# taz.de -- Linke Kandidatin zur Hamburg-Wahl: In großen Fußstapfen
       
       > Die Kriminologiestudentin Maya Klasen kandidiert bei der
       > Bürgerschaftswahl für die Linke. Sie könnte die Nachfolgerin von
       > Christiane Schneider werden.
       
 (IMG) Bild: Setzt sich besonders für Frauen*: Maya Klasen von den Linken
       
       Hamburg taz | Ende Januar steht Maya Klasen im schummrigen Licht des
       Restaurants „Maharaja“ auf St. Pauli und schüttelt viele Hände. Neben ihr
       steht Christiane Schneider, die innenpolitische Sprecherin der Hamburger
       Linken. Für Schneider endet die parlamentarische Arbeit mit dieser
       Legislaturperiode. Darum stellt sie nun Maya Klasen als ihre mögliche
       Nachfolgerin vor.
       
       „Noch ist sie auf Platz 17. Aber man kann sie hochwählen“, sagt Schneider
       zu einem Mann, der sich zu den beiden gesellt hat. In einigen Minuten
       beginnt die Diskussionsveranstaltung „Connewitz, G20, Gefahrengebiete…
       Polizei als politischer Akteur“. Neben Schneider und Klasen ist auch
       Juliane Nagel da, eine sächsische Landtagsabgeordnete aus Leipzig.
       
       Klasen wollte zunächst gar nicht für die Bürgerschaft kandidieren. „Als
       junger Mensch hatte ich erst mal nicht die Idee, ich muss unbedingt in die
       Bürgerschaft“, erzählt die 27-Jährige eine Woche vor der Diskussion in dem
       Restaurant. Doch dann sprachen sie mehrere Menschen aus ihrer Partei, der
       Linken, an – auch weil es auf der Landesliste weniger Frauen gab, als es
       sich die Partei wünschte.
       
       Denn die Linke hat sich selbst eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent
       auferlegt. „Für mich war es schön, gefragt zu werden“, erzählt Klasen. „Es
       hilft, eine Frauenquote zu haben, um Frauen – gerade junge Frauen – zu
       ermutigen, sich einzumischen und Politik zu machen.“
       
       Im Wahlkampf setze sie sich darum besonders für Frauen* ein. „Frauen mit
       Sternchen“, betont sie. Also alle Menschen, die sich selbst als Frau
       wahrnehmen – unabhängig von Biologie oder Fremdwahrnehmung. Auch Kinder und
       Jugendliche seien wichtig für Klasen, erzählt sie. Mit ihrem Studium der
       Internationalen Kriminologie hat sie 2018 an der Universität Hamburg
       begonnen. Dabei beschäftigt sie sich viel mit Grundrechten und Sicherheit.
       Darum ist ihr dritter politischer Schwerpunkt: Innenpolitik.
       
       ## Die Masterarbeit muss warten
       
       Ihre Masterarbeit schreibt Klasen über die Kriminalisierung von arbeitenden
       Kindern. Allerdings hat sie auf Seite 35 ihrer Masterarbeit aufgehört zu
       schreiben. Seit ungefähr einem Monat kommt sie nicht weiter – seit der
       Wahlkampf begonnen hat.
       
       Trotz ihrer spontanen Kandidatur nimmt Klasen ihren Wahlkampf sehr ernst.
       Jede Woche hat sie mehrere Veranstaltungen: einen Video-Dreh für die
       Partei, Kochen für Instagram, Diskussionsrunden an Schulen,
       Straßenwahlkampf, Flyer auslegen, Wahlkampfplenum, Demonstrationen,
       Landesarbeitskreise. Sie ist engagiert – und trotzdem wahrscheinlich
       erfolglos.
       
       Kurz bevor die Diskussion um die Polizei in dem Restaurant losgeht, setzt
       sich Klasen hinter einen dunklen Holztisch und schaut auf einen Zettel. Auf
       ihm sind Stichpunkte zu Polizei und Verfassungsschutz aufgelistet. „Der ist
       nur zur emotionalen Unterstützung“, sagt sie. „Ich glaube nicht, dass ich
       draufschauen werde.“ Noch während sie spricht, durchdringt ein tiefes
       Brummen den Raum. „Test“, hallt durch den Lautsprecher. „Gut, dass wir ein
       Mikro kriegen. Ich rede immer so leise“, sagt Klasen.
       
