# taz.de -- Berliner Senat gibt Lockerungen bekannt: Was für eine Maskerade!
       
       > Der rot-rot-grüne Senat beschließt die Maskenpflicht – aber nur für Bus
       > und Bahn, nicht fürs Einkaufen. Großveranstaltungen bleiben vorerst
       > verboten.
       
 (IMG) Bild: Kultursenator Klaus Lederer, wirbt schon mal für die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr
       
       Ab nächstem Montag, dem 27. April, gilt in Berlin anders als in Brandenburg
       in Bussen und Bahnen eine Maskenpflicht. Fürs Einkaufen hingegen gilt diese
       Regel nicht. Das hat der rot-rot-grüne Senat am Dienstag beschlossen. „Das
       kann auch ein Schal oder ein Tuch sein“, sagte der Regierende Bürgermeister
       Michael Müller (SPD). Wer sich keinen Mundschutz leisten kann, soll eine an
       staatlichen Ausgabestellen bekommen. Ein Bußgeld ist vorerst nicht
       vorgesehen.
       
       Zugleich legte die Landesregierung fest, dass [1][bis Ende August keine
       Veranstaltungen] über 1.000 Teilnehmer stattfinden dürfen, bis zum 24.
       Oktober keine über 5.000. Damit fällt der Berlin-Marathon im September aus.
       Friseure sollen mit Mundschutz ab dem 4. Mai wieder öffnen dürfen.
       
       Dass die Maskenpflicht nicht wie in anderen Bundesländern auch beim
       Einkaufen gelten soll – dort wird ein Mundschutz nur empfohlen –, rief
       heftigen Protest durch die oppositionelle CDU hervor. Ihr Landeschef, Kai
       Wegner, nannte die Entscheidung des Senats „halbherzig und nicht
       konsequent“. Aus seiner Sicht ist es „ein fauler Kompromiss zwischen den
       Senatsparteien“.
       
       Bei der Pressekonferenz hingegen legten die führenden Köpfe der drei
       Senatsparteien – Müller, Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) und
       Ramona Pop (Grüne) – Wert darauf, dass man ohne Konflikt und Streit
       zusammenarbeite. In Sachen Verfügbarkeit verwies Michael Müller auf die
       Möglichkeit, dass Menschen, „die sich das nicht alleine organisieren
       können“, einen Mundschutz vom Land bekommen. Ausgabestellen dafür könnten
       aus seiner Sicht die Bezirksrathäuser sein.
       
       ## Keine Einladung zum Shoppen
       
       Sport in der Stadt, bislang weitgehend auf Joggen und Radfahren beschränkt,
       soll teilweise wieder möglich sein – Müller nannte als Beispiele etwa ein
       Tennisspiel oder individuelles Speerwurftraining auf dem Sportplatz, aber
       kein Kontaktsport. Auch Gottesdienste sollen [2][bei Wahrung von Hygiene-
       und Abstandsregeln] wieder mit bis zu 50 Teilnehmern stattfinden dürfen. Ab
       dem übernächsten Montag, 4. Mai, sollen die Museen ebenfalls wieder öffnen
       dürfen. Das Gleiche gilt für die Bibliotheken, allerdings erst ab dem 11.
       Mai – und dann auch nur für die Ausleihe von Medien, nicht für Lektüre vor
       Ort.
       
       Zur der schon von allen Bundesländern vereinbarte und ab diesem Mittwoch
       möglichen Öffnung von Geschäften mit bis zu 800 Quadratmeter präzisierte
       der Senat: Auch auf ebenso große Teilbereiche größerer Geschäfte oder
       Warenhäuser sollen öffnen dürfen, auch in Shopping Malls. Pro 20
       Quadratmeter Verkaufsfläche soll ein Kunde im Geschäft sein dürfen.
       Wirtschaftssenatorin Pop betonte eindringlich, dass das keineswegs eine
       Einladung zum Shoppen oder Flanieren sein soll, sondern nur die
       Möglichkeit, das Lebensnotwendige einzukaufen.
       
       Die Geschäfte – sonst ja um „Aufenthaltsqualität“ und „Einkaufserlebnis“
       bemüht, sind laut Pop angewiesen, „Aufenthaltsanreize zu entfernen“. Die
       Industrie- und Handelskammer vermisste eine Öffnungsperspektive für die
       Gastronomiebranche – „schließlich wäre eine Öffnung mit den gleichen
       Hygiene- und Abstandsregeln wie im Einzelhandel durchaus denkbar“.
       
