# taz.de -- Interview mit AfD-Chef sorgt für Kritik: RBB versagt, Rechtsextreme jubeln
       
       > Der RBB lässt Brandenburgs AfD-Chef rund 40 Minuten in einem
       > Sommerinterview zu Wort kommen. Ohne kritisch nachzufragen. Ein
       > Wochenkommentar.
       
 (IMG) Bild: Der RBB spricht halt mit allen: „Wahlarena“ mit den Spitzenkandidaten zur Landtagswahl 2019
       
       Exakt 39 Minuten und 16 Sekunden Sendezeit, die zu viel waren. Sendezeit
       für den Rechtsextremismus – der RBB hat sich ein Eigentor geschossen. Ein
       Fehler, denn das Interview hätte nicht gegeben werden dürfen. Und die
       Reaktion der Sendeanstalt, die aufgrund hagelnder Kritik nun folgte, macht
       leider alles schlimmer.
       
       Es ist oft schwierig, als Journalist*in, richtig mit der AfD umzugehen.
       Nicht auf Provokationen hereinzufallen; nicht selbst Teil der Empörung zu
       werden, die geklickt und geklickt wird. Und dennoch über Relevantes der
       größten Oppositionspartei zu berichten.
       
       Die Vorstellung, Journalist*innen könnten die AfD durch besonders gut
       geführte Interviews entlarven, führt meistens in die Irre. Gut vorbereitet,
       kann sie so ihre Weltansicht darlegen. Strategisch provozieren. Seit Jahren
       wird vor der Verschiebung öffentlicher Diskurse gewarnt. Vor der
       Normalisierung rechtsextremen Gedankenguts. Eine Mammutaufgabe für viele
       ausgezeichnete und hart arbeitende Journalist*innen und Redaktionen. Ganz
       und gar nicht einfach.
       
       Einfach wäre es jedoch gewesen, den Fehler des RBB am vergangenen Sonntag
       zu verhindern. In der Interviewreihe „Politik am See“, plauderte der Sender
       knappe 40 Minuten mit Brandenburgs AfD-Chef Andreas Kalbitz, der gemeinsam
       mit Höcke an der Spitze des offiziell aufgelösten, aber weiterhin aktiven
       rechtsextremen „Flügels“ der Partei steht. Während das Gespräch über
       Internetanbindung im Osten, Coronamasken und Arbeitsplätze
       dahinplätscherte, nutzte Kalbitz seine Chance und inszenierte sich als
       Opfer des Verfassungsschutzes.
       
       ## Kurzer Schwenk zur HDJ
       
       Was der RBB geschehen ließ. Denn alle Spitzenpolitiker*innen aus den
       Parlamenten müssten dieses Interview bekommen, so die Argumentation. Den
       kurzen Schwenk zu seiner Verbindung zur Neonazi-Organisation Heimattreue
       Deutsche Jugend (HDJ) tat er mit „juristischen Fragen“ ab. Zurück zu
       Popcorn und harmlosem Politikgeschwafel.
       
       „Wow, ein sogar vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist bezeichneter
       AfDler bekommt beim RBB so eine Bühne. Läuft bei euch!“, kommentierte eine
       Zuschauerin das Gesehen. Der Sender widersprach zunächst: „Der
       Verfassungsschutz spricht von Hinweisen. Bewiesen ist bisher nichts.“ Ein
       Fehler, den der RBB später korrigieren musste. Denn sogar der
       Verfassungsschutz sieht das anders.
       
       Nun setzt die Reaktion des RBB-Chefs Christoph Singelnstein am
       Mittwochabend allem noch eins drauf: Die Expertise des Hauses zum Thema
       Rechtsextremismus müsse bei solchen Gesprächen besser zum Tragen kommen;
       die Zusammenarbeit der Redaktionen werde verbessert. Das Gespräch an sich
       verteidigt er – mit einem Blablabla aus „Ausgewogenheit“ der
       Berichterstattung und diese Partei müsse „zu Wort kommen“.
       
       Das ist ein Fehler. Zwischen Kalbitz „zu Wort kommen“ lassen und einem
       Interview ohne kritische Rückfragen liegen Welten. Nicht die Redaktionen
       müssen besser zusammenarbeiten: Der RBB sollte Rechtsextremismus nicht
       verharmlosen und normalisieren. Dieses flauschige Interview hätte es nicht
       geben dürfen. Kein Spiel, kein Eigentor.
       
       11 Jul 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sophie Schmalz
       
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