       Um sich vorzubereiten, hat sie die Stellungnahmen des Hamburger
       Datenschutzbeauftragen zum neuen Polizeigesetz und Verfassungsschutzgesetz
       gelesen. Während ihre Parteikolleginnen von ihren Erfahrungen mit der
       Polizei erzählen und über ihre politische Arbeit reden, ordnet Klasen die
       Dinge wissenschaftlich ein. Sie spricht von Machtdynamiken und Corpsgeist
       in der Polizei, über deren Gewaltmonopol und Deutungshoheit. Je später es
       wird, desto öfter reibt sie sich die Augen. Sie wirkt etwas müde.
       
       Am Tag zuvor ist Klasen umgezogen – zum siebten Mal in Hamburg. Dabei lebt
       sie erst seit zwei Jahren in der Stadt. „Meine Lebenssituation hier ist
       sehr geprägt von Wohnungsnot“, erzählt Klasen. „Als junge Studierende mit
       wenig Geld bin ich in Situationen gekommen, in denen ich Wohnungsangebote
       annehmen musste, die sich als nicht tragbar herausgestellt haben – weil ich
       in Abhängigkeiten geraten bin oder Gewalt erlebt habe.“ Weiter will sie
       nicht ins Detail gehen.
       
       Dennoch: Das Problem ist für sie nicht nur ein persönliches, sondern ein
       politisches. „Menschen ohne feste Arbeitsstelle sind stigmatisiert und
       bekommen schlicht keine Wohnung. So was darf nicht sein“, sagt sie. „Wir
       brauchen mehr Wohnheime, die nicht an den privaten Wohnungsmarkt
       angegliedert sind.“
       
       ## Eine andere Partei wäre nicht in Frage gekommen
       
       Bevor Maya Klasen nach Hamburg gekommen ist, hat sie in Wien, Prag und
       Frankfurt studiert. Einen Bachelor-Abschluss hat sie in Kulturanthropologie
       und Erziehungswissenschaften. Aus Interesse schnupperte sie noch in andere
       Studiengänge rein: Religionswissenschaften, Islamische Studien, Judaistik,
       Architektur, Psychologie. Erst in Hamburg ist Klasen der Linken
       beigetreten. Das war im Oktober 2018. „Ich war vorher noch nie in einer
       Partei Mitglied und ich wäre nie in eine andere Partei eingetreten“, sagt
       sie voller Überzeugung.
       
       Eine aktuelle Umfrage von Infratest-Dimap sieht die Linke zurzeit bei acht
       Prozent. Klasen steht nun auf Platz 17 der Linken-Landesliste und auf Platz
       6 der Wahlkreisliste in Altona-Altstadt. Auf die Frage, wie sie sich ihre
       Chancen ausrechnet, antwortet sie: „Naja, ich bin auf Platz 17. Das ist
       sehr unwahrscheinlich. Ich müsste schon über die Personenstimmen
       reingewählt werden, um in die Bürgerschaft zu kommen.“ Lust darauf habe sie
       aber. Wenn sie es nicht ins Parlament schafft, will Klasen trotzdem weiter
       Politik machen – vielleicht als Mitarbeiterin in der Partei oder der
       Fraktion.
       
       Nach der Diskussion beugt sich Christiane Schneider über den Tisch zu Maya
       Klasen und fragt: „Was willst du trinken? Wein?“ Klasen sagt: „Ich trinke
       keinen Alkohol.“ „Was? Wie willst du dich dann mit der Polizei
       auseinandersetzen?“, antwortet Schneider scherzhaft. Klasen lacht kurz auf
       und sagt: „Ich bin auch so widerstandsfähig.“ Dann bestellt sie eine
       Apfelschorle.
       
       1 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabrina Winter
       
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