# taz.de -- 129 Neuinfizierte bei Westfleisch: Corona-Hotspot Schlachthof
       
       > In fleischverarbeitenden Betrieben breitet sich das Virus schnell aus.
       > Mehrere Firmen sind betroffen. Neuer Virenherd: ein Schlachthof in
       > Westfalen.
       
 (IMG) Bild: Ungesund – Infektionsherd Schlachthof
       
       Coesfeld/Bad Bramstedt taz/dpa | Offenbar sind Schlachthöfe besonders vom
       Coronavirus betroffen. Dem Kreis Coesfeld drohen deshalb nun als erstem in
       Nordrhein-Westfalen erneut Beschränkungen in der Corona-Pandemie. [1][Hier
       könnte der „Notfallmechanismus“ in Kraft treten, den Bund und Länder am
       Mittwoch vereinbart hatten]. Nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) ist
       der Grenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche
       überschritten worden. Er lag am Freitag (Stand: 0.00 Uhr) bei 52,7.
       
       Bund und Länder hatten sich am Mittwoch darauf verständigt, dass zahlreiche
       im Zuge der Corona-Krise verfügte Einschränkungen des öffentlichen Lebens
       wieder gelockert werden, bei einer regionalen Überschreitung dieser
       Obergrenze aber umgehend wieder ein Beschränkungskonzept umgesetzt werden
       muss.
       
       Das Virus hatte sich zuletzt vor allem in dem [2][fleischverarbeitenden
       Betrieb] Westfleisch in Coesfeld ausgebreitet. 129 Infizierte waren am
       Donnerstag nach Kreisangaben bei der Testung von 200 Mitarbeitern erfasst
       worden. Alle 1.200 Beschäftigten des Standortes sollten auf das Virus
       getestet werden.
       
       Der Kreis Coesfeld erklärte am Morgen, dass die Situation fortlaufend
       bewertet und über Maßnahmen beraten werde. „Natürlich ist die Sorge in der
       Bevölkerung groß“, sagte Landrat Christian Schulze Pellengahr zu den
       Westfälischen Nachrichten. Der Kreis warte aber auf die Verordnung, die
       Näheres regelt.
       
       ## Fleichverarbeiter als Problem
       
       Er hoffe, dass für klar abzugrenzende, auf eine bestimmte Quelle
       zurückzuführende Ausbrüche Ausnahmen gelten. „Abgesehen von dem Ausbruch
       bei Westfleisch waren die Zahlen zu den Neuansteckungen in der Bevölkerung
       des Kreises in den letzten Tagen stagnierend oder leicht rückläufig“, sagte
       Pellengahr. Westfleisch erklärte laut WDR, die Produktion werde weiter
       laufen, der Engpass bei den MitarbeiterInnen sei nicht so gravierend. In
       dem Betrieb arbeiten 1.200 Beschäftigte.
       
       Auch in einem weiteren fleischverarbeitenden Betrieben hatte es verstärkt
       Infektionen gegeben: So über 200 bei Müller Fleisch im
       badenwürttembergischen Birkenfeld, außerdem über 100 bei Vion in Schleswig
       Holstein. Dort waren weitere 32 Beschäftigte des Schlachthofes in Bad
       Bramstedt (Kreis Segeberg) bis zum Donnerstag positiv auf das neuartige
       Coronavirus getestet worden. Damit habe sich die Zahl der infizierten
       Schlachthofmitarbeiter auf 109 erhöht, teilte der Kreis Segeberg mit.
       
       Aufgrund des „dynamischen Infektionsgeschehens“, das sich nur noch schwer
       nachvollziehen und rückverfolgen lasse, habe der Infektionsschutz des
       Kreises Segeberg jetzt alle Mitarbeiter des Schlachthofs, die im Kreis
       Segeberg leben, unabhängig vom Testergebnis unter Quarantäne gestellt,
       sagte Landrat Jan Peter Schröder. Insgesamt hatte der Kreis Segeberg 179
       Personen getestet, ein Teil der Testergebnisse steht noch aus.
       
       ## „Folge von schwierigen Arbeitsbedingungen“
       
       „Wir müssen darüber reden, wie wir mit den Menschen umgehen, die dort
       arbeiten“, twitterte Martin Habersaat, SPD-Fraktionsvize im Kieler Landtag.
       Die Infektionen sind für Experten „eine Folge von schwierigen
       Arbeitsbedingungen und Wohnverhältnissen“ der meist rumänischen
       ArbeitsmigrantInnen, die der niederländische Fleischverarbeiter Vion zu
       verantworte habe, sagte der schleswig-holsteinische Beauftragte für
       Zuwanderungsfragen, Stefan Schmidt. Die Regionsgeschäftsführerin des DGB
       Schleswig-Holstein Nordwest, Susanne Uhl, machte „die Enge der Unterkünfte
       und die vollen Transportbusse zwischen Arbeits- und Wohnorten“ für die
       Ausbreitung der Pandemie in dem Schlachtbetrieb verantwortlich.
       
       Die gestiegene Anzahl der Infizierten rund um den Schlachthof hatte den
       Kreis Segeberg veranlasst, alle Beschäftigten des Unternehmens testen zu
       lassen. Bei zunächst zwei MitarbeiterInnen eines Subunternehmers, die in
       einer ehemaligen Kaserne in Kellinghusen im Kreis Steinburg unterbracht
       sind, war vor rund zwei Wochen das Coronavirus festgestellt worden.
       Mittlerweile sind dort nach Angaben Schröders 77 Personen infiziert. Auch
       sie stehen unter Quarantäne.
       
       Von den 32 neuen positiven Fällen wohnt ein großer Teil nach Angaben des
       Kreises Segeberg im Raum Bad Bramstedt. Aber auch Nachbarkreise und
       kreisfreie Städte sind betroffen. Der Infektionsschutz habe den dortigen
       Gesundheitsämtern ebenfalls die Anordnung einer Quarantäne empfohlen, sagte
       eine Sprecherin des Kreises am Donnerstag.
       
       8 May 2020
       
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