# taz.de -- Britische Rundfunkanstalt: Pepsis früherer PR-Chef leitet BBC
       
       > Vom „Guardian“ verspottet, von Konservativen gefeiert: Tim Davie gilt als
       > wirtschaftsnah und zäh – gute Voraussetzungen für die Herausforderungen.
       
 (IMG) Bild: „Marketing-Guru“: Tim Davie
       
       And the winner is: Tim Davie. Wenn der 53-Jährige Anfang September als
       „Director General“ (DG) den Intendantenposten bei der BBC übernimmt, wartet
       allerdings ein „Höllenjob“ auf ihn. Wer das meint? [1][Die BBC
       höchstselbst], die anders als die meisten Medien in Deutschland durchaus
       kritisch und unabhängig über sich selbst berichtet.
       
       Denn die konservative britische Regierung hat die Mutter aller
       Öffentlich-Rechtlichen zum Lieblingsfeind erkoren. Dominic Cummings, der
       umstrittene Chefeinflüsterer von Premierminister Boris Johnson, will die
       „Glaubwürdigkeit der BBC unterminieren“ und hätte für seine durchsichtigen
       Zwecke lieber ein „Äquivalent zu Fox News“.
       
       Dank dieser akuten Bedrohungslage hatte Tim Davie als Kandidat leichtes
       Spiel, auch wenn zunächst Charlotte Moore (51) als Favoritin für den Job
       galt. Sie hätte als erste Frau an der BBC-Spitze auch gendermäßig für
       Aufbruch gestanden und ist aktuell als „Director of Content“ für sämtliche
       Inhalte der BBC auf allen Sendern und Plattformen zuständig. Doch auch wenn
       mittlerweile die beiden großen Privatsender ITV und Channel 4 von Frauen
       geführt werden, bei der BBC muss der Aufbruch warten, um den Abbruch zu
       verhindern.
       
       [2][Davie ist den Konservativen schlicht leichter zu vermitteln], heißt es
       BBC-intern. Schließlich kommt er aus ihrem Milieu: Studium in Cambridge,
       dann erfolgreiche Karriere als PR-Chef bei Industrieriesen wie Procter &
       Gamble oder Pepsi. Auch der „Commander of the British Empire“, der
       niederste britische Ritterschlag, hat ihn schon ereilt.
       
       ## Aus der Etage der BBC-Familie
       
       Und noch wichtiger: Für ebendiese Konservativen trat Davie in den 1990er
       Jahren zweimal als Kandidat in der Londoner Lokalpolitik an und war
       stellvertretender Vorsitzender des Ortsvereins Hammersmith/Fulham. Bis
       heute gilt er als enger Freund von Stephen Greenhalgh, der als für
       Gebäudesicherheit und Communities zuständiger Minister in [3][Boris
       Johnsons] Regierung sitzt.
       
       Davie gehört schon seit 2005 zu den oberen Etagen der BBC-Familie. Damals
       wurde er als neuer Marketing-Chef geholt. 2008 wechselte er auf die
       redaktionelle Seite und übernahm die Leitung aller sechs nationalen
       Radiowellen der BBC. Sogar seinen neuen Job durfte er schon kurz
       ausprobieren. Im November 2011 stolperte der damals erst seit wenigen
       Monaten amtierende BBC-Chef George Entwistle über die Berichterstattung
       eines Kindesmissbrauchs-Skandals, in den auch BBC-Moderatoren involviert
       waren. Als kommissarischer Director General stand Davie bis April 2013 an
       der BBC-Spitze.
       
       Dann übernahm der jetzt abtretende DG Tony Hall. Als Belohnung wurde Davie
       danach Chef bei BBC Worldwide, einer Tochterfirma, die die weltweiten
       kommerziellen Aktivitäten der BBC managt.
       
       Vor zwei Jahren wurde BBC Worldwide dann unter seiner Führung mit allen
       britischen Produktionsbereichen zusammengelegt und heißt seitdem BBC
       Studios. Der BBC-Studios-Boss Davie verdient aktuell 642.000 Pfund (rund
       720.000 Euro) im Jahr, muss als Director General aber mit deutlich weniger
       auskommen.
       
       Das für die Kandidat*innen-Auswahl und Gehaltsverhandlungen zuständige
       Aufsichtsgremium BBC-Board legte sein Gehalt auf 450.000 Pfund (rund
       505.000 Euro) fest, nach einem Jahr gibt es 75.000 Pfund mehr.
       
       Doch bevor jetzt Intendant*innen hierzulande vor Neid erblassen: Dafür
       muss sich Davie auch ziemlich nackig machen. Im Internet listet die BBC
       penibelst alle Spesenabrechnungen und Buchungsvorgänge ihres Top-Managers
       auf. Transparenz hat eben ihren Preis.
       
       Ob Davie die richtige Wahl angesichts der Herausforderungen ist, vor denen
       die BBC steht, ist schwer abzuschätzen. Der Guardian spöttelt über den
       „Marketing-Guru“ Davie. Immerhin hatte der in den letzten Jahren deutlich
       lukrativere Jobs – unter anderem den Chefposten bei der Premier League –
       abgelehnt, um bei der BBC zu bleiben. Und: Davie gilt als Asket und
       extremer Langstreckenläufer. Angesichts der aktuellen Lage der BBC eine
       brauchbare Eigenschaft.
       
       10 Jun 2020
       
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