# taz.de -- Gedenkstätte Neuengamme wird Stiftung: Endlich unabhängig
       
       > Hamburg verwandelt die KZ-Gedenkstätte Neuengamme in eine Stiftung. Das
       > bringt Freiheit von politischen Einflüssen und zusätzliches Geld vom
       > Bund.
       
 (IMG) Bild: Von den einstigen Häftlingsbaracken zeugen nur noch Steine: KZ-Gedenkstätte Neuengamme
       
       Hamburg taz | Der Kultursenator kann dem [1][Chef der KZ-Gedenkstätte
       Neuengamme] ab sofort nicht mehr den Mund verbieten. Das hat Carsten Brosda
       (SPD) zwar noch nie getan. Aber möglich wäre es gewesen, weil der
       Neuengamme-Direktor bislang Angestellter der Kulturbehörde war.
       
       Das ist seit dem 1. Januar 2020 anders: Als unabhängige „Stiftung Hamburger
       Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen“
       fungiert [2][Neuengamme nun mit den Außenstellen Bullenhuser Damm,
       Plattenhaus Poppenbüttel, Fuhlsbüttel und Hannoverscher Bahnhof.] Der
       Gedenk-Ort ist auch künftigen Senatoren jedweder Partei nicht
       untergeordnet.
       
       Abgesehen davon hatte auch der Bund, der die Gedenkstätte gemeinsam mit der
       Stadt Hamburg finanziert, stets darauf gedrungen, Neuengamme – wie etliche
       bundesweite Gedenkstätten – endlich zur Stiftung umzuformen. „Zur
       Belohnung“ gibt es ab sofort 580.000 Euro jährlich vom Bund obendrauf,
       womit sich das Gesamtbudget der Stiftung auf gut vier Millionen Euro
       erhöhe“, sagt Detlef Garbe.
       
       Er war bis Juni 2019 [3][Direktor der Gedenkstätte], die seither Oliver von
       Wrochem leitet. Garbe sitzt nun im Vorstand der neuen Stiftung, die – wie
       Hamburgs Museen seit ihrer Umwandlung in Stiftungen – kein Stiftungskapital
       hat. Bei den Museen hatte das zu chronischen Defiziten geführt, „und diesen
       Fehler haben wir jetzt vermieden“, sagt Senator Brosda bei der Präsentation
       der Stiftung. Die Stadt Hamburg werde die zusätzlichen Kosten – für
       Ausgliederung, eigene Rechtsberatung und Personalabteilung – aufbringen.
       Dafür bekomme die Gedenkstätte Neuengamme zwei zusätzliche Stellen.
       Überschüssiges Geld werde in pädagogische Projekte fließen, sagt Garbe.
       
       Er wird künftig für die Vernetzung der 75 einstigen Außenstellen des KZ
       Neuengamme sowie für die Debatte und die Sichtbarkeit von Gedenkkultur
       zuständig sein. „Das ist gerade in Zeiten des erstarkenden Rassismus
       essenziell“, betont Brosda.
       
       Auch der Bau des Dokumentationszentrums Hannoverscher Bahnhof am
       Lohseplatz, Hamburgs einstigem Deportationsbahnhof, soll im Februar 2020
       beginnen. Es wird im Erdgeschoss eines Hotelkomplexes liegen und die an den
       Gleisresten angebrachten Gedenktafeln ergänzen.
       
       Die Gestaltung des Stadthauses – der einstigen Gestapo-Zentrale, die die
       Stadt an einen Investor vermietete und ihn bloß allgemein zu „Gedenkarbeit“
       verpflichtete –, liege dagegen nicht in der Macht der Stiftung, bedauert
       Garbe. Dort angemessen jener Widerstandskämpfer zu gedenken, die von der
       Gestapo brutal verhört wurden, sei von der Stadt „jahrzehntelang versäumt
       worden“, sagt Brosda. Nun könne man allenfalls beraten. Wann die bislang
       eher symbolische Ausstellung im dortigen Buchladen-Café vergrößert wird,
       weiß zum Beispiel niemand. Auch die Verlegung „blut“-roter Gehwegplatten –
       als Ergebnis einer hektischen Ausschreibung nach öffentlichen Protesten –
       stockt. Man werde des Hamburger Widerstands also in der erweiterten
       Neuengammer Dauerausstellung und andernorts gedenken müssen, sagt Garbe.
       
       Interner Widerstand gegen die Stiftungsarbeit ist indes nicht zu
       befürchten: Das Hamburger Stiftungsrecht fordert nicht, dass alle gewählten
       Parteien im Stiftungsrat vertreten sind. In Niedersachsen dagegen ist das
       Pflicht – weswegen man die AfD 2018 nur durch eine Gesetzesänderung aus dem
       Stiftungsrat der Gedenkstätte Bergen-Belsen hatte heraushalten können.
       
       8 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /NS-Gedenkort-in-Hafen-City-teileroeffnet/!5327763&s=petra+schellen+neuengamme/
 (DIR) [2] /Archiv-Suche/!5300812&s=petra+schellen+neuengamme&SuchRahmen=Print/
 (DIR) [3] https://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Petra Schellen
       
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