# taz.de -- Atomkraftwerk in Belarus: Gefährliche Gigantomanie
       
       > Belarus hat sein AKW in Betrieb genommen. Dadurch braucht das Land
       > weniger russisches Gas, macht sich aber von russischen Gläubigern
       > abhängig.
       
 (IMG) Bild: Machthaber Alexander Lukaschenko auf AKW-Visite am Wochenende
       
       In den Tagen, in denen das neue belarussische AKW Strom eingespeist habe,
       habe das Land schon eine Million Dollar eingespart, die es ansonsten
       Russland für den Import von Erdgas bezahlt hätte, verkündete das
       belarussische Energieministerium stolz. Und schiebt nach, dass man sich pro
       Jahr Einsparungen von 500 Millionen US-Dollar durch das AKW erwarte.
       
       Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache, legen nahe, dass die Gründe
       für den Bau woanders liegen. Mag sein, dass [1][Belarus mit dem neuen AKW]
       weniger abhängig von russischen Energielieferungen ist. Doch das Land hat
       nur eine Abhängigkeit gegen eine neue Abhängigkeit getauscht. Das AKW wurde
       mit russischen Krediten gebaut, die Brennstäbe kommen aus Russland, und die
       Rücknahme abgebrannter Brennstäbe wird Russland übernehmen.
       
       Der Hang zur Gigantomanie ist gefährlich, in undemokratischen Staaten
       besonders. Wer meint, die Inbetriebnahme eines technischen Großprojekts wie
       eines AKWs solle man von politischen Fragen wie Wahlfälschungen und
       Menschenrechtsverletzungen trennen, möge bitte erklären, wie eine
       gesellschaftliche Kontrolle von ökologisch gefährlichen Projekten in einem
       Land möglich ist, in dem Jagd auf Journalisten, Demonstranten und eben auch
       Umweltschützerinnen gemacht wird.
       
       Gefährlich an dem Projekt ist auch der Umstand, dass Lukaschenko nicht
       zwischen militärischer und ziviler Nutzung von Atomenergie zu unterscheiden
       versteht. Seine Bemerkung, nun sei man Atomstaat, sollte zu denken geben.
       Niemand käme auf die Idee, Staaten wie Finnland oder Belgien als
       Atomstaaten zu bezeichnen, nur weil sie AKWs haben. War da vielleicht der
       Wunsch der Vater von Lukaschenkos Gedanken? Mit [2][Rosatom] hat Belarus,
       in dem zu Zeiten der Sowjetunion Atomwaffen stationiert waren, einen
       Partner, der auch Atomwaffen entwickelt.
       
       Europa sollte die Balten, allen voran die Litauer, nicht im Regen stehen
       lassen. Es sollte sich an Lettland ein Beispiel nehmen. Dort verlangt man
       von Russland Herkunftszertifikate für importierten Strom.
       
       9 Nov 2020
       
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