# taz.de -- Frankreich und Corona: Langsam, aber sicher
       
       > Regierungschef Edouard Philippe kündigt für kommende Woche erste
       > Lockerungen an. Im Großraum Paris dauert alles ein wenig länger.
       
 (IMG) Bild: Regierungschef Edouard Philipp erläutert die Lockerungen, die ab kommender Woche greifen sollen
       
       Paris taz | Der französische Premierminister Edouard Philippe hat bei einer
       Pressekonferenz am Donnerstag im Beisein mehrerer Minister bestätigt, dass
       ab kommenden Montag in ganz Frankreich (mit Ausnahme der Insel Mayotte im
       Indischen Ozean) die Lockdown-Maßnahmen „langsam, aber sicher“ beendet
       werden können. Der [1][Weg zurück zur „Normalität“] sei aber noch lang und
       hänge aus Sicht der Regierung vom „vernünftigen“ Verhalten der Bevölkerung
       ab.
       
       Eine Landkarte mit Zonen, mehrheitlich in Grün und in Rot in vier Regionen
       im nordöstlichen Viertel des Territoriums, illustriert, dass die Situation
       geografisch verschieden ist. Generell wird es aber möglich, sich ab
       nächster Woche in einem Umkreis von 100 Kilometern vom Wohnort zu bewegen
       sowie Freunde und Familienangehörige zu besuchen.
       
       Dabei gelte es vorsichtig zu sein und Abstand zu wahren. Wenn in den
       nächsten drei Wochen – dank der erhofften Disziplin der Bevölkerung, an die
       Philippe eindringlich appellierte – alles gut gehe, könnte in der grünen
       Zone sogar erwogen werden, nicht nur die vorläufig noch geschlossenen
       Mittelschulen wieder zu öffnen, sondern unter bestimmten Bedingungen und
       Auflagen auch Cafés und Restaurants.
       
       In den roten Zonen (vom Großraum Paris bis zur deutschen Grenze) zirkuliert
       das Virus weiterhin stark und die Intensivstationen der Krankenhäuser
       stehen dort unter Druck. Deshalb müsse in diesem Teil Frankreich [2][die
       Beendigung der Restriktionen] langsamer erfolgen.
       
       ## Maximal 15 SchülerInnen
       
       Das gilt besonders für die Grundschulen und Tageskrippen, die prinzipiell
       überall ab Mitte der Woche öffnen. Die Klassenstärke bleibt auf maximal 15
       SchülerInnen begrenzt. Auch ist es den Eltern freigestellt, ihre Kinder in
       den Unterricht zu schicken. Laut Umfragen haben rund 60 Prozent die
       Absicht, die Kleinen vorerst zu Hause zu lassen. Noch ist offen, ob die
       LehrerInnen mitmachen.
       
       Der Plan der Regierung zielt offensichtlich darauf ab, dass die Franzosen
       und Französinnen möglichst rasch wieder ihre beruflichen Aktivitäten
       aufnehmen, sofern sie nicht von Zuhause aus arbeiten können. Nur, wie kann
       vermieden werden, dass dabei zu einem Riesengedränge in der Metro und den
       Vorortszügen kommt?
       
       Die Pariser Verkehrsbetriebe haben sich mit den Behörden der
       Hauptstadtregion, dem Arbeitgeberverband und den Gewerkschaften auf eine
       Charta geeinigt, der zufolge in der ersten Woche die Arbeit im Homeoffice
       noch zu 100 Prozent fortgesetzt, in der zweiten auf 90 Prozent und dann ab
       25. Mai auf 80 Prozent reduziert wird.
       
       Zudem sollen die Arbeitszeiten der anderen, die in den Betrieb oder ins
       Büro zurückkehren, so angepasst werden, dass das Personal gestaffelt
       zwischen 5.30 und 10.30 Uhr eintrifft und zwischen 15 und 19.30 Uhr den
       Heimweg antreten kann.
       
