# taz.de -- Reaktion der EU auf Johnsons Brief: Abwarten, auf alles gefasst
       
       > Die EU schaltet beim Brexit-Abkommen in den „Wait and see“-Modus. Kann ja
       > sein, dass der Deal doch noch durchkommt.
       
 (IMG) Bild: Was eine Verlängerung angeht, sind sich Paris und Berlin uneins
       
       Brüssel taz | Die Europäische Union hatte sich gut vorbereitet. Beim
       EU-Gipfel in der vergangenen Woche spielten Kanzlerin Angela Merkel und
       ihre Amtskollegen sogar einen „Plan B“ für den Fall durch, dass der neue
       Brexit-Deal im britischen Unterhaus durchfällt. Aber mit [1][dem, was nun
       in London passiert ist], hat wohl niemand gerechnet.
       
       Und so waren die 27 EU-Botschafter ziemlich ratlos, als sie sich am Sonntag
       in Brüssel zu einer Krisensitzung trafen. Statt über ein „Yes“ oder ein
       „No“ mussten sie über einen nicht unterschriebenen Antrag auf Verlängerung
       diskutieren – und über einen Begleitbrief von Premier Boris Johnson, in dem
       dieser von einer Verzögerung abrät.
       
       „Eine weitere Verlängerung würde den Interessen des Vereinigten Königreichs
       und der EU schaden, und unsere Beziehungen beschädigen“, schrieb Johnson
       dem „lieben Donald“, womit EU-Ratspräsident Donald Tusk gemeint ist. „Wir
       müssen diesen Prozess zu einem Ende bringen.“ De facto distanzierte sich
       Johnson damit vom Verlängerungs-Antrag, zu dem ihn das Unterhaus per Gesetz
       verpflichtet hatte.
       
       Doch die Botschafter hielten sich nicht lange mit Johnsons handsigniertem
       Brief auf. Man habe das Schreiben „zur Kenntnis genommen“, sagte ein
       EU-Diplomat – ebenso wie den Antrag auf Verlängerung. Offenbar hatte
       niemand Lust, Johnsons Doppelbotschaft zu diskutieren. Am Ende reichten die
       Botschafter lediglich den Brexit-Deal zur Ratifizierung an das
       Europaparlament weiter – für alle Fälle.
       
       ## Besonders eilig haben sie es nicht
       
       Es sei ja nicht ausgeschlossen, dass das Unterhaus den Deal doch noch
       rechtzeitig vor dem 31. Oktober billige, so die Begründung. In diesem Fall
       könnte der Schwarze Peter beim Europaparlament hängen bleiben, das auf
       EU-Seite für die Ratifizierung zuständig ist. Die Europaabgeordneten wollen
       am Montag über das weitere Vorgehen beraten, besonders eilig haben sie es
       nicht.
       
       Das gilt auch für die Staats- und Regierungschefs – auch sie wollen sich
       Zeit lassen. Ratspräsident Tusk werde die Mitgliedstaaten „in den nächsten
       Tagen“ konsultieren, sagte EU-Verhandlungsführer Michel Barnier nach dem
       Treffen mit den Botschaftern. Dabei würden „weitere Entwicklungen auf der
       britischen Seite“ einbezogen.
       
       Damit schaltet die EU wieder in den „Wait and see“-Modus – wie so oft im
       Brexit-Streit. Die entscheidende Frage, ob eine Verlängerung gewährt wird
       und für wie lange, bleibt unbeantwortet. Sie könnte erst auf einem
       Sondergipfel kurz vor dem 31. Oktober geklärt werden. Dabei droht Streit,
       denn schon beim Gipfel letzte Woche lagen die Positionen weit auseinander.
       
       Merkel soll eine Verlängerung als unausweichlich bezeichnet haben, um einen
       [2][„No Deal“] zu verhindern. Demgegenüber betonte Frankreichs Staatschef
       Emmanuel Macron am Sonntag, dass eine Verzögerung „in niemandes Interesse“
       sei. Macron hat es eilig, den Brexit hinter sich zu bringen, Merkel spielt
       auf Zeit – die Ungewissheit bleibt, trotz des neuen Deals.
       
       20 Oct 2019
       
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