# taz.de -- Verfolgung von Dissidenten im Netz: Das Komplizenprinzip
       
       > Reporter ohne Grenzen kürt Russland, Indien und China als „Feinde des
       > Internets“. Aber Überwachung ist nicht nur dort ein Problem.
       
 (IMG) Bild: Nicht die Siegerehrung „Feinde des Internets“, aber wenn man schon zusammensteht: Putin, Modi, Xi
       
       „Modis Krieger“ und die „Troll-Armeen des Kreml“ gehören zu den [1][20
       größten Feinden des Internets]. Zumindest aus Sicht von Reporter ohne
       Grenzen (ROG), die am Mittwoch eine Auswahl von Akteuren an den Pranger
       stellten, die im Dienste repressiver Regime freie Rede und Demokratie
       unterdrücken. Die NGO erläutert in ihrer Veröffentlichung die Systematik
       der organisierten Verfolgung von Dissident*innen in verschiedenen Ländern.
       
       So werden in [2][Indien] die Kritiker*innen der hindunationalistischen
       Regierungspartei BJP online gezielter Hetze ausgesetzt. Einige der Trolle
       handelten aus eigenem Antrieb, so ROG, andere sollen finanzielle
       Vergütungen für die Streuung des Hasses erhalten.
       
       In Russland werden mit ähnlichen Methoden auch ausländische
       Journalist*innen unter Druck gesetzt. Als Beispiel wird die finnische
       Investigativjournalistin Jessikka Aro aufgeführt. Sie wurde zur Zielscheibe
       der Kremltrolle, ausgerechnet nachdem sie zu genau diesem Phänomen
       recherchiert und ein Buch veröffentlicht hatte. Andere Ziele der
       Verbreitung von Desinformation sind der russische Journalist Igor Jakowenko
       und die in Moskau lebenden Korrespondent*innen von Le Monde und des
       Guardian.
       
       ROG-Geschäftsführer Christian Mihr betont, die Überwachung in autoritären
       Regimen stütze sich auf Kompliz*innen, die zum Teil in demokratischen
       Staaten lebten. „Wer sich glaubhaft gegen despotische Regime stellen will,
       muss auch dafür sorgen, dass diese nicht aus Deutschland und anderen
       westlichen Staaten mit Instrumenten zur Überwachung und Zensur versorgt
       werden.“
       
       ## Belästigung und Desinformation
       
       Als wichtigen Komplex eingeschränkter Freiheit im Netz sieht ROG neben der
       gezielten Belästigung und der Desinformation gerade das Überwachen und
       Sperren journalistischer und oppositioneller Kommunikation. Wenig
       überraschend tut sich hier besonders China hervor. Die massive Kontrolle
       sozialer Medien und das Blocken bestimmter Inhalte wird in der Liste am
       hochaktuellen Beispiel des anfänglichen Vorgehens gegen
       [3][Corona]-Berichterstattung erklärt.
       
       Die Entwicklung von Überwachungstechnologie in westlichen Demokratien wird
       gesondert hervorgehoben. Die israelische NSO-Software, mit der
       WhatsApp-Chats ausgespäht wurden, gehört genauso dazu wie die Dienste der
       Memento Labs. Von Europa aus wurde deren Software global verkauft und unter
       anderem in Ägypten und Marokko gegen unabhängige Medien eingesetzt.
       
       Auch ein deutsches Produkt schafft es auf die Liste der Internetfeinde: die
       FinSpy-Software, die mit Trojanern Computersysteme infiltriert und so
       persönliche Daten beispielsweise von Smartphones auslesen kann. Deren
       Einsatz gegen die türkische Opposition war Grund genug für Reporter ohne
       Grenzen, den Hersteller [4][FinFisher] anzuzeigen. Ein Ermittlungsergebnis
       steht noch aus. Ob es jemals zu einem Prozess kommen wird, ist unklar.
       
       ROG betont in einer Erklärung, dass es sich dabei um keine abschließende
       Aufzählung handele. Die 20 „Feinde des Internets“ stünden „stellvertretend
       für die größten aktuellen Bedrohungen der Meinungs- und Pressefreiheit im
       digitalen Raum“.
       
       11 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/aktivitaeten/feinde-des-internets/
 (DIR) [2] /Gewalt-gegen-Muslime-in-Neu-Delhi/!5666887
 (DIR) [3] /!t5660746/
 (DIR) [4] /Deutsche-Spionagesoftware-in-Bahrain/!5035569
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniél Kretschmar
       
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