# taz.de -- Wahlergebnisse in Namibia: Befreiungsbewegung abgestraft
       
       > Die einstige Befreiungsbewegung Swapo regiert das Land seit der
       > Unabhängigkeit von Südafrika. Bei den Wahlen büßt sie erstmals massiv
       > ein.
       
 (IMG) Bild: Schlange vor einem Wahllokal in Windhoek
       
       WINDHOEK taz | In Namibia hat die ehemalige Befreiungsbewegung Swapo (South
       West Africa People's Organisation), die das Land seit den ersten
       unabhängigen Wahlen 1989 regiert, erstmals einen herben Rückschlag
       erlitten. Nach den Endergebnissen der Wahlkommission errang Staatspräsident
       Hage Geingob bei den Wahlen vom vergangenen Mittwoch nur noch 56,3 Prozent
       der Stimmen – ein Rückgang von 30 Prozentpunkten gegenüber 2014, als er
       fast 87 Prozent holte. Er bleibt im Amt, ist aber deutlich geschwächt.
       
       Hauptgrund ist ein Machtkampf innerhalb der Swapo. Panduleni Itula,
       langjähriges Parteimitglied, hatte sich gegen Geingob ausgesprochen und
       trat als erster Unabhängiger zur Präsidentschaftswahl an. Er erhielt die
       Unterstützung mehrerer kleiner Oppositionsparteien und erzielte beachtliche
       29 Prozent.
       
       Der Kandidat der wichtigsten Oppositionspartei PDM (Popular Deocratic
       Movement), Henry McVanaani, lag mit 5,3 Prozent weit abgeschlagen und
       kündigte an, er werde vor Gericht ziehen, da die Wahl nicht frei und fair
       gewesen sei. Am Wahltag gab es vor manchen Wahllokalen lange Schlangen, da
       die neuen elektronischen Wahlmaschinen nicht richtig funktionierten.
       
       Die Bedeutung der Kandidatur Pandulenis zeigt sich bei der Parlamentswahl,
       wo der Unabhängige keine Rolle spielte. Hier verbesserte sich die
       PDM-Opposition von 5 auf 16 Sitze im 96 Abgeordnete zählenden Parlament.
       Die Swapo hält noch 63 Mandate gegenüber den bisherigen 77.
       
       ## Dürreperiode und ein Fischerei-Skandal
       
       Der Popularitätsrückgang der Regierungspartei wird auf die Wirtschaftskrise
       Namibias zurückgeführt. In der vergangenen Legislaturperiode erlebte das
       Land die schwerste Dürreperiode seit einem Vierteljahrhundert, gefolgt von
       drei Jahren Rezession, verstärkt durch sinkende Preise für Diamanten und
       Uran auf den Weltmärkten.
       
       In diesem Jahr soll die Volkswirtschaft zum dritten Mal hintereinander um
       1,7 Prozent schrumpfen, während die Arbeitslosenquote bei 33 Prozent liegt
       und die Hälfte der Jugendlichen in Namibia keinen Job hat.
       
       „Zugleich dürfte der Fischerei-Skandal einen Schatten auf die
       Regierungspartei geworfen haben“, sagt Ökonom Neville Mandimika. Bei diesem
       Skandal ging es um die [1][Vergabe von Lizenzen zur Makrelenfischerei vor
       Namibias Atlantikküste] an das größte Fischereiunternehmen Islands. Dabei
       sollen 150 Millionen namibische Dollar (10 Millionen US-Dollar) Schmiergeld
       geflossen sein. Als das aufflog, mussten die Justiz- und Fischereiminister
       zurücktreten und Penduleni Itula lancierte seine unabhängige Kandidatur.
       
       Präsident Geingob versuchte im Wahlkampf den Skandal als vom Ausland
       gesteuerte Kampagne darzustellen. „Die Namibier lesen und hören, wie sich
       ausländische Mächte in anderen Ländern einmischen und Wahlen beeinflussen“,
       erklärte sein Sprecher Alfredo Hengari. „Seltsamerweise werden sie jetzt,
       wo sie eine Wahlentscheidung treffen sollen, mit negativen und verzerrten
       Presseartikeln bombardiert, die den Namen des Präsidenten beschmutzen. Das
       ist kein Zufall.“
       
       ## Korruption hilft nicht gegen Armut
       
       In einem weiteren Skandal waren bereits im Jahr 2016 23 Millionen
       namibische Dollar an den Geschäftsmann Ernest Adjovi aus Benin geflossen,
       um das panafrikanische Musikfestival „Kora All Africa Music Awards“ in
       Namibia auszurichten. Das Festival fand nie statt, das Geld ist trotzdem
       verloren.
       
       Geingob muss sich jetzt schwierigen Herausforderungen stellen, auch
       jenseits dieser Skandale. Namibia ist laut UN-Angaben nach Südafrika das
       Land mit der zweitgrößten Einkommensungleichheit weltweit. „Die Regierung
       muss jetzt die Wirtschaft zum Wachsen bringen, Ungleichheit angehen und für
       die Jugend Arbeitsplätze schaffen“, sagt Wirtschaftsanalyst Petrus Shihepu.
       „Der Fischerei-Skandal zeigt, dass die Korruption das größte Hindernis
       dafür ist.“
       
       Die Swapo-Regierung will mit ihrem [2][Armutsbekämpfungsprogramm „Harambee
       Prosperity Plan“ (HPP)] Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit aufbauen, die
       Infrastruktur ausbauen und den Hunger bekämpfen. Geingob sagte, sein
       Wahlsieg werde ihm ermöglichen, dieses Programm bis 2020 zu Ende zu führen.
       
       2 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.namibian.com.na/194045/archive-read/Safety-fears-over-fishing-scandal-probe
 (DIR) [2] http://harambeenamibia.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Afred Shilongo
       
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