# taz.de -- Proteste gegen Castortransport: „Nix rein, nix raus“
       
       > Zum ersten Castortransport seit neun Jahren machen AKW-Gegner*innen
       > mobil. Solange Meiler weiterlaufen, sei Protest angebracht, sagt Kerstin
       > Rudek.
       
 (IMG) Bild: Der Atomausstieg kommt, Endlager Gorleben ist auch passé. AKW-GegnerInnen machen trotzdem mobil
       
       taz: Der erste Castortransport seit neun Jahren: Protestieren Sie aus
       Nostalgie, Frau Rudek? 
       
       Kerstin Rudek: Nein, ganz bestimmt nicht. Wir protestieren, weil es noch
       nicht vorbei ist. Das Problem mit dem Atommüll ist weiter nicht gelöst.
       
       Der Atomausstieg steht unmittelbar bevor, die letzten Meiler gehen 2022 vom
       Netz. Gorleben ist vom Tisch. Warum überhaupt noch dieser Protest? 
       
       Ja, Gorleben als Endlagerstandort ist aus dem Suchprozess ausgeschieden.
       Zum ersten Mal soll nun nach wissenschaftlichen Kriterien und nicht
       willkürlich politisch beurteilt werden. Das heißt aber auch: Wir stehen
       erst am Anfang der Suche eines Atommüllendlagers. Neben den noch sechs
       Atomkraftwerken, die in Deutschland noch in Betrieb sind, gibt es die
       Urananreicherungsanlage von Gronau und die Brennelementefabrik in Lingen.
       Diese beiden Anlagen produzieren unbefristet weiter Atommüll. Solange es
       kein Konzept gibt, wie man diesen Müll dauerhaft verwahren will, dürfen
       keine weiteren Transporte stattfinden. Nix rein, nix raus.
       
       Aber der Müll muss doch irgendwo hin? 
       
       [1][Ich wohne in der Nähe des Zwischenlagers von Gorleben.] Dort stehen 113
       Castorbehälter. Die strahlen vor sich hin. In dieser Halle, wir nennen sie
       Kartoffelscheune, sind die hochgefährlichen Behälter weder gesichert vor
       Flugzeugabstürze noch gegen Terrorangriffe. Ich würde mich trotzdem nicht
       hinstellen und fordern, dass diese Castorbehälter abtransportiert werden
       müssen. Wo sollen sie denn hin?
       
       [2][Die Briten sollen auf dem deutschen Atommüll] sitzen bleiben, bis die
       Endlagerfrage geklärt ist? Das kann noch 30 bis 50 Jahre dauern. 
       
       Bei der Atomindustrie in nationalstaatlichen Grenzen zu denken ist
       Augenwischerei. Wir haben es mit multinationalen Unternehmen zu tun, die,
       egal in welchen Ländern, ihre Atomgeschäfte betreiben. Es sind Konzerne,
       die sich eine goldene Nase verdient haben, die Gewinne einbehalten, aber
       jetzt die Lasten und Kosten sozialisieren. Allein in den letzten Monaten
       hat es drei Atommülltransporte von Gronau nach Russland gegeben. Im
       deutschen Atomgesetz steht, dass solche Transporte verboten sind. Das wird
       dann aber einfach als Wertstoff deklariert. Und so spart die Urenco, der
       Betreiber der Anlage in Gronau, einen Haufen Geld. Dafür wird unser
       deutscher Atommüll in Russland auf freien Feldern abgestellt. Bei den
       Betreibern handelt es sich um transnationale Unternehmen. Sie versuchen
       ganz bewusst die Länder gegeneinander auszuspielen.
       
       Was schlagen Sie vor? 
       
       Als Erstes gilt: Es darf kein zusätzlicher Müll produziert werden, alle
       Meiler müssen ausgeschaltet werden. Dann müssen wir wissen, was mit dem
       Müll geschieht. Es ist doch schon jetzt klar, dass die Behälter, die nun
       nach Biblis transportiert werden, dort nicht bleiben können. Die Transporte
       an sich sind gefährlich. Das Unfallrisiko ist hoch, es gibt zusätzliche
       Strahlenbelastung. Und das darf man den Menschen nicht zumuten. Nirgendwo.
       
       4 Nov 2020
       
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