# taz.de -- Neue Coronamaßnahmen in Frankreich: Ausgefeiert
       
       > Die über mehrere Städte Frankreichs verhängte nächtliche Ausgangssperre
       > ist Zeichen für das Versagen Macrons. Die Konsequenzen muss das Volk
       > tragen.
       
 (IMG) Bild: Gähnende Coronaleere: die Metro von Paris während der neuerlichen nächtlichen Sperrstunde
       
       Seit Samstag ist eine [1][Ausgangssperre von abends 21 Uhr bis 6 Uhr] früh
       in Kraft. Was von den wenigen kulturellen, sportlichen, [2][gastronomischen
       Freizeitvergnügen] noch erlaubt war, fällt für ein Drittel der
       Gesamtbevölkerung wegen der frühen Sperrstunde bis auf Weiteres ins Wasser.
       
       Da laut Ansicht der Spezialisten aber die große Mehrheit der Ansteckungen
       mit dem Coronavirus tagsüber, und vor allem auf der Arbeit oder auf dem Weg
       dorthin, erfolgen, erscheint das staatliche Verbot, sich nach der Arbeit zu
       amüsieren, weitgehend irrational oder zumindest inkonsequent.
       Staatspräsident Macron wollte um jeden Preis eine zweite Lockdown-Periode
       mit einer weitgehenden Lähmung der Wirtschaft wie im Frühling vermeiden. Er
       gibt der Arbeit (wenn möglich im Homeoffice) die Priorität, die Freizeit
       muss warten.
       
       Hatte die Regierung eine andere Wahl? Das ist aus der Sicht der Kritiker
       die falsche Fragestellung. Sie wollen stattdessen wissen, wie es so weit
       kommen konnte, dass [3][das Gesundheitswesen, auf das die Nation so stolz
       war, derart überfordert] ist. Und auch, warum die zu jeglicher Antizipation
       unfähigen Behörden des Zentralstaats jedes Mal mit großer Verspätung
       reagiert haben. Nur 35 Prozent der befragten Bürger und Bürgerinnen
       vertrauen heute noch der Staatsführung im Kampf gegen Covid-19.
       
       Und das wird sich so schnell nicht ändern, denn die Anordnung einer
       Ausgangssperre in neun Großstadtregionen ist das Eingeständnis eines
       kollektiven Misserfolgs der bisherigen Bemühungen. In einem
       Fernsehinterview wollte Macron freilich kein „Scheitern“ eingestehen, er
       räumte bloß ein, alles habe „nicht geklappt“. Der Unterschied ist ebenso
       wenig verständlich wie die gesamte Kommunikation der Regierung in Sachen
       Prävention.
       
       Heute haben viele den Eindruck, für das Fiasko einer unfähigen Obrigkeit
       mit der Einbuße ihrer Freiheit einen hohen Preis bezahlen zu müssen. Für
       eine Mehrheit in Frankreich steht schon fest, dass die Staatsführung von
       Beginn weg nur ihre Unterlassungen und ihre Inkompetenz vertuschen wollte
       und damit für das tragische Versagen im Kampf gegen Corona der Nation
       Rechenschaft schuldig ist.
       
       [4][Gegen ehemalige und amtierende Regierungsmitglieder] und Spitzenbeamte
       der Gesundheitsdirektion, deren Büros und Privatwohnung in dieser Woche
       polizeilich durchsucht wurden, läuft wegen Strafklagen ein gerichtliches
       Verfahren.
       
       18 Oct 2020
       
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