# taz.de -- Pressefreiheit in Tansania: Präventivhaft für Kritiker
       
       > Im Herbst wählt Tansania Parlament und Präsidenten. Deshalb stehen
       > kritische Journalisten gegenwärtig besonders unter Druck.
       
 (IMG) Bild: Erick Kabendera (im karierten Hemd) im August 2019 vor Gericht
       
       Nairobi taz | Der Fall des Journalisten Erick Kabendera ist beispielhaft
       für die zunehmende Unterdrückung der Presse in Tansania. Eine Entwicklung,
       die beobachtet werden kann, [1][seitdem 2015 John Magufuli zum Präsidenten
       des ostafrikanischen Landes gewählt] wurde.
       
       Der Reporter Kabendera sitzt seit Juli im Gefängnis. Beschuldigt wird er
       der Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Führung einer kriminellen
       Organisation. Beweise für all diese Vorwürfe liegen jedoch nicht vor.
       
       Amnesty International [2][nennt den Prozess gegen Kabendera deshalb einen
       „Angriff auf die Pressefreiheit“]. Diese Woche wurde bekannt, dass
       Kabendera auch nach einem knappen halben Jahr Haft weiter auf den Beginn
       seines Verfahrens warten muss. Ein Gericht in Daressalam hat den
       Prozessauftakt am Montag zum wiederholten Male verschoben. Eine Freilassung
       auf Kaution hatten die Richter mehrfach abgelehnt.
       
       Kabendera, der dieses Jahr vierzig Jahre alt wird, hat den Ruf eines
       Journalisten, der die Behörden zur Rechenschaft zieht. Er schreibt in den
       lokalen Medien wie auch in britischen Publikationen wie dem Guardian und
       dem Independent. Auch Politiker früherer Regierungen waren oft verärgert
       über seine Texte, aber sie schluckten seine Kritik.
       
       ## Kritikresistenter Hoffnungsträger
       
       Präsident Magufuli jedoch duldet keine Kritik an seiner Regierung, schon
       gar nicht an seiner Person. 2018 etwa kritisierte Kabendera unter anderem
       in einer Ausgabe von African Arguments, einem panafrikanischen Magazin, den
       Präsidenten. Der habe Freiheiten beschränkt und sei intolerant gegen Kritik
       geworden. „Es sieht danach aus, dass Magufuli seinen repressiven Modus in
       seiner Regierung verankert.“
       
       Dabei war Magufuli, als er gewählt wurde, ein Hoffnungsträger für viele
       Tansanier. Tatsächlich feuerte er nach seinem Wahlsieg umgehend und
       höchstpersönlich einige korrupte Beamte. Er machte Überraschungsbesuche bei
       Ministerien und in Staatskrankenhäusern. Seine Popularität war zu Beginn
       seiner Amtszeit fast grenzenlos. Aber schon bald wurde klar, dass er keine
       Kritik, vor allem in den Medien, duldete.
       
       Deshalb wurden Journalisten oft verhaftet, dann aber wieder freigelassen.
       Die Lage spitzte sich zu, [3][als 2017 der Journalist Azory Gwanda
       verschwand], von dem bis heute unklar ist, wo er ist und ob er noch lebt.
       Kurz vor seinem Verschwinden hatte Gwanda eine Reihe von Texten über Morde
       an kommunalen Regierungsvertretern durch Unbekannte verfasst.
       
       Später verfügte die Regierung von Magufuli, dass Blogger – von denen viele
       Kritik am Präsidenten geäußert hatten – eine Gebühr von knapp 900 Euro
       zahlen müssen, um online publizieren zu dürfen. Vor Kurzem noch warnte der
       Informationsminister die Medien des Landes davor, Zitate von ausländischen
       Organisationen oder Regierungsvertretern zu publizieren. Magufuli und seine
       Regierung scheinen im Vorfeld der anstehenden Wahlen im Herbst die
       Opposition und die Presse mit allen Mitteln einschüchtern zu wollen.
       
       ## Angst vor Repression
       
       Journalist Kabendera ist dabei aus Sicht des Regimes offenbar ein
       besonderer Störenfried – wahrscheinlich, weil er auch im Ausland bekannt
       und angesehen ist. Magufuli ignorierte selbst die Bitten der todkranken
       Mutter des Reporters, die ihn gebeten hatte, ihren Sohn freizulassen, weil
       dieser für ihre Medikamente und Versorgung aufkomme. Selbst als die Mutter
       vor Kurzem starb, durfte Kabendera nicht an ihrer Beerdigung teilnehmen.
       
       „Es scheint, als habe Magufuli etwas Persönliches gegen ihn. Er scheint ihn
       zu hassen“, sagt ein Kollege am Telefon, der nicht beim Namen genannt
       werden will. Viele Journalisten in Tansania fürchten wie er, ihre Gedanken
       offen auszusprechen – selbst in der eigenen Redaktion. „Mann weiß nie, wer
       ein Spitzel der Regierung ist.“ Kabenderas Anwalt tut derweil alles, um den
       Reporter freizubekommen, aber bei den Anklagen gegen ihn ist für die Dauer
       des Prozesses keine Freilassung auf Kaution möglich. Das Verfahren zieht
       sich hin, weil die Anklage mehr Zeit fordert, um ihre Vorwürfe zu beweisen.
       
       Auf Anfragen internationaler Organisationen reagiert die Regierung für
       gewöhnlich mit der Beschuldigung, diese würden sich in nationale
       Angelegenheiten einmischen. Es sieht derzeit danach aus, dass Kabendera,
       der gesundheitliche Probleme hat, bis nach den Wahlen im Gefängnis sitzen
       wird. Präsident Magufuli hofft wohl, seine Wiederwahl durch die präventive
       Inhaftierung kritischer Stimmen zu sichern.
       
       17 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Meinungs--und-Pressefreiheit-in-Tansania/!5515916
 (DIR) [2] https://www.amnesty.org.uk/press-releases/tanzania-arrest-journalist-erick-kabendera-assault-press-freedom
 (DIR) [3] /Meinungs--und-Pressefreiheit-in-Tansania/!5515916
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ilona Eveleens
       
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