal: Boris Johnson
       
       Als die Einigung Heiligabend eigentlich schon stand, gab es noch mal große
       Verwirrung: Die EU-Unterhändler hatten die falschen Fischtabellen dabei,
       beide Seiten mussten alles neu ausrechnen. [1][Es war 15.44 Uhr, als Boris
       Johnson endlich jubeln durfte.] Doch die Unterhändler durften sich wegen
       Corona nicht einmal die Hand geben. Und auch auf höchster Ebene ist der
       neue Vertrag zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich
       nicht per Handschlag besiegelt.
       
       Bis zur letzten Minute standen die Handelsgespräche unter schlechten
       Vorzeichen. Kaum hatten sie am 3. März begonnen – gut vier Wochen nach dem
       offiziellen Austritt Großbritanniens aus der EU –, sorgte die
       Coronapandemie bis Juni für eine monatelange Unterbrechung. Die
       Verhandlungsführer Michel Barnier und David Frost erkrankten.
       Zoom-Konferenzen ersetzten Direktgespräche. Das britische
       Binnenmarktgesetz, das die Nordirland-Klauseln des bestehenden
       Brexit-Abkommens von 2019 aushebelte, vergiftete das Klima. Ab Mitte
       Oktober standen die Gespräche immer wieder kurz vor dem Scheitern. Beide
       Seiten begannen No-Deal-Vorbereitungen.
       
       Eine Annäherung war auch physisch schwierig: Wegen der Coronaregeln mussten
       die Unterhändler, sofern sie überhaupt im selben Gebäude saßen, mindestens
       1,5 Meter Abstand zueinander halten. Sie verhandelten in fensterlosen
       Brüsseler Kellergeschossen, 12 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.
       
       Noch am vergangenen Montag sagte der britische Premierminister zur
       EU-Kommissionschefin: „Das kann ich nicht unterschreiben, Ursula.“ So
       zumindest berichtete es der hervorragend vernetzte Politikchef der
       britischen Sunday Times, Tim Shipman. Frankreich hatte da gerade
       milliardenschwere Strafzölle in beliebigen Wirtschaftssektoren als
       Ausgleich für den Verlust von Fangrechten verlangt.
       
       ## Und dann brach die Verbindung ab
       
       Auf Chefebene wurde das geklärt: [2][Johnson ruderte im Fischereistreit ein
       wenig zurück, Ursula von der Leyen kam ihm ein wenig entgegen], auch bei
       der Frage, wie viele Autoteile aus Asien die in Großbritannien gefertigten
       Toyota- und Nissan-Autos haben dürfen, um weiter zollfrei in die EU zu
       gelangen – ein wichtiger Punkt in dem britischen Bestreben, europäischer
       Marktführer für Elektroautos zu werden.
       
       Am Mittwoch, so die Berichte, stritt man sich auf Chefebene nur noch über
       die Übergangszeit, nach der die geltenden EU-Fischfangrechte in britischen
       Gewässern endgültig enden: Von der Leyen wollte sechs Jahre, Johnson fünf.
       Dann brach die Verbindung ab, drei ewige Minuten lang. Plötzlich, so
       schildert es Shipman, war die EU-Chefin wieder in der Leitung: „Ich bin
       noch da. Fünfeinhalb?“
       
       27 Dec 2020
       
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