# taz.de -- Berlin kippt Abstand in Schulen: Der Anfang vom Ende
       
       > Schritt für Schritt lockert Berlin die Corona-Beschränkungen – bislang
       > scheint der Senat mit dieser Strategie richtig zu liegen.
       
 (IMG) Bild: Ganz nah dran: Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) zu Besuch in einer Berliner Schule
       
       Ist es der erste Schritt zum Ende der Kontakteinschränkungen? Nein, nein,
       das habe man noch nicht vor, sagte die Bildungssenatorin, als sie am
       Dienstag Vollbetrieb in den Schulen nach den Ferien ankündigte. Damit das
       geht, fällt dort die 1,5-Meter-Abstandsregel. Doch nicht nur, weil die
       Antwort von Sandra Scheeres ein „noch“ enthält, dürfte damit klar sein,
       dass in absehbarer Zeit generell und nicht nur in den Schulen das
       vorgeschriebene distancing vorbei sein dürfte. Die Thüringer
       Landesregierung hat die Kontaktbeschränkungen bereits am Montag aufgehoben.
       
       Dafür gab es zwar heftige Kritik aus Bayern – unverantwortlich sei das.
       Aber wenn der Sommer nicht einen großen Rückschlag und einen rapiden
       Anstieg der Corona-Infektionen mit sich bringt, wird man auch in Bayern
       umdenken. Berlin mit seinen zwar nicht so niedrigen Ansteckungszahlen wie
       Thüringen, aber einer besseren Lage als Bayern wird sich diesem Trend nicht
       entziehen können.
       
       Schon allein, weil das distancing-freie Verhalten der Schüler aus dem
       Unterricht und vom Pausenhof sich in ihr Freizeitprogramm übertragen wird.
       Vormittags eng nebeneinander, nachmittags auf Distanz? Das würde ein zu
       hohes Differenzierungsvermögen voraussetzen.
       
       Und so wie jetzt schon Eltern mit dem Argument der Gleichbehandlung auf die
       komplette Öffnung von Kitas und Schulen drängten, werden nach den Ferien
       andere sagen: Warum nur in Schulen, warum 400.000 von 3,7 Millionen
       Berlinern bevorzugen? Umso mehr, wenn die Infektionszahlen weiter
       zurückgehen sollten. Dann wäre es zwar immer noch klüger zu warten, bis es
       überhaupt keine neuen Ansteckungsfälle mehr gibt.
       
       Aber der öffentliche Druck wird mutmaßlich zu groß sein, um das
       durchzuhalten. Das war schon bei ersten Lockerungen in den Geschäften so,
       als Wissenschaftler kritisierten, bei einem zwei, drei Wochen längeren
       Shut-down wäre man auf der sicheren Seite gewesen.
       
       Ist das nun alles richtig so? Da gilt wie so oft in Coronazeiten: Das zeigt
       sich erst versetzt, gut 14 Tage nach Schulbeginn, nach zwei Wochen
       Inkubationszeit. Bislang scheint der Senat mit seiner
       „Schrittweise-Strategie“ richtig zu liegen: ausprobieren, beobachten,
       Ergebnisse abwarten, erst dann weitere Lockerungen.Fraglich ist bloß, warum
       der Senat bei den Schulen das Ende des Abstandsgebots nicht mit einer
       Maskenpflicht verbindet, wie es etwa der Philologenverband fordert.
       
       Ähnliches hat diese Woche auch der SPD-Innenexperte Tom Schreiber mit Blick
       auf Demonstrationen vorgeschlagen, wo der Abstand zuletzt am Alexanderplatz
       nicht durchsetzbar war. Das würde weit besser zur „Schrittweise-Strategie“
       passen – später wieder aufheben ließe sich die Maskenpflicht immer noch.
       
       13 Jun 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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