# taz.de -- VW, AfD und Arbeiterschutz: Kuscheleien und Streitigkeiten
       
       > Schröders „Agenda“ brachte Arbeitern Leid, Kalbitz' Rausschmiss der AfD
       > Streit und ein rassistisches Video brachte VW einen Shitstorm ein.
       
 (IMG) Bild: Freund der Arbeiter: Gerhard Schröder
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Söder zieht Forderung „Kabinettsumbildung mit
       Jahresmitte“ zurück.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Scheuer und Seehofer müssen Rücktritt fachlich begründen.
       
       In mehreren [1][Schlachthöfen hat es Corona-Ausbrüche] gegeben, das
       Bundeskabinett hat deshalb strengere Regeln für die Fleischindustrie
       beschlossen. Dass Arbeiter:innen – nicht nur in der Fleischbranche –
       ausgebeutet werden, ist seit Jahren bekannt. Brauchte es eine Pandemie,
       damit die Regierung handelt? 
       
       Es braucht Fantasie, sich Akkord am Spargel oder serielle Hackepeterei im
       Schlachthaus als „Werk“ vorzustellen. Ein Bauteil, eine Dienstleistung, ein
       Buch mag eines sein – am Fließband und in der Furche war es schon immer
       geradeaus gelogen. Das ist befehlsgebundene, lohnabhängige Arbeit. Heils
       Mentor Gerhard Schröder hatte mit der „Agenda“ das Elend der Leiharbeit
       über die Branchen gebracht, bis Arbeitsgerichte gleichen Lohn erzwangen. Da
       verfiel man auf die Maximaldehnung des Begriffs „Werkvertrag“. So pustefix
       die GroKo den Schwindel jetzt wegbläst, so klar wird, dass alle davon
       wussten.
       
       Ein Werbefilm des Autoherstellers VW wurde als rassistisch kritisiert und
       bekam einen Shitstorm im Netz. Zu sehen ist ein kleiner Schwarzer Mann, der
       von einer überdimensionierten „weißen“ Hand durchs Bild geschnippt wird.
       Das Unternehmen hat das Instagramvideo gelöscht und sich entschuldigt. Ist
       das glaubhaft? 
       
       Es war ein weiter Weg von „Er läuft und läuft und läuft“ hin zu einer
       weltweiten Kampagne mit „400 assets“ in „kanalspezifischen Geschichten“.
       Die verzapft eine „customized agency“, VW hat sich beim Branchenriesen
       DDB/Omnicon eine eigene Agentur ausbedungen. Die heißt – für einen
       Verbrennerkonzern naheliegend – Voltage und hat Werbeproduktion
       „automatisiert und standardisiert“. Scheint toll zu klappen. Im Clip fanden
       aufmerksame Zuschauer auch eine notorische „White Power“-Geste, im
       Einzelbild springt beim Claim „Der neue Golf“ zuerst das N-Wort ein, ein
       „Cafe Colon“ wird mit „Siedler“ oder „Darm“ übersetzt. In der B-Note für
       den künstlerischen Eindruck erfrischt der Spot mit bemerkenswert schlechtem
       Trick, fehlerhaftem Lichtanschluss, desillusionierender Unschärfe. Der neue
       Golf – Totalschaden in zehn Sekunden. Drollig: Auch um alle genannten
       Fehler bereinigt würde der Clip immer noch keinen Sinn machen: „Kauf den
       neuen Golf, weil jemand Leute schnippst.“ Freuen wir uns auf „VW – weil
       meine Katze Durchfall hat“ oder „Volkswagen – sie zahlen, wir koksen“.
       
       FDP-Chef Christian Lindner umarmte einen belarussischen Honorarkonsul, ohne
       Abstand und Maske. Corona ist das eine, die politischen Verhältnisse in
       Weißrussland das andere. Trotzdem: War die Umarmung die Tinte der
       Berichterstattenden wert? 
       
       Die FDP chillt bei 5 Prozent inzwischen, da hilft jedes bisschen.
       
       Nach dem [2][Rauswurf von Andreas Kalbitz] tobt ein Machtkampf in der AfD.
       Ist der parlamentarische Rechtsextremismus bald Geschichte? 
       
       Das Flügelgelügel jedenfalls; ein paar Hakenkreuzblinden abzustreifen würde
       einer seriös national-konservativen Partei keine solche Mühe bereiten. Bei
       der AfD darf man inzwischen von einer nazistischen Partei ausgehen, die von
       Naivliberalen unterwandert ist.
       
       Bundeskanzlerin [3][Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel
       Macron] haben einen gemeinsamen Plan für einen Corona-Wiederaufbaufonds
       vorgestellt. Wer könnte in der Coronakrise jetzt noch zusammenfinden? 
       
       Langsam wird die Segensbeute aus der Pandemie unheimlich. C02--Wert runter,
       Werkverträge weg, Digitalisierungsschub, mehr Heimbüro – und sogar
       Österreich und die tendenziell eher liberalen Skandinavier und Holländer
       finden zusammen. Macron schiebt Merkel näher an die Grenze, jenseits derer
       Eurobonds billiger würden. Die wird sie nicht überschreiten, bisher deckte
       ihr Nein die Kohorte der Sparideologen hinter ihr. Als nächstes bitte eine
       Krankheit, in deren Verlauf die ruinöse Ostpolitik sich zu eitel
       Völkerverständigung mit Russland wandelt. „Putin verteil Corona-Impfstoff
       gratis“ oder so.
       
       Die ersten beiden Geisterspieltage der Bundesliga waren doch sehr
       aufregend, nicht? 
       
       Mir wäre wohler, es gäbe Anlass, nicht zu glauben: Das ist das
       Geschäftsmodell, das die immer schon wollten.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Wünschen Mario Götze alles Gute, also das Gegenteil vom ersten Transfer zu
       Bayern. Fragen: Erica Zingher, Volkan Ağar
       
       24 May 2020
       
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