       ## 135 Euro Strafe
       
       Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in diesen Stoßzeiten für die
       Erwerbstätigen reserviert, vor Bahnhöfen und in der Metro soll darum
       kontrolliert werden, dass die Passagiere eine von den Unternehmen
       ausgestellte Bestätigung ihrer Arbeitszeiten vorweisen können.
       
       Bei Zuwiderhandlung droht eine Geldbuße von 135 Euro. Grundsätzlich sollen
       alle BenutzerInnen der Metro und der Vorortsbahnen eine Gesichtsmaske
       tragen, die ihnen bei Bedarf in den ersten Tagen ausgehändigt werde, hat
       Transportministerin Elisabeth Borne versprochen.
       
       Innenminister Christophe Castaner kündigte polizeiliche Straßenkontrollen,
       zum Beispiel an Mautschranken der Autobahnen oder vor Urlaubsorten, an. So
       soll ein „Völkerwanderung“ aus den Städten wie zu Beginn des Lockdowns (als
       rund 600'000 HauptstadtbewohnerInnen in ihre Land- oder Ferienhäuser in der
       Provinz flüchteten) verhindert werden.
       
       Wer sich weiter als 100 Kilometer vom Wohnort entfernt, muss dafür einen
       stichhaltigen beruflichen oder familiären Grund angeben können. Castaner
       erklärte zudem, dass Frankreichs Grenzen auch für EU-Bürger – mit Ausnahme
       für Grenzgänger und wegen anderer beruflicher Verpflichtungen – geschlossen
       bleiben und dass für Einreisende zwei Wochen Quarantäne angeordnet werden
       könne.
       
       7 May 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Corona-Politik-in-Frankreich/!5682718
 (DIR) [2] /Frankreichs-Kampf-gegen-Corona/!5681248
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Édouard Philippe
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schengen-Raum
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Coronapolitik in Frankreich: „Vorsätzliche Gefährdung von Leben“
       
       Hat Frankreichs Regierung zu wenig gegen die Pandemie getan? Die Justiz
       prüft, ob Ex-Premierminister Édouard Philippe und andere vor Gericht
       müssen.
       
 (DIR) Schrittweise Lockerungen in Frankreich: Kaffee nur draußen
       
       Regierungschef Edouard Philippe kündigt weitere Lockerungen an. Für den
       Großraum Paris und zwei Überseegebiete gibt es Ausnahmen.
       
 (DIR) Geschlossene Schlagbäume im Westen: Deutscher Grenzfetisch
       
       Die Kontrollen wegen Corona zerreißen eng verflochtene Nachbarländer. Die
       Maßnahmen nützen niemandem und zerstören Vertrauen.
       
 (DIR) Häusliche Gewalt in Frankreich: Hilfe per Codewort und SMS-Alarm
       
       Die Zahl der Hilferufe wegen häuslicher Gewalt steigt – das Land geht neue
       Wege. Sogar Polizisten kehren aus dem Ruhestand zur Verstärkung zurück.
       
 (DIR) Interview am Schlagbaum im Saarland: „Leidingen leidet“
       
       Der Ortsvorsteher eines Grenzorts im Saarland ist sich mit seinem
       Ministerpräsidenten einig: Die Grenzen nach Frankreich sollten offen sein.
       
 (DIR) Corona-Politik in Frankreich: Ein Volk von ungezogenen Kindern
       
       Welche Lockerungen der Beschränkungen Frankreich tatsächlich einführt, ist
       offen. Sicher sind hingegen massive Einschränkungen der Grundrechte.
       
 (DIR) Frankreichs Kampf gegen Corona: Zweifel an Regierung wachsen
       
       Der von Präsident Macron gesetzte Termin des 11. Mai für
       Lockerungsmaßnahmen steht. Doch vieles bleibt offen – und das Vertrauen in
       die Politik sinkt.
       
 (DIR) Macron zu Lockdown-Ende in Frankreich: Von Krieg ist nicht mehr die Rede
       
       Kein Ende der Ausgangsbeschränkungen vor Mai. Cafés und Museen bleiben bis
       Sommer geschlossen. Der Präsident bittet die Franzosen um einen langen
       Atem.