# taz.de -- Corona in Tönnies-Fleischfabrik: Laschet gegen Lockdown
       
       > Trotz mehr als 1.300 infizierter Mitarbeiter erkennt
       > NRW-Ministerpräsident Laschet keine Ausbruchsgefahr für die Region.
       
 (IMG) Bild: Quarantäne wegen Tönnies: Im Verler Stadtteil Sürenheide sind mehrere Wohnblocks abgeriegelt
       
       Berlin taz | Mehr als 1.300 Corona-Infizierte beim Fleischverarbeiter
       Tönnies im Landkreis Gütersloh – Nordrhein-Westfalens [1][Ministerpräsident
       Armin Laschet] (CDU) hält einen Lockdown dennoch nicht für notwendig. Es
       gebe zwar „ein enormes Pandemie-Risiko“, sagte Laschet am Sonntag nach
       einem Treffen mit dem Krisenstab in Gütersloh. Das Infektionsgeschehen sei
       aber klar bei der Firma Tönnies lokalisierbar, und es gebe keinen
       „signifikanten Übersprung“ hinein in die Bevölkerung. Das öffentliche Leben
       müsse nicht komplett heruntergefahren werden.
       
       Die Zahl der [2][Corona-Infizierten in der Tönnies-Fleischfabrik] in
       Rheda-Wiedenbrück ist bis Sonntagnachmittag auf 1.331 gestiegen. Insgesamt
       6.139 Tests seien gemacht worden, teilte die Kreisverwaltung mit. „Bei den
       Testungen zeigte sich, dass die Zahl der positiven Befunde außerhalb der
       Zerlegung deutlich niedriger sind als in diesem Betriebsteil“, hieß es
       weiter. Für 21 der Infizierten ist die Lage dramatisch, sie müssen
       stationär behandelt werden, 6 Personen liegen auf der Intensivstation. Fünf
       der sechs sind nach Angaben des Kreises Tönnies-Beschäftigte.
       
       Laschet betonte, dass seine Regierung einen flächendeckenden Lockdown zwar
       auch weiterhin nicht ausschließen könne, „aber solang wir alles tun, dass
       es gelingt, dass es nicht überspringt auf die Bevölkerung, können wir
       andere, bessere, zielgerichtetere Maßnahmen ergreifen“, sagte der
       Landeschef. Sein Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kündigte
       [3][verschärfte Regeln für die Fleischindustrie] an, um den Arbeitsschutz
       zu verbessern. Freiwillige Lösungen mit ihr könne es nicht mehr geben:
       „Jetzt ist es einfach so weit, jetzt muss es geregelt werden.“
       
       Der Leiter des Krisenstabes, Thomas Kuhlbusch, berichtete von großen
       Problemen, an die Adressen der Mitarbeiter zu kommen. „Das Unternehmen
       hatte es nicht geschafft, uns alle Adressen zu liefern“, bemängelte Landrat
       Adenauer. „Das Vertrauen, das wir in die Firma Tönnies setzen, ist gleich
       null“, so Kuhlbusch.
       
       ## Tönnies-Mitarbeiter verduften
       
       Was die Ermittlungen zusätzlich erschwert: Der Kreis Gütersloh hat
       Hinweise, dass einige Beschäftigte abgereist sind. „Wir haben vermehrte
       Mobilität wahrgenommen“, sagte eine Kreissprecherin. Das sei dem Kreis von
       Bürgern zugetragen worden. „Eine Handhabe, das zu unterbinden, hatten wir
       zu der Zeit nicht.“ Der Kreis hatte die Quarantäne am Freitag angeordnet.
       Sie gilt auch für alle Haushaltsangehörigen der Beschäftigten.
       
       SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisierte den laschen Umgang der
       NRW-Landesregierung. „Die Entscheidung gegen einen lokalen Lockdown ist
       falsch“, schrieb er auf Twitter. „Der Ausbruch blieb so lange unentdeckt,
       dass er sich längst auf die Bevölkerung ausdehnen konnte.“ Auch jetzt könne
       die Quarantäne der Tönnies-Arbeiter nicht kontrolliert werden. Laschet
       mache sich und die gesamte Politik von Bund und Ländern im Umgang mit
       lokalen Infektionsausbrüchen „lächerlich und unglaubwürdig“, sagte
       Lauterbach der Rheinischen Post.
       
       Die vereinbarte Grenze von [4][50 Neuinfektionen pro Woche] je 100.000
       Einwohner sei in Gütersloh klar überschritten. „Damit bekommen die Menschen
       den Eindruck, dass die Politik sich nicht an die eigenen Regeln hält.“
       Lauterbach: „In NRW entsteht der Eindruck, als wolle man den Schweden-Weg
       durch die Hintertür einführen. (mit dpa)
       
       21 Jun 2020
       
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