# taz.de -- EU-Sondergipfel zu Belarus: Die EU will helfen – aber wie?
       
       > Die Staats- und Regierungschefs wollen in einer Videokonferenz über
       > Belarus beraten. Die Erwartungen sind hoch, das Ergebnis ist kaum
       > absehbar.
       
 (IMG) Bild: EU-Ratspräsident Charles Michel lässt bei der Unterstützung von Belarus einen klaren Kurs vermissen
       
       Brüssel taz | Die EU will die Demokratiebewegung in Belarus unterstützen
       und das Land vor einer möglichen russischen Intervention bewahren. Das
       sagte Ratspräsident Charles Michel [1][vor einem kurzfristig anberaumten
       EU-Sondergipfel, der am Mittwoch als Videokonferenz stattfinden soll]. „Es
       sollte keine ausländische Einmischung geben“, so Michel.
       
       Das hindert die EU freilich nicht daran, sich nun selbst einzumischen –
       wenn auch aus sicherer Entfernung und ohne Gewalt. Bereits am Freitag
       hatten die Außenminister neue Sanktionen auf den Weg gebracht. Die
       Strafmaßnahmen sollen vor allem die Verantwortlichen für [2][Polizeigewalt
       und Wahlfälschungen] treffen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wurde
       zudem beauftragt, ein Konzept für einen Dialog mit der Demokratiebewegung
       vorzulegen.
       
       Allerdings ist unklar, ob und wie die EU helfen kann. An den Sanktionen
       werde noch gearbeitet, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission, die Liste
       mit Nahmen, gegen die sich die Strafmaßnahmen richten, werde beim
       Sondergipfel noch nicht vorliegen. Auch das neue Belarus-Konzept sei noch
       nicht fertig. Wenn nicht alles täuscht, müssen Bundeskanzlerin Angela
       Merkel und die anderen 26 Staats- und Regierungschefs am Mittwoch
       improvisieren.
       
       Dabei stehen sie unter hohem Erwartungsdruck. So fordert das
       Europaparlament, dass die EU von Machthaber Alexander Lukaschenko abrücken
       und Neuwahlen durchsetzen solle. Es wäre eine Zäsur: Bisher haben die
       Europäer vertrauensvoll auf Lukaschenko und auf eine vorsichtige Öffnung
       gesetzt. Vor vier Jahren wurden sogar die Sanktionen gegen den „letzten
       Diktator Europas“ gelockert.
       
       ## Oppositionelle Tichanowskaja lehnt EU-Sanktionen ab
       
       Hohe Erwartungen hat auch die Demokratiebewegung in Minsk. Allerdings lehnt
       sie die neuen EU-Sanktionen ab. Die Strafmaßnahmen seien verfrüht, erklärte
       [3][die Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja], man wolle die Täter
       selbst richten. Zudem strebt die Mehrheit der Weißrussen keine Annäherung
       an die EU an. Europafahnen waren bei den Protesten gegen Lukaschenko nicht
       zu sehen.
       
       Erschwerend kommt hinzu, dass die EU-Granden hinter den Kulissen um den
       richtigen Kurs streiten. Zunächst hatte Kommissionschefin Ursula von der
       Leyen versucht, den Ton anzugeben, und eine engere Zusammenarbeit mit
       Belarus versprochen. Dann schaltete sich Bundesaußenminister Heiko Maas ein
       und forderte Sanktionen. Nun setzt Ratspräsident Michel mit seinem Gipfel
       noch einen drauf.
       
       Allerdings lässt Michel in seiner Einladung einen klaren Kurs vermissen. Er
       spricht sich für eine Debatte aus, nennt aber kein Ziel. In Brüssel weiß
       denn auch niemand zu sagen, was bei dem Krisengipfel herauskommen könnte.
       Deeskalation, Dialog, Demokratie – bisher sind das nur schöne Worte, eine
       Strategie ist nicht zu erkennen.
       
       19 Aug 2020
       
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