# taz.de -- Neuer Studiengang für Betriebsrät*innen: In Teilhabe investieren
       
       > Ab Januar gibt es an der Uni Bremen einen deutschlandweit einmaligen
       > Masterstudiengang für Personal- und Betriebsrät*innen.
       
 (IMG) Bild: Der Studiengang „Arbeit-Beratung-Organisation“ ist als berufsbegleitende Weiterbildung konzipiert
       
       Bremen taz | Anfang nächsten Jahres beginnt an der Uni Bremen ein neuer
       [1][Masterstudiengang: „Arbeit-Beratung-Organisation. Prozesse partizipativ
       gestalten“] heißt die berufsbegleitende Weiterbildung für betriebliche
       Interessenvertreter*innen wie Betriebs-, Personalrät*innen,
       Gleichstellungs- oder Schwerbehindertenbeauftragte. „Deutschlandweit
       einmalig“ sei dieser, heißt es in der Mitteilung der Universität.
       
       Träger des Studiengangs sind das [2][Zentrum für Arbeit und Politik (ZAP)]
       der Uni Bremen, die Akademie für Weiterbildung und die Arbeitnehmerkammer
       Bremen. In drei Themenblöcken, die auch einzeln absolvierbar sind, so
       erklärt Programmleiterin Simone Hocke vom ZAP, würden verschiedene
       Kompetenzen gefördert werden. „Betriebsräte beraten viel, meist aber aus
       dem Bauch heraus.“
       
       Der erste Teil „Arbeitsbezogene Beratung“ soll daher zur
       Professionalisierung dienen. „Es geht um die Selbstreflexion der eigenen
       Rolle“, sagt Hocke, um die Vermittlung von Methoden in der Einzel- und
       Gruppenberatung. Und um die Unterscheidung: „Wann sind Betriebsräte
       eigentlich in der Position, für die Mitarbeitenden etwas zu regeln – und
       wann braucht es vielmehr die Unterstützung dieser beim Einstehen für ihre
       Interessen?“
       
       Außerdem werde in einem weiteren Block vermittelt, was unter guter Arbeit
       verstanden wird. Expert*innen der Arbeitnehmerkammer seien eng involviert.
       Zuletzt geht es um „Partizipative Personal- und Organisationsentwicklung“.
       Betriebsrät*innen, so Hocke, bräuchten Kenntnisse über Veränderungsprozesse
       im Betrieb, über Organisationsmodelle, über die Beteiligung von
       Mitarbeitenden – „um strategisch mitzuarbeiten, und nicht nur Feuerwehr zu
       sein“.
       
       Einige Unternehmen förderten dies bereits, sagt Hocke, „andere haben
       Interesse daran, dass Betriebsräte lieber nicht zu schlau werden“. Am Ende
       sei es jedoch immer besser, jemanden zu haben, der Chancen und Risiken
       abschätzen kann. „Sonst neigt man eher dazu, zu allem erst einmal nein zu
       sagen.“
       
       Lehrende kommen aus der Wirtschaftspsychologie, Betriebswirtschaftslehre,
       Soziologie und Politikwissenschaft. „So interdisziplinär ist auch die
       Arbeit von Betriebsräten“, sagt Hocke. Und ihre Aufgaben würden aufgrund
       der Veränderungen in der Arbeitswelt komplexer werden. Digitalisierung,
       demografischer Wandel, Fachkräftemangel und neue Organisationsformen: „Die
       Tendenz geht stärker zur Arbeitnehmerbeteiligung, daher nehmen Betriebsräte
       immer mehr eine moderierende Rolle ein.“ Für diese Rolle benötige es
       entsprechende Fortbildungen.
       
       Neben den strukturellen Veränderungen der Arbeitswelt gehe es schlicht auch
       um Mitbestimmung, sagt Annette Düring, Geschäftsführerin des DGB
       Bremen-Elbe-Weser. „Darum kämpfen Betriebsräte jeden Tag.“ Deswegen sei es
       so wichtig, einen Raum zu schaffen, in dem diese [3][gesellschaftliche und
       arbeitsrechtliche Fragen] diskutieren können. „Betriebsräte sind das
       Scharnier zwischen Unternehmen und Beschäftigten“, sagt Düring. Es gehe
       darum, die Arbeitswelt gemeinsam zu gestalten.
       
       „Gut ausgebildete Betriebsräte sind in der Lage, auf Augenhöhe mit
       Arbeitgebern gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu gestalten“,
       sagt auch Stefanie Laßmann, die Referentin im Bereich Mitbestimmung von
       Ver.di Deutschland.
       
       Nach dem „schweren Ringen“ mit der Uni um die Schaffung dieses Studiengangs
       – der Sparkurs hatte sich auch hier bemerkbar gemacht – sei es nun
       „wunderbar“, so Düring, „dass Betriebsräte endlich Creditpoints für die
       Fortbildungen bekommen“. Denn das Problem sei, so Hocke, dass
       Betriebsrät*innen zwar jahrelang dafür freigestellt werden – wenn sie dann
       aber nicht wiedergewählt werden oder etwas anderes machen möchten, „haben
       sie kaum Nachweise über Kompetenzen“.
       
       Die Notwendigkeit dafür belege eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung, sagt
       Laßmann: „Betriebs- und Personalräte haben einen Bedarf von Anerkennung
       ihrer in der Zeit der Ausübung des Betriebsratsmandates erworbenen
       Kompetenzen und des Wissens.“ Die Studie sei Grundlage für die Entwicklung
       des Studiengangs gewesen.
       
       ## Demografischer Wandel fordert Betriebsräte heraus
       
       Die Anerkennung der Kompetenzen diene nicht nur der individuellen
       Erwerbsbiografie, sondern auch dem Generationenwechsel, so Laßmann. „In den
       Räten findet ein demografischer Wandel statt“, sagt auch Hocke. „Viele sind
       relativ alt und steigen in den nächsten Jahren aus.“ Die Motivation junger
       Menschen für Betriebsratsarbeit hänge davon ab, wie attraktiv diese im
       Vergleich zu einer betrieblichen Karriere ist. Wenn man keine Anreize
       schaffe, „wird es in den nächsten Jahren schwierig, Kandidaten zu finden“,
       sagt Hocke.
       
       Während der Block „Arbeitsbezogene Beratung“ inzwischen zum zweiten Mal
       startet, beginnt der gesamte Studiengang im Januar. Bewerbungsschluss ist
       der 31. Oktober. Inklusive Abschlussarbeit dauert der Studiengang vier
       Jahre; 18 Tage sind pro Jahr vor Ort oder aktuell online zu absolvieren.
       
       Der Betrieb sei als Lernort zwar durch Praxisprojekte zeitlich
       einkalkuliert, sagt Hocke, viel der Arbeit falle jedoch in die Freizeit.
       Die Kosten – 19.200 Euro für den gesamten Master, 5.600 Euro für ein
       einzelnes Zertifikat – trage in der Regel der Arbeitgeber. Problematisch:
       „Die Unternehmen investieren zurzeit nicht.“ Dabei sei es gerade in der
       jetzigen Krise wichtig.
       
       22 Aug 2020
       
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 (DIR) [1] https://www.uni-bremen.de/mabo
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 (DIR) [3] /Ausbeutung-bei-Schlachtbetrieben/!5702225
       
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