# taz.de -- Parteijubiläum in Nordkorea: Jubeln in der Nacht
       
       > Die Arbeiterpartei Nordkoreas feiert ihr 75-jähriges Bestehen – auch mit
       > neuen Waffen. Das Spektakel war selbst für Pjöngjang ungewöhnlich.
       
 (IMG) Bild: Blockbuster am Bahnhof von Seoul: Fernsehberichte über die Militärparade in Nordkorea
       
       Pjöngjang/Seoul dpa | Zum 75. Gründungstag der herrschenden Arbeiterpartei
       hatte sich [1][Nordkorea] etwas ganz Besonderes überlegt, um Stärke zu
       demonstrieren: eine nächtliche Militärparade. Das Staatsfernsehen zeigte am
       Samstagabend (Ortszeit) Bilder von den Jubiläumsfeiern mit Tausenden im
       Stechschritt marschierenden Soldaten, mit Raketen beladenen Fahrzeugen,
       jubelnden Menschenmassen und einem Feuerwerk im Zentrum der Hauptstadt
       Pjöngjang.
       
       Er wünsche allen Menschen der Welt, die gegen das Coronavirus kämpften,
       eine gute Gesundheit, sagte der teils emotional wirkende [2][Machthaber Kim
       Jong Un] vor dem Beginn der Heerschau in einer Rede unter nächtlichem
       Himmel. „Ich sende auch warmherzige Grüße an die Südkoreaner mit demselben
       Wunsch.“
       
       Das Militär in Südkorea ging davon aus, dass die Feierlichkeiten in der
       Nacht zum Samstag stattfanden. Sie wurden aufgezeichnet. Nordkorea ist
       wegen seines Atomwaffenprogramms harten internationalen Sanktionen
       unterworfen und diplomatisch weitgehend isoliert.
       
       Kim kündigte an, Nordkorea werde die Streitkräfte für die
       Selbstverteidigung und Abschreckung ausbauen. Nur so könnten „sämtliche
       gefährlichen Versuche und Aktionen einschließlich wachsender nuklearer
       Bedrohungen der feindseligen Kräfte“ kontrolliert werden. Kim ging dabei
       jedoch nicht auf die USA ein, denen Pjöngjang regelmäßig eine feindliche
       Politik vorwirft.
       
       Der in einem grauen Anzug und mit Krawatte gekleidete Kim hielt seine Rede
       auf einem Podium auf dem Kim-Il-Sung-Platz, der hell erleuchtet war. Als er
       die Bühne betrat, war es Mitternacht. Die Rede wurde wiederholt
       unterbrochen von Jubelrufen und Beifall der Massen. Einige Soldaten und
       Zivilisten weinten. Niemand trug eine Maske zum Schutz gegen das
       Coronavirus; Nordkorea hat bisher keinen einzigen Infektionsfall gemeldet.
       
       ## Schöne neue Waffen
       
       Bei der anschließenden Militärparade präsentierte die selbst erklärte
       Atommacht ballistische Raketen verschiedener Reichweiten. Dabei sei auch
       eine neuartige Interkontinentalrakete vorgeführt worden, berichtete die
       südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. Experten vermuteten demnach, dass
       die Rakete weiter als die nordkoreanische Rakete vom Typ Hwasong-15 fliegen
       könne, die eine Reichweite von mehr als 12.800 Kilometern habe. Es scheine
       jedoch so, als ob die neue Rakete nicht mehrere Sprengköpfe befördern
       könne.
       
       Kim Jong Un hatte Ende 2019 bei einem Parteitreffen gedroht, die Welt werde
       in naher Zukunft eine „neue strategische Waffe“ seines Landes erleben. Er
       erklärte damals außerdem, dass sich Pjöngjang grundsätzlich nicht mehr an
       sein Moratorium für Tests von Atombomben und Interkontinentalraketen
       gebunden sehe. Hintergrund sind die stockenden Nuklearverhandlungen der
       kommunistischen Führung mit den USA. Seit dem gescheiterten
       [3][Gipfeltreffen der beiden Länder im Februar 2019 in Vietnam] kommen die
       Gespräche nicht mehr voran.
       
       Pjöngjang nutzt oft wichtige Feier- oder Gedenktage dazu, militärische
       Stärke zu zeigen. Als ungewöhnlich galt diesmal die Tageszeit für die
       Waffenschau. Zunächst hatte der Generalstab in Südkorea mitgeteilte, dass
       es Anzeichen dafür gebe, dass in Pjöngjang eine große Militärparade in den
       frühen Morgenstunden stattgefunden habe. Nach Ansicht von Beobachtern
       erhoffte sich die Führung von dem nächtlichen Massenspektakel
       offensichtlich eine größere Wirkung. „Die Entscheidung, das zu Beginn der
       Nacht abzuhalten, macht Sinn, mit Kim Jong Uns scharfer, emotionaler
       Betonung, die Widrigkeiten zu überwinden“, schrieb der Nordkorea-Experte
       Ankit Panda auf Twitter. Damit solle suggeriert werden: „Das Licht der
       Arbeiterpartei wird die Dunkelheit durchdringen.“
       
       10 Oct 2020
       
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