# taz.de -- Krankenhaus-Protest in Frankreich: „Weiße Kittel, schwarze Wut“
       
       > Das Personal der öffentlichen Krankenhäuser in Frankreich geht auf die
       > Straße. Sie wollen endlich mehr Geld – für sich und für das
       > Gesundheitssystem.
       
 (IMG) Bild: Nach der Coronakrise: Protest von PflegerInnen und ÄrztInnen in Paris
       
       Paris taz | „Ihr habt uns jeden Abend am Fenster applaudiert, jetzt zählen
       wir auf eure Unterstützung!“ Das ist die Botschaft an die französische
       Bevölkerung von Zehntausenden Beschäftigten des öffentlichen
       Gesundheitswesens, die am Dienstag in Paris demonstriert haben. Auch in
       anderen französischen Städten fanden Demonstrationen statt.
       
       Das Pflegepersonal, die Ärztinnen und Ärzte, die Angehörigen
       paramedizinischer Berufe und der Krankenhausverwaltung möchten für ihren
       Einsatz während der Covid-Pandemie mehr als ein „Merci beaucoup“ von der
       Staatsführung. Sie fordern Lohnerhöhungen statt schöner Worte der
       Anerkennung oder einer Medaille oder Orden, wie sie ihnen großmütig
       versprochen wurde.
       
       „Diese Medaille wollen wir nicht, wir werden sie bestimmt nicht tragen, Das
       ist geradezu eine Provokation“, meint Céline Philippard. Sie ist Sekretärin
       in einer Geriatrie-Abteilung im Val-d'Oise im Norden der Hauptstadt und
       Delegierte des Gewerkschaftsbunds CGT. Sie bestätigt, dass in ihrem
       Krankenhaus alle die von [1][Präsident Macron] versprochene Prämie von
       1.500 Euro erhalten hätten. Doch diese Prämie ist eben einmalig und wird
       auch nicht zur Berechnung der späteren Altersrente berücksichtigt.
       
       Die Demonstrierenden wollen eine signifikante Lohnerhöhung. Auf Schildern
       und Spruchbändern verlangen sie 300 Euro mehr pro Monat für alle ohne
       Unterschied bezüglich der Gehaltsklassen, aber auch eine deutliche Erhöhung
       des Budgets der öffentlichen Krankenhäuser sowie ein Stopp der Reduzierung
       der Bettenzahl aus reinen Kostenüberlegungen. Mit Covid-19 ist die
       Gesundheit in Frankreich zur obersten Priorität geworden – das muss nun
       aber auch im Staatshaushalt bewiesen werden.
       
       In ganz Frankreich demonstrierten an diesem Dienstag die Berufstätigen der
       Gesundheitssektors, oft in ihren weißen, hellgrünen oder blauen
       Arbeitskleidern. An der Pariser Kundgebung, wo sich schon zwei Stunden vor
       dem eigentlichen Demonstrationsbeginn Tausende lautstark vor dem
       Gesundheitsministerium hinter dem Invalidendom versammelten, war auf einem
       Transparent ein Slogan zu lesen, der konstrastreich die vorherrschende
       Stimmung verdeutlicht: „Weiße Kittel, schwarze Wut!“
       
       ## Personal fühlt sich von den Behörden missachtet
       
       [2][Die Gesundheitsdienste waren sehr schlecht auf die Coronakrise
       vorbereitet]. Das Personal fühlte sich nicht nur überlastet, sondern auch
       von den Behörden missachtet, erklärt Pierre Etien Leblanc, Arzt in der
       Intensivstation von Kremlin-Bicêtre im Süden von Paris. „Das öffentliche
       Gesundheitssystem ist krank, und das seit sehr Langem, seitdem die
       Finanzierung neu organisiert wurde. Die rechten und linken Regierungen
       hatten nur ein Ziel: die Kosten zu senken. Jetzt will die Staatsführung
       weitermachen wie vor der Covid-Krise, als wenn nichts gewesen wäre!“
       
       Derzeit laufen im Gesundheitsministerium an der Avenue Ségur Gespräche mit
       Delegierten der öffentlichen Gesundheitsdienste. „Von diesem Ségur-Palaver
       erwarte ich mir rein gar nichts“, sagt Leblanc. Sein Medizinerkollege vom
       Pariser Krankenhaus Robert Debré, Professor André Baruchel, ist auch nicht
       optimistisch: „Erstens sind die nichtmedizinischen Berufskategorien zu
       wenig repräsentiert.
       
       Das Kollektiv Inter-Urgences, das seit 15 Monaten für bessere
       Arbeitsbedingungen in den Notfall-Aufnahmen gekämpft hat, ist gar nicht
       vertreten. Und zweitens hat man uns im Voraus gesagt, dass diese
       Ségur-Gespräche nicht Verhandlungen seien, sondern nur der Anhörung
       dienen.“
       
       Dass sich die Demonstrierenden nach dem Einsatz in der Covid-Krise, der
       ihnen die Dankbarkeit der Nation eingebracht hat, mit einem Alibi-Dialog
       abspeisen lassen, scheint aufgrund der imposanten Mobilisierung an diesem
       Dienstag höchst unwahrscheinlich.
       
       16 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
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