# taz.de -- Opposition in Russland: Furchtlos und bedroht
       
       > Die Investigativjournalistin Elena Milaschina wird von Tschetscheniens
       > Premier Ramsan Kadyrow verbal attakiert. Das kann tödlich enden.
       
 (IMG) Bild: Elena Milaschina
       
       Mönchengladbach taz | Wer sich für Verschleppungen, außergerichtliche
       Hinrichtungen und Folter in Tschetschenien interessiert und darüber auch
       schreibt, lebt gefährlich. Das weiß man spätestens seit der Ermordung der
       [1][Journalistin Anna Politkowskaja] am 7. Oktober 2006 in Moskau. Sie
       hatte für die Nowaja Gaseta über die Nordkaukasusrepublik gearbeitet.
       
       Inzwischen tut dies die 42-jährige Elena Milaschina. Und auch sie wird
       immer wieder bedroht. So massiv, dass jüngst über hundert russische
       Menschenrechtler von den Behörden staatlichen Personenschutz für die
       unverheiratete Investigativjournalistin forderten.
       
       Der Grund: Kurz zuvor hatte [2][der tschetschenische Regierungschef Ramsan
       Kadyrow] die couragierte Journalistin angegriffen. „Diese Frau, wenn man
       sie überhaupt Frau nennen kann, schreibt so einen Mist und Quatsch“, so
       Kadyrow auf Instagram. Dabei benutzte er eine Formulierung, die Amnesty
       International als Morddrohung interpretiert. Bei einem Besuch in der
       tschetschenischen Hauptstadt Grosny am 6. Februar dieses Jahres waren
       Milaschina und die Anwältin Marina Dubrowina zusammengeschlagen worden.
       
       Elena Milaschina gehört nicht zu denen, die sich furchtlos auf irgendwelche
       Dinge einlassen. Doch größer als ihre Furcht sind ihre Courage und ihr
       Verantwortungsgefühl für all das, was um sie herum passiert. So berichten
       Kollegen und Weggefährten übereinstimmend.
       
       ## Nicht zurück zu halten
       
       Gut erinnert sich die Menschenrechtlerin Swetlana Gannuschkina an einen
       Prozess in Tschetschenien, den sie mit Politikern, Menschenrechtlern und
       Journalisten beobachten wollte. Alle hätten sie geduldig im Erdgeschoss
       gewartet, bis die Wache Zugang zum Gerichtssaal gewährte.
       
       Plötzlich tauchte Milaschina auf. Auch ein junger Polizist, der angeblich
       den Befehl hatte, niemanden vorzulassen, konnte die energische Frau nicht
       zurückhalten. Sie wisse sehr wohl um ihre Rechte bei Prozessen, und die
       seien ja wohl von größerer Wichtigkeit als irgendwelche Befehle, sagte sie
       nur und ließ den verblüfften Polizisten stehen.
       
       Auch bei einer anderen Gerichtsverhandlung war sie die Rettung für ihre
       Kollegen. Nachdem die Polizei den Angeklagten in den Gerichtssaal gebracht
       hatte und gleichzeitig den Journalisten verbot, diesen zu fotografieren,
       packten alle ihre Kameras ein. Nicht so Milaschina. Sie wandte sich direkt
       an den Staatsanwalt und fragte ihn, ob Journalisten das Recht hätten, zu
       filmen. Der Mann raunte ihr ein kurzes „Ja, das haben Sie“ zu. Worauf
       sofort alle wieder ihre Kameras herausholten.
       
       Spurlos geht dieser Stress an der Frau, die sich niemand ohne die obligate
       Tasse Kaffee und eine Zigarette vorstellen können, nicht vorüber. Es kommt
       schon einmal vor, dass Lena aufbraust, weiß mancher Kollege zu berichten.
       Doch sie findet immer die Kraft, sich aufrichtig bei dem Opfer ihrer
       Ausbrüche zu entschuldigen. In Tschetschenien ist sie bekannt. Gerne
       erzählt Milaschina von dem Taxifahrer, der mit den Worten „Sie sind doch
       Milaschina“ kein Geld von ihr wollte.
       
       23 Apr 2020
       
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