       Mit Blick auf die Grundrechte lockerte der Senat die Einschränkung des
       Versammlungsrechts: Bis zu 50 Menschen sollen sich künftig wieder an einem
       Ort unter freiem Himmel versammeln dürfen. Hier hatten sich vor allem Grüne
       und Linke dafür starkgemacht, [3][Protest überhaupt wieder zu erlauben] –
       trotz der in der letzten Notverordnung vorgesehenen Möglichkeit von
       Kundgebungen mit bis zu 20 Personen hatte die Polizei diese meist
       untersagt.
       
       ## Das Prinzip Hoffnung
       
       Durch die Maskenpflicht kommt es zu der Situation, dass S-Bahn-Fahrgäste
       etwa der Linie 2 im brandenburgischen Bernau ohne Mundschutz einsteigen
       können, einen solchen Schutz aber ab der Berliner Landesgrenze aufsetzen
       müssen. Denn in Brandenburg gilt nur in Potsdam eine Maskenpflicht, dort
       allerdings auch beim Einkaufen. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher
       (Grüne) hatte sich skeptisch gegenüber einer solchen Pflicht gezeigt: Die
       Menschen könnten dann denken, es handele sich um ein Allheilmittel und dann
       die Abstandsregeln vernachlässigen.
       
       Ihr Berliner Regierungskollege Michael Müller hingegen hofft auf die
       Vernunft der Menschen. Er glaubt, die Maskenpflicht auch ohne ein Bußgeld
       durchsetzen zu können. Und er ist zudem überzeugt: „Es gibt bestimmt im
       öffentlichen Nahverkehr eine soziale Kontrolle, wenn einem ein Mensch ohne
       Mundschutz zu nahe kommt.“
       
       21 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Absage-aller-grossen-Veranstaltungen/!5676789/
 (DIR) [2] /Corona-Lage-in-Berlin/!5679683/
 (DIR) [3] /Demonstrationsverbote-in-Berlin/!5677085/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
 (DIR) Bert Schulz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Hygiene
 (DIR) Berliner Senat
 (DIR) Öffentlicher Nahverkehr
 (DIR) Museen in Berlin
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Maske
 (DIR) Viren
 (DIR) Wir retten die Welt
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Berliner Senat debattiert Lockerungen: Müller drängt auf Gemeinsamkeit
       
       Vor dem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin mahnt Berlins
       Regierungschef seine Chef-Kollegen.
       
 (DIR) Berliner Senat zieht nach: Masken auf beim Brötchenkauf
       
       Als letztes Bundesland beschließt Berlin eine Maskenpflicht in Läden. Sie
       gilt ab Mittwoch. In Bus und Bahn tragen laut Senat fast alle Mundschutz.
       
 (DIR) Berlin führt Maskenpflicht ein: Ein Wir-Symbol mit Tücken
       
       Senat führt Maskenpflicht ein: Ab Montag muss man eine tragen – aber erst
       mal nur in Bahn, Tram und Bus. Nicht beim Einkaufen. Ein Wochenkommentar.
       
 (DIR) Lieber 42 Kilometer als 30 Jahre: Alles ist Marathon
       
       Der Kampf gegen Corona, Klimawandel oder Artensterben – jeweils ein
       Langstreckenlauf. Schön wär´s, wenn sich die Welt mit Training retten
       ließe.
       
 (DIR) „Lager evakuieren“-Demo in Berlin: Protestieren eingeschränkt möglich
       
       Vor dem Brandenburger Tor: Mit 20 prominenten Teilnehmer:innen hat der
       Republikanische Anwälteverein gegen die Abschottungspolitik der EU
       protestiert.
       
 (DIR) Corona und Feiern in Berlin: Tanz über die lange Distanz
       
       Corona bedroht das Berliner Nachtleben. Um ein Clubsterben zu verhindern,
       braucht es Engagement durch UnterstützerInnen.
       
 (DIR) Maskenpflicht in Berlin: Ein sinnvolles Flickwerk
       
       Auch die neueste Corona-Verordnung des Senats ist nicht ganz durchdacht.
       Vielleicht ist das langfristig aber sogar hilfreich.
       
 (DIR) Corona-Lage in Berlin: Nur nicht zu euphorisch
       
       Die Maßnahmen gegen Covid-19 wirkten, aber man sei nicht über den Berg,
       sagt Gesundheitssenatorin Kalayci (SPD). Sie plädiert gegen schnelle
       Kita-Öffnung.
       
 (DIR) Entschleunigung in Zeiten der Krise: Der Corona-Effekt
       
       Die einen haben zu viel davon, die anderen zu wenig: Die Zeit ist aus den
       Fugen. Markiert Corona eine Zeitenwende?