# taz.de -- Nassehi bei Konrad-Adenauer-Stiftung: Der über den Gartenzaun schaut
       
       > Der linksliberale Soziologe Armin Nassehi soll ein Jahr lang
       > „intellektuelle Unruhe“ in die CDU-nahe Stiftung bringen. Und über
       > Schwarz-Grün denken.
       
 (IMG) Bild: Er soll für konstruktive Unruhe bei den Konservativen sorgen: Armin Nassehi
       
       Es kann nicht schaden, immer mal wieder über den Gartenzaun zu schauen. Was
       machen die anderen anders, besser? Wo sind sie schon weiter – und welche
       Projekte könnte man gegebenenfalls besser gemeinsam angehen? So in etwa
       darf man sich die Berufung von Armin Nassehi vorstellen. Der linksliberale
       Soziologe wird ab dem 1. Oktober für ein Jahr Fellow der CDU-nahen
       Konrad-Adenauer-Stiftung, kurz KAS.
       
       Nassehi, 1960 in Tübingen geboren, kann selbst nicht recht erklären, was
       Fellow eigentlich meint. „Es heißt jetzt halt Fellow“, sagt er der taz.
       „Was es nicht heißt: Ich arbeite da natürlich nicht für die CDU, sondern
       für die Sache.“ Und die Sache, das ist kurz gesagt die Sprachfähigkeit
       einer konservativen Partei in einem wichtigen Wahljahr.
       
       Das sieht auch KAS-Chef Norbert Lammert ähnlich. Mit Nassehis Berufung
       wolle man eine „intellektuelle Unruhe“ in das Haus am Berliner Tiergarten
       holen. „Eine politische Stiftung muss ihre eigenen Themen und Projekte
       immer wieder infrage stellen“, sagt Lammert der taz. Er freue sich, dass
       Armin Nassehi die KAS ein Jahr lang kritisch begleiten werde.
       
       Tatsächlich könnte es mit dem Münchner Soziologieprofessor spannend werden.
       Nassehi ist dafür bekannt, in die unaufgeräumten gesellschaftlichen
       Diskursräume vorzudringen. Ob Sterbehilfe, Zwangsarbeit oder wie erst im
       letzten Jahr mit seinem Buch [1][„Muster“] über den digitalen Raum – stets
       geht es ihm um das, was sich noch fremd anfühlt und erkundet werden muss.
       Er ist ein beliebter Interview- und Gesprächspartner, auch deshalb, weil er
       auf sehr griffige Weise Themen und Befindlichkeiten erörtert, so dass man
       Lust bekommt, sich selbst eingehender damit zu befassen. In komplexen
       Zeiten sind scharfe Denker wie Nassehi gute Berater.
       
       ## „Ihre eigenen Leute herausfordern“
       
       Warum denkt so einer nicht lieber für die Grünen nach, denen er, wie er
       selbst sagt, [2][nahesteht]. Er fände es richtig gut, sagt Nassehi, dass
       die CDU-nahe Adenauer-Stiftung gerade ihn zum Austausch einlade. „Die
       wollen ihre eigenen Leute herausfordern.“ Die Themen des anstehenden
       Wahljahres – noch dazu in Coronazeiten – lägen ja auf der Hand:
       Klimawandel, soziale Ungleichheit, erstarkende Nationalstaaten im
       Zusammenhang mit der europäischen Integration.
       
       Auf das Jahr mit der Adenauer-Stiftung freut er sich. Das Projekt sei schon
       deshalb spannend, weil es um das Herzstück der Regierungspolitik der
       kommenden Jahre gehe. Die CDU sei stark, verliere aber WählerInnen in der
       urbanen, gerade weiblichen Mitte. Es werde für die Konservativen darum
       gehen, sich über die Methodik ihres eigenen sozialen Wandels klar zu
       werden. Da werde er der Adenauer-Stiftung „einiges zumuten“. Immerhin gehe
       es 2021 um eine mögliche Koalition mit den Grünen. Klingt wie abgesprochen.
       Lammert nämlich antwortet auf die Frage nach Nassehis Auftrag ähnlich. Die
       KAS wolle mit ihm „auf traditionelle Schwerpunkte wie auf aktuelle
       gesellschaftliche Entwicklungen sehr bewusst einen Blick von außen werfen“.
       Nun denn.
       
       29 Sep 2020
       
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