# taz.de -- Parents for Future protestieren: Schild halten für die Zukunft
       
       > Mit einer Mahnwache machen die Parents for Future auf den Klimastreik
       > aufmerksam. Einmal pro Stunde ist Schichtwechsel.
       
 (IMG) Bild: Hinter dem Schild steckt Andreas Prossliner, der Organisator der Parents for Future-Mahnwache
       
       Mirja Anderl steht vor dem Verkehrsministerium und kämpft gegen den Wind.
       „Ich habe Angst, dass mir das Ding aus der Hand fliegt und in ein Auto
       knallt“, sagt sie und hält sich fest. Das Ding ist ein fast drei Meter
       langer Stock, an dem Schilder mit Botschaften befestigt sind: „Rette deinen
       Arsch“, zum Beispiel. Oder: „Wir schaffen das…nur mit dir“. In der Mitte
       prangt in großen Buchstaben ein Hinweis auf den Klimastreik am Freitag:
       „20. 9. fürs Klima. Sei Teil der Lösung“.
       
       Anderl steht hier seit einer Stunde. Sie ist Teil einer Aktion von Parents
       for Future. Die Idee: 72 Stunden lang steht ununterbrochen jemand mit dem
       Schild vor dem Verkehrsministerium an der Invalidenstraße, um
       Vorbeifahrende auf den Klimastreik am Freitag aufmerksam zu machen. Auch
       nachts, weswegen am Stock zwei Fahrradlampen angebracht sind. Angefangen
       hat die Aktion am Montag früh um 6 Uhr, Ende ist am Donnerstag um 7.
       
       Die Parents for Future organisieren sich weltweit, um ihre Kinder bei den
       Fridays for Future-Demos zu unterstützen. Anderl schreibt Entschuldigungen,
       wenn ihre Kinder deshalb im Unterricht fehlen. Andere Eltern helfen, wenn
       Demos bewilligt werden sollen und jemand über 18 unterschreiben muss, oder
       sie sichern den Demozug.
       
       „Ich finde es schade, dass meine Kinder nicht so unbeschwert aufwachsen
       können wie ich“, sagt Anderl. Ihre Kinder sind 16 und 19 Jahre alt und
       aktiv bei Fridays for Future. Das hat die Mutter aufgerüttelt: „Ich habe
       viel von ihnen gelernt: Seit Neuestem habe ich eine Bahncard 100 und fahre
       viel öfter mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Außerdem gibt es bei uns
       nur noch ein Mal pro Woche Fleisch.“
       
       ## Eigentlich keine Demo
       
       Eine Frau mit Kinderwagen kommt vorbei und stellt Anderl einen Milchkaffee
       hin: „Ich kann leider selbst nicht hier stehen, weil ich ein kleines Kind
       habe. Aber ich wollte euch trotzdem unterstützen“, sagt sie und schiebt den
       Wagen über die Straße.
       
       Von der anderen Straßenseite kommt Andreas Prossliner dazu: „Soll ich dir
       das mal abnehmen?“ Prossliner ist verantwortlich für diese erste Aktion der
       Parents for Future. Mit der Mahnwache hat er die kleinste Demo organisiert,
       die gesetzlich zulässig ist, ohne dass sie bewilligt werden muss. „Aber
       eigentlich ist es keine Demo, nur ein Schildhalter“, lacht er. Die Polizei
       kam Montag nachts trotzdem vorbei, als Prossliner während seiner Schicht
       Besuch von zwei Freunden hatte, doch die Beamten zogen schnell weiter.
       
       Der Grafiker findet, dass sich die Erwachsenen eine Scheibe abschneiden
       können von der Aktionslust der Jugendlichen: „Wir Erwachsenen sind oft viel
       zu verkopft. Ich finde: Wir sollten uns nicht zu schade sein, uns hier für
       eine Stunde hinzustellen.“ Sein 16-jähriger Sohn lasse den Kopf noch nicht
       hängen und sei mit Freude dabei. Die Erwachsenen hingegen kriege man am
       besten zum Mitmachen, wenn man sie am Geldbeutel packe.
       
       Deswegen steht auf einem Schild: „JETZT anfangen, dann billiger.“ Vor
       eineinhalb Wochen hat Prossliner in den internen Kanälen nach Leuten
       gesucht, die eine Schicht übernehmen wollen – nach drei Tagen hatte sich
       kaum jemand gemeldet, doch dann ging es plötzlich schnell und alle
       Schichten waren besetzt.
       
       Beim Klimastreik am Freitag laufen die Parents for Future in Solidarität
       mit den Fridays for Future mit, Familien mit Kleinkindern können sich dem
       Familienblock anschließen.
       
       Im Verlauf des Dienstags musste die Schildhalterin sich vor Wind und Regen
       ins Naturkundemuseum flüchten. Zwischen den Skeletten ausgestorbener Arten
       ist das Schild ja gar nicht so fehl am Platz.
       
       17 Sep 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anina Ritscher
       
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