# taz.de -- Gesetz gegen Hasskriminalität: Meldepflicht bleibt lückenhaft
       
       > Die Pläne der Justizministerin beinhalten Überraschungen: Facebook und
       > Co. müssen angedrohte Vergewaltigungen nicht ans BKA melden.
       
 (IMG) Bild: Hat Gesetzentwurf gegen Hasskriminalität vorgelegt: Justizministerin Lambrecht (SPD)
       
       Freiburg taz | Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat einen
       Gesetzentwurf „zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität“
       vorgelegt. Er unterscheidet sich teilweise vom „Maßnahmepaket“, das
       Lambrecht Ende Oktober gemeinsam mit Innenminister Horst Seehofer (CSU)
       vorgestellt hat.
       
       Kernstück des Entwurfs ist die neue Meldepflicht für soziale Netzwerke.
       Wenn Facebook, Twitter und Co. auf Beschwerde von Nutzern bestimmte Inhalte
       löschen, müssen sie künftig zugleich das Bundeskriminalamt benachrichtigen,
       damit dieses die Strafverfolgung einleiten kann. Das seit zwei Jahren
       geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) soll entsprechend ergänzt
       werden.
       
       Allerdings hat Facebook im ersten Halbjahr 2019 nur 674 Inhalte aufgrund
       von NetzDG-Beschwerden gelöscht. Würde sich die Meldepflicht hierauf
       beschränken, liefe sie weitgehend leer. Lambrechts Gesetzentwurf regelt
       jedoch, dass die Meldepflicht auch gelten soll, wenn Facebook
       „rechtswidrige“ Inhalte wegen Verstoß gegen die
       Facebook-Gemeinschaftstandards löscht. Dies dürfte wohl hundertausende von
       Postings betreffen, die von Nutzern entsprechend „geflaggt“ werden.
       
       Zugleich schränkt Lambrechts Gesetzentwurf die Meldepflicht auch unerwartet
       ein. Sie gilt zwar bei Delikten wie Volksverhetzung, Morddrohung oder der
       Verwendung von Hakenkreuzen. Das BKA muss von den Netzwerken aber nicht
       informiert werden über Beleidigungen, Verleumdungen,
       Vergewaltigungsdrohungen und die öffentliche Aufforderung zu Straftaten.
       
       ## „Ich weiß, wo du wohnst“ bleibt straffrei
       
       Neben der Einführung einer Meldepflicht sieht der Gesetzentwurf auch
       mehrere bisher noch nicht bekannte Verschärfungen des Strafgesetzbuchs vor.
       So soll das Delikt „Bedrohung“ (§ 241) künftig nicht nur die Androhung
       eines „Verbrechens“ (etwa Mord und Vergewaltigung) erfassen, sondern auch
       von weniger schwer bestraften „Vergehen“. Dies könnten Körperverletzungen
       oder Sachbeschädigungen sein. Vage Drohungen wie „ich weiß, wo du wohnst“
       oder „ich kenne die Schule Deiner Kinder“, sollen weiterhin nicht strafbar
       sein.
       
       Die „Billigung von Straftaten“ (§ 140) soll nicht mehr nur bereits
       begangene Straftaten erfassen, sondern auch künftige Taten. Bisher ist der
       Bezug auf zukünftige Taten nur strafbar, wenn diese angedroht werden oder
       wenn andere dazu aufgefordert werden. Straflos sind bisher aber abstrakt
       billigende Aussagen wie, jemand gehöre aufgehängt.
       
       Wenn eine Tat „antisemitisch“ motivert ist, soll dies künftig ausdrücklich
       zu einer Strafverschärfung führen (§ 46). Diese Änderung ist allerdings nur
       symbolisch. Schon bisher gab es Strafverschärfungen für
       „menschenverachtende“ Beweggründe, worunter auch Antisemitismus fiel.
       
       Die besondere Erwähnung des Antisemitismus wurde mit der geschichtlichen
       Verantwortung Deutschlands begründet. Islamfeindliche, antitziganistische
       oder homophobe Motive werden auch künftig nicht explizit als
       strafverschärfend erwähnt. Nicht schlimm, sie gelten ja weiterhin als
       „menschenverachtend“. Lambrecht und Innenminister Horst Seehofer (CSU)
       hatten bereits im Oktober die [1][Eckpunkte ihres Maßnahmenpakets gegen
       Hasskriminalität und Rechtsextremismus] vorgestellt.
       
       16 Dec 2019
       
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