# taz.de -- Verfassungsänderung in Russland: Putins Blitzoffensive
       
       > Um breite Debatten zu verhindern, baut der Kreml das Staatsgefüge im
       > Eiltempo um. Die Opposition ist ratlos.
       
 (IMG) Bild: Gibt Macht ab und behält sie doch: Wladimir Putin
       
       Tag eins: Russlands Präsident Wladimir Putin hält seine Rede an die Nation.
       Die Regierung geht. Tag zwei: Ein neuer Premier ist ernannt. Tag drei: Die
       Arbeitsgruppe für die von Putin vorgeschlagenen Verfassungsänderungen hat
       getagt. Tag fünf: Putin legt dem Unterhaus des russischen Parlaments ein
       Gesetzespaket zur „Vervollkommnung der Regulierung bestimmter Fragen der
       Organisation öffentlicher Macht“ vor. Tag sechs: Eine neue Regierung steht.
       An Tag acht, am Donnerstag, soll das Parlament bereits über die
       Verfassungsänderungen beraten. Zustimmung der Abgeordneten ist geradezu
       Staatspflicht.
       
       Es gibt wenige Dinge in Russland, das zeigen die vergangenen Tage, die so
       schnell funktionieren wie das [1][Umschreiben der Verfassung]. Das
       Eiltempo, mit dem der Kreml im Moment an den Umbau des Staatsgefüges geht,
       ist die Überrumpelungstaktik eines Mannes, der qua seiner Ausbildung im
       sowjetischen Geheimdienst Spezialoperationen schätzt.
       „Verfassungsblitzkrieg“ nennt so mancher in Russland denn auch die
       Schaffung von Strukturen, mit der [2][Putin Macht] abgibt und sie doch
       behält.
       
       Der Arbeitseifer, der derzeit in Moskau herrscht, dient einem groß
       angelegten Ablenkungsmanöver. Eine breite politische und gesellschaftliche
       Debatte, die Putin bei seiner Rede in Aussicht stellte, kann es in diesem
       kurzen Zeitraum gar nicht geben – und soll es auch nicht. So schafft Putin
       ein System, von dem bislang niemand sagen kann, in welche Richtung es
       weist. Zurück bleiben Spekulationen – und allerlei Optionen für den
       Präsidenten, wie es nach 2024, wenn seine Amtszeit endet, für ihn
       weitergehen soll.
       
       Die russische Gesellschaft als solche hat dazu bislang keine Position.
       Selbst [3][die Opposition] steht ohnmächtig und gespalten daneben, spricht
       von einem „Staatsstreich“ – und hat keine Antwort auf die umfassenden
       Einschnitte im Staatsgefüge. Den Moment der Verblüffung hat Putin bereits
       2014 genutzt, als er die Krim im Schnelldurchlauf zu Russlands
       Herrschaftssubjekt machte. Nun versucht er erneut, Euphorie zu entfachen.
       Die Russen aber sind erst einmal nur eins: verwirrt.
       
       23 Jan 2020
       
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